Wirtschaftsrecht

Rechtsqualität der COVID-19-Förderungsrichtlinien und Rechtsschutzmöglichkeiten bei verweigerter Förderungsvergabe

Univ.-Prof. Dr. Prof. TU Graz e.h. Georg Eisenberger / Mag. Julia Holzmann, MBA

Beinahe seit zwei Jahren werden COVID-19-Förderungen ausbezahlt. Das ausbezahlte Gesamtvolumen liegt bisher bei etwa 10 Mrd €. Das ausbezahlte Volumen beim Ausfallsbonus, der von mehr als 160.000 Unternehmen beantragt wurde, beträgt etwa 3,772 Mrd €; beim Verlustersatz sind es etwa 737 Mio €. An Fixkostenzuschüssen 800.000 wurden bisher etwa 1,415 Mrd € ausbezahlt.1 Doch nicht alle Unternehmen erhalten auch tatsächlich Förderungen.

1. Einleitung

Die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) wurde gegründet, um die österreichische Wirtschaft in der COVID-19-Krise mit (aktuell) maximal 19 Mrd € zu unterstützen.2

Die COVID-19-Förderungen werden von der COFAG entsprechend den verordneten Förderungsrichtlinien des BMF ausbezahlt. Doch nicht alle Unternehmen bekommen Förderungen (in der beantragten Höhe). Der Fixkostenzuschuss 800.000 wurde bislang von 82.146 Förderungswerbern beantragt. 65.169 Antragsteller haben Förderungen bekommen (Genehmigungsquote von 79 %). Beim Verlustersatz liegt die Genehmigungsquote nur bei 58 % (2.560 Antragsteller, wovon 1.493 Auszahlungen erhalten haben).3

Nicht alle Antragsteller erfüllen sämtliche Förderungsvoraussetzungen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die verordneten Richtlinien teilweise unsachliche Ausschlusskriterien vorsehen. Bspw werden Unternehmen, die zu 100 % im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, von Förderungen gänzlich ausgeschlossen, während Unternehmen, die zu 99,9 % der öffentlichen Hand gehören, grundsätzlich als förderwürdig angesehen werden. Teilweise werden auch unterschiedliche Förderhöhen in verschiedenen Branchen vorgesehen. Dies sind Differenzierungen, die nicht erläutert werden und daher verfassungsrechtlich nicht ausreichend begründet erscheinen.

Für viele Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie sich gegen unsachliche Förderungsrichtlinien oder gegen eine negative Entscheidung der COFAG (dh die Verweigerung der Förderung) zur Wehr setzen können. Aus diesem Grund sollen im Folgenden die Rechtsqualität der Förderungsrichtlinien sowie die Rechtsschutzmöglichkeiten bei verweigerter Förderungsvergabe erörtert werden.

2. Rechtsnatur der COVID-19-Hilfeleistungen

2.1. Förderungen der COFAG

Die COFAG ist eine GmbH mit Sitz in Wien. Es handelt sich um eine Tochtergesellschaft der Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG).4 Sie wurde gegründet, um die österreichische Wirtschaft in der COVID-19-Krise zu unterstützen. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überprüfung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.5

Die COFAG vergibt kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen an österreichische Unternehmen.6 Zu diesen Maßnahmen gehören zB Garantien, Fixkostenzuschüsse, der Verlustersatz, der Ausfallsbonus sowie der Lockdown-Umsatzersatz. Andere staatliche Hilfsmaßnahmen, wie etwa der Härtefallfonds oder


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die Kurzarbeitsbeihilfe, werden von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO),7 der Agrarmarkt Austria (AMA) 8 bzw dem Arbeitsmarktservice (AMS) 9 abgewickelt.

2.2. Privatrechtliche Förderungsvergabe

Der Staat kann sich bei der Gewährung von Förderungen hoheitlicher10 oder privatrechtsförmiger Mittel bedienen.11 Es stehen ihm also zwei Wege zur Verfügung, wobei Art 17 B-VG12 die Grundlage für privatwirtschaftliches Handeln des Staats bildet. Egal welchen Weg der Staat einschlägt, er hat dabei die Einhaltung von Verfassung und Gesetzen durch entsprechende Einrichtungen zu sichern.13 Unabhängig davon, ob die Vergabe von Förderungen hoheitlich oder privatrechtsförmig erfolgt, muss bei erheblichen Eingriffen in Grundrechtspositionen ein die Rechte der Betroffenen ausreichend sichernder Rechtsschutz eröffnet sein.14 Allerdings ist zu beachten, dass für den Bereich der nichthoheitlichen Verwaltung nach hL und stRsp das Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG nicht gilt.15 Der Begriff "staatliche Verwaltung" iSd Art 18 Abs 1 B-VG meint ausschließlich die hoheitliche Verwaltung.

Bei der Vergabe von Förderungen zur Überbrückung der tiefgreifenden wirtschaftlichen Krise infolge der COVID-19-Pandemie hat sich der Staat für die privatrechtliche Fördervergabe entschieden. Die COFAG ist (wie auch die ABBAG) eine GmbH, die im Rahmen des Privatrechts agiert. Weder die ABBAG noch die COFAG sind mit Zwangsbefugnissen ausgestattet. Sie werden nichthoheitlich tätig.16 Die Gewährung von Förderungen erfolgt nicht mittels Bescheid.17

Die Gewährung und die allfällige Rückforderung finanzieller Maßnahmen nach § 2 Abs 2 Z 7 ABBAG-Gesetz durch die COFAG ist also privatrechtlicher Natur. Aus den vom BMF verordneten Richtlinien zu den COVID-19-Hilfeleistungen ergibt sich eindeutig, dass die Förderungen auf Basis einer privatrechtlichen Vereinbarung gewährt werden.18 Nach Antragstellung kommt - bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen - ein privatrechtlicher Förderungsvertrag zwischen dem Förderungswerber und der COFAG zustande.

