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EuGH: DSGVO – „exzessive Anfragen“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSGVO: Art 57, Art 77

Nach Art 57 Abs 4 DSGVO kann die Aufsichtsbehörde (in Österreich die Datenschutzbehörde) „bei offenkundig unbegründeten oder – insb im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anfragen“ eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. In diesem Fall trägt die Aufsichtsbehörde die Beweislast für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter der Anfrage.

Der Begriff „Anfrage“ in Art 57 Abs 4 DSGVO umfasst Beschwerden nach Art 57 Abs 1 Buchst f und Art 77 Abs 1 DSGVO.

Anfragen können nicht allein aufgrund ihrer Zahl während eines bestimmten Zeitraums als „exzessiv“ eingestuft werden; Art 57 Abs 4 DSGVO setzt auch voraus, dass die Aufsichtsbehörde eine Missbrauchsabsicht der anfragenden Person nachweist. Auf der Grundlage der Umstände des jeweiligen Einzelfalls muss die Aufsichtsbehörde somit nachweisen, dass die große Zahl von Anfragen nicht durch den Wunsch der betroffenen Person zu erklären ist, ihre Rechte aus der DSGVO zu schützen, sondern durch einen anderen Zweck, der in keinem Zusammenhang mit diesem Schutz steht. Dies gilt insb dann, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Zahl von Beschwerden darauf abzielt, das ordnungsgemäße Funktionieren der Behörde zu beeinträchtigen, indem ihre Ressourcen missbräuchlich in Anspruch genommen werden. Insoweit kann die Häufung von Beschwerden einer Person ein Indiz für exzessive Anfragen sein, wenn sich herausstellt, dass die Beschwerden nicht objektiv durch Erwägungen gerechtfertigt sind, die sich auf den Schutz der Rechte beziehen, die die DSGVO dieser Person verleiht, etwa – iVm anderen Gesichtspunkten wie dem Inhalt der Beschwerden – wenn die Beschwerden eine Vielzahl von Verantwortlichen betreffen, zu denen die Person nicht unbedingt einen Bezug hat.

Bei exzessiven Anfragen kann die Aufsichtsbehörde wählen, ob sie eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangt oder sich weigert, aufgrund der Anfrage tätig zu werden; diese Entscheidung hat sie zu begründen, dabei alle relevanten Umstände zu berücksichtigen und sich zu vergewissern, dass die gewählte Option geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist. Die abschreckende Wirkung einer angemessene Gebühr könnte die Behörde sogar dazu veranlassen, diese Option zu bevorzugen, statt sich von vornherein zu weigern, aufgrund dieser Beschwerden tätig zu werden. Eine angemessene Gebühr beeinträchtigt die Rechte der betroffenen Personen aus der DSGVO in geringerem Maße als die Ablehnung der Bearbeitung einer Beschwerde und im Licht des 129. Erwägungsgrundes der DSGVO könnten die Aufsichtsbehörden daher erwägen, in einer ersten Stufe die Zahlung einer angemessenen Gebühr zu verlangen, bevor sie sich in einer zweiten Stufe weigern, aufgrund einer Beschwerde tätig zu werden. Allerdings verpflichtet Art 57 Abs 4 DSGVO die Aufsichtsbehörde nicht in jedem Fall, zunächst die Option zu wählen, eine angemessene Gebühr zu verlangen.

EuGH 9. 1. 2025, C-416/23, Österreichische Datenschutzbehörde (Demandes excessives)

Zum Vorabentscheidungsersuchen VwGH 27. 6. 2023, Ra 2023/04/0002 (EU 2023/0004), RdW 2023/400.

Zu den Schlussanträgen siehe RdW 2024/535.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36284 vom 14.01.2025