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EuGH: Musterschutz für Bauelement eines komplexen Erzeugnisses

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 98/71/EG: Art 3

Wird ein Muster bei einem Bauelement eines komplexen Erzeugnisses benutzt oder in dieses Bauelement eingefügt, kann es gem Art 3 Abs 3 Buchst a RL 98/71/EG [über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen] nur dann Musterschutz genießen, „wenn das Bauelement, das in das komplexe Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt“. Unter „bestimmungsgemäßer Verwendung“ ist gem Art 3 Abs 4 RL 98/71/EG „die Verwendung durch den Endbenutzer, ausgenommen Maßnahmen der Instandhaltung, Wartung oder Reparatur“, zu verstehen.

Hinsichtlich des vorliegenden Musters – Unterseite eines Fahrradsattels – ergab sich die Frage, ob es betr die erforderliche „Sichtbarkeit“ auf die objektive Möglichkeit ankommt, das Design in eingebautem Zustand des Bauelements erkennen zu können, oder ob die Sichtbarkeit unter bestimmten Nutzungsbedingungen oder aus einer bestimmten Betrachterperspektive maßgeblich ist. Der EuGH stellt dazu klar, dass die Sichtbarkeit im Hinblick auf eine Situation der normalen Verwendung dieses komplexen Erzeugnisses zu prüfen ist und es dabei darauf ankommt, dass das Bauelement nach seiner Einfügung in dieses Erzeugnis sichtbar bleibt. Zu diesem Zweck ist die Sichtbarkeit bei „bestimmungsgemäßer Verwendung“ durch den Endbenutzer aus der Sicht dieses Benutzers und der Sicht eines außenstehenden Beobachters zu beurteilen. Da die Verwendung eines Erzeugnisses gemäß seiner Hauptfunktion in der Praxis oft verschiedene Handlungen erfordert, die vor oder nach dieser Hauptfunktion vorgenommen werden können (wie etwa die Aufbewahrung oder der Transport des Erzeugnisses), ist weiters davon auszugehen, dass die „bestimmungsgemäße Verwendung“ eines komplexen Erzeugnisses alle diese Handlungen umfasst, mit Ausnahme derjenigen, die in Art 3 Abs 4 RL 98/71/EG ausdrücklich ausgenommen sind (nämlich Handlungen iZm Instandhaltung, Wartung oder Reparatur). Der Begriff „bestimmungsgemäße Verwendung“ muss somit die Handlungen umfassen, die bei der hauptsächlichen Verwendung eines komplexen Erzeugnisses vorgenommen werden, sowie die Handlungen, die der Endbenutzer im Rahmen einer solchen Verwendung üblicherweise vorzunehmen hat (ausgenommen Instandhaltung, Wartung und Reparatur).

EuGH 16. 2. 2023, C-472/21, Monz Handelsgesellschaft International

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33691 vom 21.02.2023