2.3. Rechtsqualität der COVID-19 Förderungsrichtlinien?

Die Förderungsvergabe zur Überbrückung der COVID-19-Pandemie ist unstrittig der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen. Damit ist allerdings die rechtliche Qualität der verordneten Förderungsrichtlinien noch nicht automatisch geklärt. Es stellt sich die Frage, ob die auf Grundlage des § 3b ABBAG-Gesetz19 ergangenen Verordnungen (samt Förderungsrichtlinien als Anhang) als (Rechts-)Verordnungen20 oder als bloße Verwaltungsverordnungen ohne Außenwirkung21 (im Sinne einer generellen Weisung) zu qualifizieren sind.

In der Vergangenheit qualifizierte der VfGH (meist nicht im BGBl II kundgemachte) Förderungsrichtlinien regelmäßig nicht als (Rechts-)Verordnungen. Inhalt sowie Regelungszweck der Richtlinien sprachen gegen eine derartige Qualifikation.22 In den Richtlinien selbst war kein Hinweis auf ihre Rechtsqualität enthalten.23 Da die Richtlinien idR lediglich die Voraussetzungen und die inhaltliche Ausgestaltung von Förderungsvereinbarungen, sohin die Ausgestaltung zivilrechtlicher Verträge regeln, geht der VfGH nicht von (Rechts-)Verordnungen aus. Oftmals determiniert die gesetzliche Grundlage der Richtlinien auch nicht näher, in welcher Rechtsform die Richtlinien zu erlassen sind. Wäre es Wille des Gesetzgebers, Richtlinien in Form einer Verordnung zu erlassen, müsse er dies ausdrücklich im Gesetz anordnen. Im Zweifel sei eine aufgrund eines Selbstbindungsgesetzes


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ergangene Enunziation eines Bundesministers24 nicht als Verordnung und eine gesetzliche Ermächtigung zur Richtlinienerlassung nicht als Verordnungsermächtigung zu deuten.25 Eine "Verordnung", die lediglich die Selbstbindungsbestimmungen näher ausführt, sei als ein der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnender Rechtsakt zu qualifizieren.26 Wenn Förderungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt würden, sei davon auszugehen, dass Richtlinien, mit denen die Voraussetzungen für die Gewährung der Förderungen geregelt werden, der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnende Rechtsakte seien. Diese Richtlinien hätten für die einzelnen Förderungswerber keine unmittelbare Wirkung, sondern würden ihre Wirkung erst über die mit den Förderungswerbern abzuschließenden privatrechtlichen Förderungsverträge entfalten.27

Im verwaltungsrechtlichen Kontext werden Förderungsrichtlinien daher regelmäßig als Verwaltungsverordnungen ohne Drittwirkung angesehen. Sofern es sich bei Förderungsrichtlinien tatsächlich um interne Verwaltungsverordnungen handelt, kommt eine Prüfung der Rechtmäßigkeit durch den VfGH nicht infrage. Dennoch steht die Vergabe von Förderungen auch in diesem Fall unter den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes (vgl dazu im Detail Abschnitt 3.3.).28

Auch im zivilrechtlichen Kontext sind Förderungsrichtlinien nach der stRsp des OGH regelmäßig keine (Rechts-)Verordnungen, da sie wie eine Vertragsschablone für das Förderungsverhältnis wirken.29 Förderungsrichtlinien, die (ausschließlich) die Voraussetzungen der Förderung konkretisieren und den Inhalt von Förderungsvereinbarungen determinieren, werden vom OGH als von obersten Organen herrührende privatrechtliche Willenserklärungen verstanden.30 Wenn Förderungsrichtlinien nicht die Qualität von Verordnungen beizumessen ist, kommt die Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahren nach dem OGH nicht in Betracht.31

Vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung stellt sich die Frage, ob die verordneten Richtlinien zu den COVID-19-Hilfeleistungen als (Rechts-)Verordnungen anzusehen sind. Merzo vertritt die Auffassung, mangels Außenwirkung sei eine etwaige Grundrechts- oder Gleichheitswidrigkeit der auf Grundlage des § 3b ABBAG-Gesetz ergangenen Richtlinien nicht vor dem VfGH zu bekämpfen. Es handle sich lediglich um Weisungen innerhalb der Verwaltung, die keine Außenwirkungen entfalten würden.32 Mayr/Reinweber/Schlager, die alle drei beim BMF tätig sind, vertreten hingegen die Ansicht, die "Richtlinien" selbst stünden im Verordnungsrang.33

Für die letztere Auffassung sprechen uE zahlreiche Argumente:

-§ 3b Abs 3 ABBAG-Gesetz, der die gesetzliche Grundlage der COVID-19-Förderungsrichtlinien darstellt, normiert ausdrücklich, dass die Richtlinien durch den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU-Beihilfenrechts per Verordnung zu erlassen sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die Richtlinien also in Form von Verordnungen erlassen werden, weshalb eine Verordnungsermächtigung vorgesehen wurde. Bereits die gesetzliche Grundlage spricht dafür, dass es sich um (Rechts-)Verordnungen handelt. Wenn der Gesetzgeber Selbstbindungsgesetze schaffen kann, muss es ihm auch freistehen, eine Verordnungsermächtigung zur Konkretisierung der Selbstbindungsvorschriften vorzusehen. Die Erlassung von (Rechts-)Verordnungen ist auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zulässig.34
-Im Unterschied zu den meisten von der Rechtsprechung nicht als Verordnungen qualifizierten Förderungsrichtlinien wurden die Richtlinien betreffend die COVID-19-Hilfeleistungen im BGBl II (als Verordnungen) kundgemacht.
-Die Richtlinien selbst geben mehrfach Hinweise auf ihre Rechtsnatur als (Rechts-)Verordnung.35

