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EuGH: Datenschutz – präventiver Rechtsbehelf, immaterieller Schaden

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSGVO: Art 1 ff

1. Die Bestimmungen der DSGVO sind dahin auszulegen, dass sie zugunsten der von der unrechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten betroffenen Person für den Fall, dass diese Person nicht die Löschung ihrer Daten beantragt, keinen gerichtlichen Rechtsbehelf vorsehen, der es ihr ermöglicht, präventiv zu erwirken, dass dem Verantwortlichen auferlegt wird, künftig eine erneute unrechtmäßige Verarbeitung zu unterlassen. Allerdings hindern sie die Mitgliedstaaten nicht daran, einen solchen Rechtsbehelf in ihren jeweiligen Rechtsordnungen vorzusehen.

2. Nach Art 82 Abs 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter. Der Begriff „immaterieller Schaden“ in Art 82 Abs 1 umfasst negative Gefühle, die die betroffene Person infolge einer unbefugten Übermittlung ihrer personenbezogenen Daten an einen Dritten empfindet, wie zB Sorge oder Ärger, und die durch einen Verlust der Kontrolle über diese Daten, ihre mögliche missbräuchliche Verwendung oder eine Rufschädigung hervorgerufen werden, sofern die betroffene Person nachweist, dass sie solche Gefühle samt ihrer negativen Folgen aufgrund des Verstoßes gegen die DSGVO empfindet.

3. Art 82 Abs 1 DSGVO steht dem entgegen, dass der Grad des Verschuldens des Verantwortlichen bei der Bemessung der Höhe des Ersatzes eines immateriellen Schadens berücksichtigt wird.

4. Art 82 Abs 1 DSGVO erlaubt es nicht, dass die Höhe der finanziellen Entschädigung für einen immateriellen Schaden durch den Umstand gemindert wird – oder diese Entschädigung sogar ersetzt wird –, dass die betroffene Person nach nationalem Recht gegen den Verantwortlichen eine Anordnung erwirkt, die Wiederholung eines Verstoßes gegen die DSGVO zu unterlassen. Der Schadenersatzanspruch des Art 82 Abs 1 DSGVO erfüllt eine ausschließlich ausgleichende Funktion, während eine Unterlassungsanordnung gegenüber dem Schädiger eine rein präventive Zielsetzung hat.

EuGH 4. 9. 2025, C-655/23, Quirin Privatbank

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 37124 vom 11.09.2025