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EuGH: Zeitschriften-Inserat für Online-Verkaufsplattform

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

RL 2005/29/EG: Art 7

Wird in einem Printmedium für eine Online-Verkaufsplattform mit vielen Kaufmöglichkeiten bei verschiedenen Gewerbetreibenden geworben und werden dabei einige Produkte auch konkret zum Kauf angeboten, ist grundsätzlich schon im Printmedium über die Anschrift und Identität der Gewerbetreibenden zu informieren, die diese Produkte anbieten. Es ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es aufgrund räumlicher Beschränkungen in dem Werbetext gerechtfertigt ist, Angaben zum Anbieter nur auf der Online-Verkaufsplattform zur Verfügung zu stellen, wenn diese Angaben auf oder über die beworbene Website einfach und schnell mitgeteilt werden.

EuGH 30. 3. 2017, C-146/16, Verband Sozialer Wettbewerb

Sachverhalt

Zu einem deutschen Vorabentscheidungsersuchen.

DHL Paket betreibt die Online-Verkaufsplattform „MeinPaket.de“, auf der gewerbliche Verkäufer Waren zum Verkauf anbieten. Durch die Verkäufe kommt kein Vertrag zwischen DHL Paket und den Käufern zustande.

VSW ist ein Verband, dem ua Anbieter von Elektro- und Elektronikartikeln sowie Versandhändler angehören, die Waren aller Art anbieten.

Der Ausgangsrechtsstreit betrifft eine Werbeanzeige, die am 2. 12. 2012 im Auftrag von DHL Paket in einer Wochenzeitung veröffentlicht wurde. In dieser Anzeige wurde damit geworben, dass die Verkaufsplattform von DHL Paket den Interessenten Zugang zu mehr als fünf Millionen Produkten und über 2.500 Händlern biete. Fünf verschiedene Produkte wurden speziell zum Erwerb angeboten; bei Interesse an einem der Produkte sollte der Leser auf der Plattform den in der Anzeige genannten Produktcode eingeben.

Bei Eingabe des Codes gelangt man zu einer Website für das betreffende Produkt, auf der ua angezeigt wird, wer der gewerbliche Verkäufer dieses Produkts ist; unter der Rubrik „Anbieterinformationen“ kann man Firma und Anschrift des Vertragspartners erfahren.

VSW erhob Klage, weil nach seiner Auffassung DHL Paket nicht ihrer Verpflichtung genügt, Identität und Anschrift der ihre Verkaufsplattform nutzenden Anbieter anzugeben.

Der vorlegende BGH fragt va, ob Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden überhaupt schon in der Werbung in einem Printmedium gemacht werden müssen und ob es von Bedeutung ist, ob das Unternehmen für den Verkauf eigener Produkte wirbt oder sich die Werbung auf Produkte bezieht, die von anderen Unternehmen auf einer Website des Werbenden verkauft werden, wobei die Verbraucher die erforderlichen Angaben erst nach mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den Websites dieser anderen Unternehmen erhalten.

Entscheidung

Einzelfallabhängige Informationspflicht

Der EuGH stellt zunächst klar, dass die vorliegende Werbeanzeige eine Aufforderung zum Kauf iSv Art 2 Buchst i RL 2005/29/EG darstellt, weil die darin enthaltenen Informationen über die Produkte und deren Preis ausreichen, damit der Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung treffen kann.

Weiters verweist der EuGH auf seine Rsp, wonach Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden (sein Handelsname) und gegebenenfalls Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden, für den er handelt, gem Art 7 Abs 4 Buchst b RL 2005/29/EG wesentliche Informationen darstellen, diese Bestimmung aber iVm Art 7 Abs 1 der RL zu lesen ist, wonach die betreffende Geschäftspraxis unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände und der Beschränkungen des Kommunikationsmediums zu beurteilen ist. Auch aus Art 7 Abs 3 RL 2005/29/EG ergibt sich, dass bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten wurden, räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmediums sowie die Maßnahmen berücksichtigt werden, die der Gewerbetreibende getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen (vgl EuGH 12. 5. 2011, Ving Sverige, C-122/10, EU:C:2011:299, RdW 2011/417).

In welchem Umfang ein Gewerbetreibender im Rahmen einer Aufforderung zum Kauf über die Anschrift und die Identität des Gewerbetreibenden informieren muss, ist somit nach der Rsp des EuGH anhand der Umstände dieser Aufforderung, der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Kommunikationsmediums zu beurteilen.

Zeitschriftenwerbung für Verkaufsplattform

Für den vorliegenden Fall hält der EuGH daher fest, dass räumliche Beschränkungen iSv Art 7 Abs 3 der RL 2005/29/EG bestehen können, wenn in einem Printmedium für eine Online-Verkaufsplattform geworben wird und insb wenn darin eine große Anzahl von Kaufmöglichkeiten bei verschiedenen Gewerbetreibenden angeboten wird.

Die in Art 7 Abs 4 Buchst b RL 2005/29/EG genannten Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden müssten daher zwar grundsätzlich in der Aufforderung zum Kauf gemacht werden, was aber nicht zwingend geschehen muss, wenn durch das verwendete Kommunikationsmedium räumliche Beschränkungen auferlegt werden, sofern die Verbraucher diese Informationen auf einfache Weise auf oder über die Website erhalten können, die in der Werbeanzeige genannt ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände der Aufforderung zum Kauf und des verwendeten Kommunikationsmediums zu beurteilen, ob diese Bedingung erfüllt ist.

Abschließend stellt der EuGH klar, dass die Verpflichtung zur Angabe der Informationen gem Art 7 Abs 4 Buchst b RL 2005/29/EG in einer Aufforderung zum Kauf nicht davon abhängt, ob der Anbieter der betroffenen Produkte oder ein Dritter Verfasser dieser Aufforderung ist. Wenn daher in einem Druckmedium für Produkte verschiedener Anbieter geworben wird, bleiben die erforderlichen Angaben - vorbehaltlich der genannten räumlichen Beschränkungen - weiterhin notwendig.

Der EuGH hat für Recht erkannt:

Art 7 Abs 4 der RL 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. 5. 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der RL 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der VO (EG) 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass eine Werbeanzeige wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die unter den Begriff „Aufforderung zum Kauf“ iS dieser RL fällt, die in dieser Vorschrift vorgesehene Informationspflicht erfüllen kann. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es aufgrund räumlicher Beschränkungen in dem Werbetext gerechtfertigt ist, Angaben zum Anbieter nur auf der Online-Verkaufsplattform zur Verfügung zu stellen, und gegebenenfalls, ob die nach Art 7 Abs 4 Buchst b der RL erforderlichen Angaben zu der Online-Verkaufsplattform einfach und schnell mitgeteilt werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 23379 vom 04.04.2017