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-Nach der Rechtsprechung des VfGH sind für die Abgrenzung von (Rechts-)Verordnungen und internen Verwaltungsakten aber weder der formelle Adressatenkreis und die äußere Bezeichnung noch die Art der Verlautbarung allein ausschlaggebend, sondern auch der Inhalt des betreffenden Verwaltungsaktes.36 Aber auch der Inhalt der Richtlinien lässt auf (Rechts-)Verordnungen schließen. Die Richtlinien konkretisieren nicht nur den Inhalt der abzuschließenden Förderungsvereinbarungen, sondern sehen bspw auch zahlreiche Ausschlussgründe von der Gewährung einer Förderungsmaßnahme vor.37 In den Richtlinien sind auch Pflichten der potenziellen Förderungswerber vorgesehen, die schon vor Abschluss einer Förderungsvereinbarung wirksam werden. So wird bspw eine Schadensminderungspflicht normiert, die Unternehmen (potenzielle Förderungswerber) schon vor Beantragung einer Förderung bzw Abschluss einer Förderungsvereinbarung dazu verpflichtet, einnahmen- und ausgabenseitig schadensmindernde Maßnahmen zu setzen.38 Unternehmen werden auch bereits vor Antragstellung dazu verpflichtet, Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen, anstatt (mehr als 3 % der) Mitarbeiter zu kündigen.39 In den Richtlinien werden zahlreiche Vorschriften festgelegt, deren Geltung nicht erst in den Förderungsverträgen vereinbart wird bzw werden muss (zB die Zeitpunkte und Fristen für die Antragstellung, die Einbringung der Anträge über FinanzOnline, die verpflichtende Vertretung durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter bei der Antragstellung). Sie richten sich nicht nur an die COFAG, sondern auch unmittelbar an alle potenziellen Förderungsnehmer. Überhaupt werden sämtliche Rahmenbedingungen für die Gewährung von Hilfeleistungen (und nicht nur der konkrete Inhalt der Förderungsvereinbarung) in den verordneten Richtlinien normiert (Höhe bzw Staffelung der Förderungen, Betrachtungszeiträume, Berechnungsmethode usw).40 Nach den Worten Hans Kelsens muss es sich demnach um (Rechts-)Verordnungen handeln: "[Man] unterscheidet zwischen Rechts- und Verwaltungsverordnungen und versteht unter letzteren solche Verordnungen, die nur die Staatsorgane selbst, nicht auch die Untertanen binden, wie das von Rechtsverordnungen gilt."41
-Die Richtlinien sind imperativ formuliert und führen das ABBAG-Gesetz mit bindender Wirkung für eine allgemein bestimmte Vielzahl von Normunterworfenen (und zwar nicht nur für die COFAG, sondern auch für potenzielle Förderungswerber) näher aus. Die Richtlinien gestalten die Rechtslage und ihnen kommt (auch) eine materielle Außenwirkung zu.
-Im Übrigen unterscheiden sich die COVID-19-Hilfeleistungen wesentlich von den sonst üblicherweise im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vergebenen Förderungen. Bei den privatrechtsförmig vergebenen Förderungen handelt es sich idR um Zuschüsse oder Zuwendungen, die einer natürlichen oder juristischen Person für eine von dieser erbrachte oder beabsichtigte Leistung gewährt werden, an der ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.42 Förderungsvoraussetzung ist also regelmäßig das Vorliegen einer förderwürdigen Leistung.43 Die COVID-19-Hilfeleistungen hingegen stellen ein umfassendes Rettungs- und Maßnahmenpaket dar, um die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen, die Konsequenz flächendeckender hoheitlicher Betretungsverbote und erheblicher Grundrechtrechtseingriffe sind. Der VfGH erachtete (faktische) Betriebsschließungen und -beschränkungen, die nicht nach dem EpiG44 entschädigt werden, aus Sicht des Gleichheitsgrundsatzes gem Art 2 StGG sowie Art 7 B-VG ua deshalb für zulässig, weil der Gesetzgeber stattdessen alternative Hilfsmaßnahmen erlassen hat. Die Eigentums- bzw Erwerbsbeschränkungen wurden infolge Einbettung des Betretungsverbots in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspakt zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen als verhältnismäßig angesehen. Anders als "herkömmliche" Förderungen haben die COVID-19-Hilfeleistungen eine im Wesentlichen vergleichbare Zielrichtung wie die Einräumung von Ansprüchen auf Vergütung des Verdienstentganges nach § 32 EpiG.45 Es handelt sich de facto um eine Entschädigung für gravierende Grundrechtseingriffe und nicht um Zuschüsse für eine förderwürdige Leistung.
-Letztlich sind die verordneten Richtlinien auch aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht bloß als rein interne Verwaltungsverordnungen zu qualifizieren. Nahezu alle Handels- und Dienstleistungsunternehmen waren (und sind) aufgrund der COVID-19-Pandemie mit erheblichen (wenn auch größtenteils verhältnismäßigen) Grundrechtseingriffen konfrontiert. Manche Branchen erlitten aufgrund hoheitlicher Eingriffe Umsatzeinbußen von bis zu 100 %. Die Hilfeleistungen sollen massive Liquiditätsprobleme, die infolge dieser tiefgreifenden hoheitlichen Grundrechtseingriffe entstanden sind (und weiter entstehen), abfedern. Es kann nicht sein, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber "Förderungsrichtlinien" mit wesentlichen Rahmenbedingungen und imperativen Bestimmungen mit Außenwirkungen in Form interner Verwaltungsverordnungen erlässt und die Bestimmungen auf diese Weise der nachprüfenden Kontrolle durch den VfGH entzieht. Die von den gravierenden Grundrechtseingriffen betroffenen Unternehmen sind auf den Rechtsschutz durch den VfGH angewiesen, um sachlich nicht gerechtfertigte Bestimmungen der Förderungsrichtlinien bekämpfen zu können. Dies wollte auch der Gesetzge-

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ber, weshalb die Richtlinien im Verordnungsrang erlassen wurden. Denn nur auf diese Weise kann der VfGH die Gleichheitskonformität der Richtlinien überprüfen.

