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Einsicht in Verlassenschaftsakt durch Dritte

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

AußStrG: §§ 22, 141

ZPO § 219

GOG § 85

Die Einsichtnahme in Verlassenschaftsakten richtet sich nach § 22 AußStrG iVm § 219 ZPO. § 141 AußStrG, der für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse Vertraulichkeit anordnet, gilt für Pflegschafts- und Sachwalterschaftsakten, nicht jedoch für Verlassenschaftsakten.

Ein rechtliches Interesse eines Dritten an der Einsicht in den Verlassenschaftsakt wird bereits durch die schlüssige Behauptung begründet, Noterbe oder Vermächtnisnehmer zu sein und Ansprüche gegen den Erben erheben zu wollen. Dass sich ein Noterbe oder Vermächtnisnehmer am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligt hat, schließt eine spätere Akteneinsicht als Dritter nicht aus.

Wenn die Akteneinsicht von einem rechtskräftigen Beschluss gedeckt ist, den der zuständige Richter bzw Rechtspfleger unter Beachtung der Verfahrensgarantien gefällt hat, steht auch die datenschutzrechtliche Zulässigkeit bindend fest. Eine datenschutzrechtliche Beschwerde nach § 85 GOG gegen die Gewährung der Akteneinsicht kann daher keinen Erfolg haben.

Wurde die Akteneinsicht ohne Beschluss oder gar entgegen einem den Antrag abweisenden Beschluss gewährt, ist zu differenzieren. Nur wenn die Abweisung mit datenschutzrechtlichen Erwägungen begründet wurde, ist das Gericht im datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahren an diese Beurteilung gebunden und hat zwingend eine Verletzung des Rechts auf Datenschutz festzustellen. Ansonsten hat es die Zulässigkeit eigenständig zu beurteilen. Auch eine ohne deckenden Gerichtsbeschluss gewährte Akteneinsicht ist aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 219 ZPO erfüllt sind.

OGH 15. 12. 2014, 6 Ob 197/14k

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19112 vom 11.03.2015