News

EuGH: Datenschutz iZm Strafverfolgung – Verfahren über die Aufsichtsbehörde

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GRC: Art 8, Art 47

RL (EU) 2016/680: Art 17, Art 46, Art 47, Art 53

Nach Art 17 Abs 1 RL (EU) 2016/680 [zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr ...] müssen die Mitgliedstaaten in bestimmten Fällen (Art 13 Abs 3, Art 15 Abs 3 und Art 16 Abs 4 der RL; Anm: im Wesentlichen Einschränkung der Auskunft über personenbezogenen Daten bzw deren Berichtigung und Löschung aus öffentlichem Interesse) Maßnahmen erlassen, „in denen vorgesehen ist, dass die Rechte der betroffenen Person auch über die zuständige Aufsichtsbehörde ausgeübt werden können“. Gem Art 53 Abs 1 RL (EU) 2016/680 müssen sie weiters vorsehen, dass eine natürliche oder juristische Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen einen sie betreffenden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde hat.

Eine Person muss somit, wenn sie ihre Rechte in Anwendung von Art 17 RL (EU) 2016/680 über die zuständige Aufsichtsbehörde ausgeübt hat und diese Behörde sie über das Ergebnis der durchgeführten Prüfungen unterrichtet, über einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen den Beschluss dieser Behörde verfügen, das Überprüfungsverfahren abzuschließen.

EuGH 16. 11. 2023, C-333/22, Ligue des droits humains (Vérification du traitement des données par l’autorité de contrôle)

Zu einem belgischen Vorabentscheidungsersuchen.

Entscheidung

Mit seiner zweiten Frage wollte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art 17 Abs 3 der RL (EU) 2016/680 im Hinblick auf Art 8 Abs 3 und Art 47 GRC gültig ist, soweit er die Aufsichtsbehörde nur verpflichtet, die betroffene Person darüber zu unterrichten, dass alle erforderlichen Prüfungen oder eine Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde erfolgt sind und diese Person das Recht auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf hat. Eine solche Unterrichtung ermöglicht nach Ansicht des vorlegenden Gerichts nämlich keine gerichtliche Überprüfung des Vorgehens der Aufsichtsbehörde und ihrer Beurteilungen im Hinblick auf die verarbeiteten Daten und die Pflichten des Verantwortlichen.

Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was geeignet wäre, die Gültigkeit von Art 17 Abs 3 RL (EU) 2016/680 zu berühren. Der Begriff „wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf“ ist im Licht des 86. Erwägungsgrundes der RL zu lesen, wonach die Gerichte eine „uneingeschränkte Zuständigkeit“ besitzen sollten, was die Zuständigkeit einschließt, „sämtliche für den anhängigen Rechtsstreit maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen zu prüfen“. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass das zuständige Gericht verfahrensrechtliche Techniken und Regeln zu seiner Verfügung hat und anwendet, um einen Ausgleich zu ermöglichen zwischen den legitimen Erwägungen der Art 13 Abs 3, Art 15 Abs 3 und Art 16 Abs 4 der RL betr das öffentliche Interesse an einer Beschränkung der Informationen, die der betroffenen Person übermittelt werden, und dem Erfordernis, dem Einzelnen seine Verfahrensrechte hinreichend zu gewährleisten. Im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung von Art 17 der RL (EU) 2016/680 durch die Aufsichtsbehörde müssen die Mitgliedstaaten daher Regeln vorsehen, die es dem zuständigen Gericht ermöglichen, von allen Gründen und den entsprechenden Beweisen Kenntnis zu nehmen, auf die diese Behörde die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung und die daraus gezogenen Schlüsse gestützt hat.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34775 vom 24.11.2023