Die verordneten Richtlinien dürften daher als (Rechts-)Verordnungen zu qualifizieren sein.

Diese Rechtsauffassung wird im Übrigen auch von der jüngsten Judikatur des VfGH zu den Förderungsrichtlinien und der Verfassungskonformität der COFAG gestützt:

-In seiner Entscheidung vom 7. 10. 2021, G 88/2021 ua, V 120/2021 ua, ist der VfGH davon ausgegangen, dass er zur Entscheidung ob der Verfassungswidrigkeit bzw Gesetzwidrigkeit der Förderungsrichtlinien grundsätzlich zuständig ist. Zwar wurden mehrere Individualanträge, die auf Aufhebung diverser Bestimmungen der verordneten COVID-19-Förderungsrichtlinien (zB Lockdown-Umsatzersatz-Richtlinie, Fixkostenzuschuss-Richtlinie) gerichtet waren, als unzulässig zurückgewiesen. Im Unterschied zu der eingangs angeführten Judikatur betreffend andere (idR nicht im BGBl II kundgemachte) Förderungsrichtlinien wurden die Individualanträge allerdings nicht mit dem Argument zurückgewiesen, es handle sich nicht um (Rechts-)Verordnungen. Vielmehr ist der VfGH vom Vorliegen eines "zumutbaren Umwegs" ausgegangen, um die Bedenken an den Verordnungen an den VfGH heranzutragen. Weder die Bundesregierung noch der Bundesminister für Finanzen haben im Verfahren vorgebracht, die Richtlinien seien lediglich Verwaltungsverordnungen ohne Außenwirkungen. Der Bundesminister hat in seiner Äußerung sogar ausdrücklich auf die Möglichkeit der Anregung der Anrufung des VfGH durch die Antragsteller im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrens bzw eines Parteiantrags auf Normenkontrolle verwiesen. Diese Rechtsansicht wurde auch vom VfGH selbst vertreten.46
-In einem weiteren Verfahren (Entscheidung vom 15. 12. 2021, G 233/2021 ua, V 191/2021 ua) hat der VfGH ua die Verordnungsermächtigung des § 3b Abs 3 ABBAG-Gesetz im Hinblick auf die Maßstäbe des Legalitätsprinzips des Art 18 B-VG geprüft. Nach dem VfGH verpflichte diese Bestimmung den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler mittels Verordnung Richtlinien zu erlassen. In § 3b Abs 3 Z 1-Z 5 ABBAG-Gesetz seien die Determinanten für die vom Bundesminister für Finanzen mit Verordnung zu erlassenden Richtlinien festgelegt (zB Kreis der Begünstigten, Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen, Höhe und Laufzeit). Der Verordnungsgeber sei darüber hinaus bei der Erlassung der Richtlinien an den Gleichheitsgrundsatz gebunden. Im Ergebnis hält der VfGH die Verordnungsermächtigung - vor dem Hintergrund des Regelungsgegenstands und mit Hinweis darauf, dass im Wirtschaftsrecht keine so weitreichende gesetzliche Vorherbestimmung erforderlich ist wie in anderen Bereichen (differenziertes Legalitätsprinzip) - für hinreichend bestimmt.47 Der VfGH geht somit unzweifelhaft von einer Ermächtigung zur Erlassung von (Rechts-)Verordnungen aus, sonst wäre die Anforderung des Legalitätsprinzips überhaupt nicht zu prüfen gewesen.

Die Einstufung als (Rechts-)Verordnung hat weitreichende Folgen für die Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen.

3. Rechtsschutzmöglichkeiten bei verweigerter Förderungsvergabe

3.1. Rechtsschutz bei den Zivilgerichten und beim VfGH

Nachdem die Gewährung der Förderungen privatrechtsförmig erfolgt, kann eine (negative) Entscheidung der COFAG (die kein Bescheid ist) weder bei den Verwaltungsgerichten noch bei den Höchstgerichten des öffentlichen Rechts angefochten werden. Für den Rechtsschutz sind die ordentlichen Gerichte zuständig. Förderungswerber, denen eine Förderung verweigert wird, haben daher zunächst die Möglichkeit, Förderungen durch privatrechtliche Schutzmechanismen zu erzwingen. Auf die Förderung besteht ein klagbarer Anspruch (vgl dazu Abschnitt 3.2.). Förderungswerber können ihre Ansprüche mithilfe einer Leistungsklage geltend machen. Zur Durchsetzung der Ansprüche kommt überdies auch eine Schadenersatzklage in Betracht.48

Regelmäßig wird die Nichterfüllung der verordneten Förderungsvoraussetzungen Grund für die negative Entscheidung der COFAG sein. Die Richtlinien sehen teilweise unsachliche Differenzierungen vor und schließen bspw, wie ausgeführt, Unternehmen aus, die zu 100 % im (unmittelbaren oder mittelbaren) Eigentum der öffentlichen Hand stehen, während Unternehmen, die zu 99,9 % der öffentlichen Hand gehören, (bei Erfüllung der übrigen Fördervoraussetzungen) Förderungen erhalten. Bei verweigerter Förderung aufgrund unsachlicher Förderungsrichtlinien muss ein Weg gefunden werden, die Grundlage der Weigerung, also die verordneten Richtlinien, zu bekämpfen.

Wie sich aus den aktuellen Entscheidungen des VfGH ergibt, ist er zur Prüfung der Gesetz- und Verfassungskonformität der verordneten Richtlinien zu den COVID-19-Hilfeleistungen grundsätzlich zuständig, da es sich wie aufgezeigt um Rechtsverordnungen handelt. Ein Individualantrag an den VfGH auf Aufhebung verordnungsrechtlicher Bestimmungen betreffend die - im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vergebenen - Förderungen von Unternehmen zur besseren Bewältigung der COVID-19-Pandemie ist allerdings unzulässig.49 Nachdem die Unterstützungs- und Förderungsmaßnahmen vom Gesetzgeber im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung bereitgestellt werden, steht einem Förderungswerber ein zumutbarer Umweg zur Verfügung: Er kann (und muss) aufgrund der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte den Klagsweg bestreiten und im gerichtlichen Rechtsstreit seine Bedenken gegen präjudizielle Vorschrif-


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ten vorbringen.50 Die Bestreitung des Gerichtswegs ist nicht allein aufgrund des Prozessrisikos samt Kostenfolgen, mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen der damit verbundenen Zeitdauer unzumutbar.51 In den Fällen der Gerichtszuständigkeit müssen besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Einbringung eines Individualantrags zulässig machen könnten.52 "Derart außergewöhnliche Umstände (...), die ausnahmsweise eine Zulässigkeit begründen", sind für den VfGH auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlich angespannten Situation infolge der Pandemie, die auch in einer kurzen Zeitspanne zu einer nicht unerheblichen Härte führen könnte, nicht erkennbar.53

Dem Förderungswerber stehen also (zunächst) "nur" die Mittel des Zivilrechts zur Verfügung. Der Rechtsschutz durch den VfGH ist deswegen aber nicht verwehrt. Jedes (ordentliche) Gericht ist verpflichtet, bei Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Bestimmungen einen Antrag auf Normenprüfung an den VfGH zu stellen (Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG bzw Art 140 Abs 1 Z 1 lit a iVm Art 89 Abs 2 B-VG). Außerdem erkennt der VfGH gem Art 139 Abs 1 Z 4 B-VG bzw Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG über die Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.54 Sollte der Förderungswerber also im erstinstanzlichen Zivilverfahren unterliegen, kann er gleichzeitig mit dem Rechtsmittel gegen die zivilgerichtliche Entscheidung erster Instanz einen Parteiantrag an den VfGH einbringen. Der Förderungswerber muss im Parteiantrag vorbringen, dass er wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, die vom Zivilgericht unmittelbar anzuwenden war, in seinen Rechten verletzt wurde. Das Rechtsmittelverfahren vor dem Zivilgericht zweiter Instanz ist dann so lange innezuhalten, bis eine Entscheidung des VfGH vorliegt.

3.2. (K)ein Rechtsanspruch auf staatliche Hilfsmaßnahmen?

Auf die Gewährung finanzieller Maßnahmen besteht nach § 3b Abs 2 ABBAG-Gesetz kein Rechtsanspruch. Weder Unternehmen noch sonstige Dritte sollen einen Rechtsanspruch auf Erbringung einer Dienstleistung oder einer finanziellen Maßnahme haben. Es werden keine subjektiven Rechte begründet.55 Im Einklang mit der Anordnung im ABBAG-Gesetz wird in den Richtlinien zu den diversen staatlichen COVID-19-Hilfeleistungen ein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Förderungen ausgeschlossen.56 Auf den ersten Blick könnte man daher annehmen, bei einer negativen Entscheidung der COFAG sei die Geltendmachung der Förderung im Zivilrechtsweg ausgeschlossen, da kein Rechtsanspruch bestehe.

In der Tat handelt es sich bei der Vergabe der COVID-19-Hilfeleistungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung um Selbstbindungsgesetze. Der Gesetzgeber ist auch bei Ausgestaltung des nichthoheitlichen Handelns an die Grundrechte gebunden; auch wenn er über einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum verfügt.57 Bei Selbstbindungsgesetzen handelt es sich um einen Katalog von Verhaltenspflichten für die öffentliche Hand, von denen im Fall öffentlicher Bekanntgabe oder allgemeiner Zugänglichkeit jedermann weiß, dass die Verwaltungsorgane diese Verpflichtung einzuhalten haben.58 Es besteht daher zwar kein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Gewährung einer Förderung; aber die COFAG unterliegt dem Kontrahierungszwang,59 somit besteht indirekt ein Förderungsanspruch.60

Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte besteht auf eine Leistung, zu der sich eine Gebietskörperschaft in einem Selbstbindungsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet hat, ein klagbarer Anspruch.61 Denn sobald einmal der Selbstbindung entsprechende Leistungen gewährt werden, vermittelt dies unter gleichen Bedingungen anderen Leistungswerbern einen klagbaren Anspruch.62 Für die Verneinung der Leistungspflicht des staatlichen Rechtsträgers genügt daher bei identen Voraussetzungen die Berufung auf die Regelung über den Mangel eines Rechtsanspruchs auf Leistung in einem Selbstbindungsgesetz nicht.63

Eine Regelung in einem Selbstbindungsgesetz, die dem Einzelnen ein subjektives Recht auf die Gewährung von Förderung sowie auf eine bestimmte Art und Höhe der Förderung verwehrt


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("kein Rechtsanspruch besteht"), schließt einen klagbaren Leistungsanspruch nicht aus. Die Fiskalgeltung der Grundrechte dient gerade der Begründung solcher Leistungsansprüche gegen den Staat.64 Selbst wenn eine Bestimmung in einem Selbstbindungsgesetz darauf abzielt, den Förderungswerbern eine klageweise Durchsetzung ihrer Förderungsanträge im Allgemeinen nicht zu ermöglichen, ist diese Bestimmung verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie bei unsachlicher Verweigerung eines Förderungsantrags trotz der Förderung vergleichbarer Dritter einem Leistungsanspruch wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht entgegensteht.65

3.3. Fiskalgeltung der Grundrechte

Der Staat und die anderen Gebietskörperschaften sind auch dann an die Grundrechte (und daher auch an das aus dem Gleichheitsgrundsatz abzuleitende Sachlichkeitsgebot) gebunden, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechts handeln.66 Auch das nichthoheitliche Handeln gegenüber Privaten unterliegt grundrechtlichen Bindungen.67 Wenn die öffentliche Hand in der Rechtsform des Privatrechts tätig wird, handelt sie dennoch im öffentlichen Interesse. Daher ist die zur Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätige öffentliche Hand im Umfang der (unmittelbaren) Grundrechtsbindung in ihrer Privatautonomie beschränkt.68

Dies wird als Fiskalgeltung der Grundrechte bezeichnet69 und gilt grundsätzlich für alle Grundrechte, die für die privatautonome Gestaltung der Sphäre der Betroffenen von Bedeutung sind. Die zentrale und gewichtigste Rolle spielt dabei der Gleichheitsgrundsatz.70

Gerade bei der nichthoheitlichen Förderungsverwaltung ist die Fiskalgeltung der Grundrechte (insb die des Gleichheitsgrundsatzes) von grundlegender Bedeutung. Die öffentliche Hand steht bei Förderungsvergaben unter weitgehenden Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes.71 Der Grundrechtsbindung via Fiskalgeltung unterliegen nach der stRsp des OGH nicht nur die Gebietskörperschaften selbst, sondern auch privatrechtlich agierende Körperschaften, ausgegliederte Rechtsträger und Unternehmen öffentlichen Rechts in Erfüllung öffentlicher Aufgaben.72 Wer immer - kraft Gesetzes, durch Bescheid oder rechtsgeschäftlichen Akt - berufen wurde, Geld oder geldwerte Leistungen aus Gemeinschaftsmitteln zur Förderung bestimmter Gemeinschaftsanliegen an Einzelrechtsträger zu deren förderungszielgerechten Verwendung zu verteilen, tritt mit Beginn des Verteilungsvorganges gegenüber allen, die nach dem vorgegebenen Förderungsziel abstrakt als Empfänger in Betracht zu ziehen wären, in ein - der Art nach dem vorvertraglichen Schuldverhältnis vergleichbares - gesetzliches Schuldverhältnis73 Dementsprechend ist auch die COFAG bei der Förderungsvergabe an die Grundrechte gebunden.

Nichts anderes ergibt sich aus der Rechtsprechung des VfGH zur COVID-19-Pandemie. Betroffene haben aufgrund der Fiskalgeltung der Grundrechte einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie andere Förderungswerber zu erhalten.74 In anderen Worten: COVID-19-Förderungen sind nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgebots und nach sachlichen Kriterien zu gewähren.75 Darauf kann sich der Förderungswerber auch im zivilgerichtlichen Verfahren berufen (auch wenn er eine negative Entscheidung der COFAG nicht direkt beim VfGH bekämpfen kann).

Der Gleichheitsgrundsatz schützt potenzielle Förderungsempfänger in umfassender Weise. Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz auch bei privatrechtlicher Förderungsvergabe besagt, dass gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln sind. Entspricht es der überwiegenden Praxis, die Förderung bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren, darf im Einzelfall grundsätzlich nur dann davon abgewichen werden, wenn besondere sachliche, am Förderungszweck ausgerichtete Gründe dies rechtfertigen.76

Nach der Rechtsprechung ist die öffentliche Hand, die sich (oder ein von ihr zu diesem Zweck gegründetes Unternehmen) in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet hat, grundsätzlich von Amts wegen angehalten, diese Leistung gegenüber jedermann, der diese Voraussetzungen erfüllt, zu erbringen.77 Förderungswerber werden also vor einer willkürlichen Förderungsvergabe geschützt.78 Die Bindung an den Gleichheitsgrundsatz bei privatrechtlicher Förderungsvergabe zwingt den mit der Verteilung betrauten Rechtsträger aber nicht nur dazu, die Förderung ohne unsachliche Differenzierung, also grundsätzlich bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren. Vielmehr muss auch die Festlegung des Förderungszwecks selbst und die nach dieser


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Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien dem Sachlichkeitsgebot entsprechen.79

Auch wenn eine negative Entscheidung der COFAG nicht bei den Verwaltungsgerichten und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpft werden kann, bleibt dem Förderungswerber die Möglichkeit, sich im zivilgerichtlichen Verfahren auf die Fiskalgeltung der Grundrechte berufen.

4. Resümee

Die COVID-19-Hilfeleistungen werden im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung durch die COFAG vergeben. Die verordneten Förderungsrichtlinien sind (Rechts-)Verordnungen, deren Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit durch den VfGH geprüft werden kann. Grundsätzlich ist bei einer negativen Entscheidung durch die COFAG zunächst der Zivilrechtsweg zu bestreiten. Im zivilgerichtlichen Verfahren kann sich der Förderungswerber auf die Fiskalgeltung der Grundrechte berufen. Die COFAG ist verpflichtet, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln, und darf Förderungen nicht aus unsachlichen Gründen verweigern. Förderungswerber werden vor willkürlicher Förderungsvergabe geschützt. Auch wenn ein Individualantrag mangels Umwegsunzumutbarkeit nicht zulässig ist, können verfassungsrechtliche Bedenken ob der verordneten Förderungsrichtlinien mittels Parteiantrag an den VfGH herangetragen werden. Die ordentlichen Gerichte sind außerdem verpflichtet, Normbedenken im Hinblick auf die anzuwendenden Bestimmungen an den VfGH heranzutragen.

1

Vgl dazu https://www.cofag.at/aktuelle-zahlen.html (abgerufen am 18. 2. 2022).


2

Vgl § 6a Abs 2 ABBAG idF BGBl I 2021/228.


3

Vgl dazu https://www.cofag.at/aktuelle-zahlen.html (abgerufen am 18. 2. 2022).


4

Vgl dazu § 2 Abs 2a iVm § 6a Abs 2 ABBAG-Gesetz. Das ABBAG-Gesetz wurde im Rahmen der Bewältigung der Krise um die verstaatlichte Bank Hypo Alpe-Adria erlassen. Die ABBAG ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die zu 100 % im Eigentum des Bundes steht und im Jahr 2014 auf Grundlage des Art 17 B-VG errichtet wurde. Die ABBAG übernimmt ua die Verwaltung einschließlich der Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten des Bundes sowie die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die jeweils für eine bestmögliche Verwertung des Vermögens und die Liquidation einer Abbaugesellschaft erforderlich oder zur Wahrung der in § 1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind, sowie (seit der COVID-19-Pandemie) die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem § 3b Abs 1 ABBAG, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind. Die Aufgaben im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde nach § 6a Abs 2 ABBAG-Gesetz der COFAG übertragen.



6

Vgl dazu § 6a Abs 2 ABBAG-Gesetz. Der Höchstbetrag wurde durch die Novelle BGBl I 2021/228 von 15 Mrd € auf 19 Mrd € angehoben.


7

Vgl dazu § 1 Abs 2 Härtefallfondsgesetz.


8

Vgl dazu § 1 Abs 2 Härtefallfondsgesetz.


9

Vgl dazu § 1 Abs 1 iVm § 37b AMSG.


10

So werden zB die Familien- und die Studienbeihilfe hoheitlich gewährt.



12

Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) BGBl 1930/1 idF BGBl I 2021/235.


13

VfSlg 13.834/1994.



15

VfSlg 11.873/1988, 11.924/1988; OGH 2. 6. 2009, 9 Ob 5/08p; Poier, Förderungsrecht, in Poier/Wieser, Steiermärkisches Landesrecht. Band 3: Besonderes Verwaltungsrecht (2010) 552.




18

Vgl dazu Punkt 7.6 des Anhangs der VO betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten BGBl II 2020/225 idF BGBl II 2021/249; Punkt 7.6 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478; Punkt 7.6 des Anhangs der VO über die Gewährung eines Verlustersatzes BGBl II 2020/568 idF BGBl II 2021/479; Punkt 7.6 des Anhangs der VO Verlustersatz II BGBl II 2021/343 idF BGBl II 2021/583; Punkt 7.4 des Anhangs der VO Ausfallsbonus BGBl II 2021/74 idF BGBl II 2021/518; Punkt 7.4 des Anhangs der VO Ausfallsbonus II BGBl 2021/342 idF BGBl 2021/518; Punkt 7.4 der VO Ausfallsbonus III, BGBl 2021/518; Punkt 7.4 des Anhangs der VO Lockdown-Umsatzersatz BGBl II 2020/503 idF BGBl II 2021/518; Punkt 7.4 des Anhangs der VO Lockdown-Umsatzersatz II BGBl II 2021/71 idF BGBl II 2021/518; Punkt 7.4 des Anhangs der 3. VO Lockdown-Umsatzersatz BGBl II 2020/567 idF BGBl II 2021/518 sowie Punkt 4.2 der VO betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, BGBl II 2020/143 idF BGBl II 2021/584.


19

Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) BGBl I 2014/51 idF BGBl I 2021/228.


20

(Rechts-)Verordnungen sind im Bereich der Hoheitsverwaltung erlassene generelle außenwirksame Normen. Da es sich um nach außen wirksame Rechtsakte handelt, wird ein Mindestmaß an Publizität verlangt (VfSlg 16.281/2001). Eine entsprechende Kundmachung ist daher erforderlich. Während Bescheide an eine oder mehrere individuell bestimmte Personen ergehen, richten sich Verordnungen an einen nach Gattungsmerkmalen bestimmten Adressatenkreis (VfSlg 6490/1971). Verordnungen müssen nach außen erlassen werden und einen normativen Inhalt aufweisen, dh Rechtsverhältnisse zu oder zwischen Rechtsunterworfenen zum Gegenstand haben.


21

Verwaltungsverordnungen sind ausschließlich an unterstellte Verwaltungsorgane adressiert, berühren die allgemeine Rechtslage nicht und wirken nur verwaltungsintern. Sie sind von einer Verwaltungsbehörde ausschließlich an nach Gattungsmerkmalen bestimmte, untergeordnete Verwaltungsorgane gerichtet (VfSlg 8602/1979).


22

VfSlg 15.430/1999. Vgl auch VfSlg 6818/1972, 8629/1979.



24

Unter eine Enunziation versteht man eine verbindliche Erklärung oder Anordnung. Es kann sich dabei - je nach Inhalt - um eine verwaltungsinterne Weisung oder eine Verordnung handeln.


25

VfSlg 15.430/1999.


26

VfSlg 20.199/2017.



28

RIS-Justiz RS0102013.





32

Merzo, Corona-Hilfspaket: Fiskalgeltung der Grundrechte und Rechtsanspruch, ecolex 2021/266 (401 f).


33

Mayr/Reinweber/Schlager, Der Fixkostenzuschuss im Überblick, SWK 2020, 860 (861).


34

VfSlg 19.622/2012 mit Hinweis auf VfSlg 13.140/1992.


35

Beispielhaft wurde die VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 herangezogen. Entsprechende Hinweise finden sich aber auch in den anderen Verordnungen über die COVID-19-Förderungsrichtlinien:§ 2 der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478: "Diese Verordnung samt Anhang tritt mit dem auf die Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag in Kraft."Punkt 1.1 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478: "Demnach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 2 Z 7 ABBAG-Gesetz, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID-19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zu erlassen."Punkt 1.4 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478: "Für Anträge auf Gewährung des FKZ 800.000, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung beantragt wurden und bei denen die Ermittlung der Höhe des FKZ 800.000 einen EUR 800.000 übersteigenden Betrag ergibt, wird der beihilferechtliche Höchstbetrag (siehe Punkt 4.3.5) rückwirkend auf EUR 1.800.000 angehoben."Punkt 4.2.2 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478: "Unzulässig sind Anträge für den Betrachtungszeitraum November 2020 oder Dezember 2020, wenn der Antragsteller für den gesamten Betrachtungszeitraum November 2020 oder Dezember 2020 durchgehend einen Lockdown-Umsatzersatz gemäß den Verordnungen des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl. II Nr. 467/2020 und BGBl. II Nr. 503/2020 sowie 3. VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II Nr. 567/2020) oder einen Lockdown-Umsatzersatz II gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes II für vom Lockdown indirekt erheblich betroffene Unternehmen (VO Lockdown-Umsatzersatz II, BGBl. II Nr. 71/2021) in Anspruch nimmt. Nicht als Lücke im Sinn des vorherigen Absatzes gilt es daher, wenn in diesem Fall bei der Antragstellung der Betrachtungszeitraum November 2020 oder Dezember 2020 ausgeklammert wird."


36

VfSlg 8649/1979, 11.472/1987.


37

Vgl dazu Punkt 3.2 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478.


38

Vgl dazu Punkt 3.1.10 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478.


39

Vgl dazu Punkt 3.2.4 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478.


40

Vgl dazu auch VfSlg 19.622/2012.


41

Kelsen, Allgemeine Staatslehre (1925) 237.




44

Epidemiegesetz 1950 BGBl 1950/186 idF BGBl I 2021/255.





48

Egger/Neuser, Verweigerung von Förderungen: Höchstgerichtliche Präzisierungen, BRZ 2019, 43 (50 f).



50

VfGH 7. 10. 2021, G 88/2021 ua, V 120/2021 ua. Vgl dazu VfSlg 12.046/1989, 12.775/1991, 16.653/2002, 18.778/2009.


51

VfSlg 15.030/1997, 16.664/2002, 16.708/2002, 18.777/2009.


52

VfSlg 10.445/1985. In den Fällen einer Gerichtszuständigkeit können nur besondere, außergewöhnliche Umstände einen Individualantrag zulässig machen, weil sonst eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eintreten würde, welche mit dem Grundsatz der Subsidiarität von Individualanträgen nach Art 139 bzw Art 140 B-VG im Sinne der Judikatur des VfGH nicht im Einklang stünde.



54

VfGH 7. 10. 2021, G 88/2021 ua, V 120/2021 ua. Vgl dazu auch VfSlg 18.695/2009.



56

Vgl dazu Punkt 7.6 des Anhangs der VO betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten BGBl II 2020/225 idF BGBl II 2021/249; Punkt 7.6 des Anhangs der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 BGBl II 2020/497 idF BGBl II 2021/478; Punkt 7.6 des Anhangs der VO über die Gewährung eines Verlustersatzes BGBl II 2020/568 idF BGBl II 2021/479; Punkt 7.6 des Anhangs der VO Verlustersatz II BGBl II 2021/343 idF BGBl II 2021/583; Punkt 7.4 des Anhangs der VO Lockdown-Umsatzersatz BGBl II 2020/503 idF BGBl II 2021/518; Punkt 7.4 des Anhangs der 3. VO Lockdown-Umsatzersatz BGBl II 2020/567 idF BGBl II 2021/518 sowie Punkt 13.5 der Verordnung betreffend Richtlinien über die Ergreifung von finanziellen Maßnahmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, BGBl II 2020/143 idF BGBl II 2021/584.


57

VfSlg 14.694/1996, 18.883/2009.




60

Thunshirn, Fixkostenzuschuss I - Ausschluss bei Abzugsverbot und noch nicht getilgten vorsätzlichen Finanzvergehen verfassungskonform? SWK 2021, 497 (503).







66

OGH 30. 9. 2009, 7 Ob 119/09i; 23. 5. 2018, 3 Ob 83/18d. Der Staat kann sich also der Geltung der Grundrechte, die ihn im hoheitlichen Handeln beschränken, nicht dadurch entziehen, dass er auf nichthoheitliche Handlungsformen zurückgreift.


67

Kahl in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht (2013) Art 17 B-VG Rz 10.




70

Dies liegt insoweit auf der Hand, als der Staat durch den Gleichheitsgrundsatz verpflichtet wird, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und es ihm untersagt wird, unsachliche Differenzierungen vorzunehmen.



72

OGH 16. 9. 2020, 6 Ob 162/20x. Vgl dazu auch OGH 26. 1. 1995, 6 Ob 514/95 (zur Wirtschaftskammer); 11. 7. 2001, 7 Ob 299/00x (zur Ärztekammer); 23. 12. 2014, 1 Ob 218/14 m (zum AMS); VfSlg 13.975/1994.


73

RIS-Justiz RS0102013.


74

VfSlg 20.397/2020.







Artikel-Nr.
RdW 2022/128

18.03.2022
Heft 3/2022
Autor/in
Georg Eisenberger

Univ.-Prof. Dr. Prof. TU Graz e.h. Georg Eisenberger ist Universitätsprofessor am Institut für öffentliches Recht und Politikwissenschaft der Universität Graz und Partner des Rechtsanwaltsbüros Eisenberger Rechtsanwälte, experts in public law and policy mit Büros in Wien, Graz und Brüssel. Er ist Herausgeber und Autor zahlreicher Publikationen im öffentlichen Recht.

Julia Holzmann

Mag. Julia Holzmann, MBA ist Rechtsanwaltsanwärterin des auf Öffentliches Recht und Europarecht spezialisierten Rechtsanwaltsbüros Eisenberger.

Publikationen:
Autorin diverser Publikationen im öffentlichen Recht: Eisenberger/Holzmann, Rechtzeitige Einbringung von Schriftsätzen bei den Verwaltungsgerichten, ZfV 2019/34, 312; Eisenberger/Holzmann, Erneute Novelle für Zweitwohnsitze?, Salzburger Nachrichten 4. 1. 2020; Eisenberger/Holzmann, Praxishandbuch Zweitwohnsitz, Linde Verlag 2021.