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„Funkzellenabfrage“ zur Strafverfolgung

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StPO: § 135, § 138

Nach mündlicher Verhandlung gab der OGH in einer Presseaussendung bekannt, dass er die Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung (gemäß § 135 Abs 2 StPO), die an der Standortkennung anknüpft („Funkzellenabfrage“), unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots für zulässig hält; es ist daher zu gewährleisten, dass in das Kommunikationsgeheimnis Unbeteiligter nur soweit eingegriffen wird, als dies für einen erfolgversprechenden Ermittlungsschritt unvermeidlich und im Hinblick auf die zu erwartende Zahl von Betroffenen und das Gewicht der aufzuklärenden Straftat vertretbar ist (Volltext der Entscheidung und Geschäftszahl noch nicht verfügbar).

Homepage des OGH, 5. 3. 2015

Anlassfall

Bei einem Einbruchsdiebstahl war ein Beteiligter zum Tatzeitpunkt dabei beobachtet worden, mit einem Handy telefoniert zu haben.

In dem Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wies das zuständige LG – wie schon in früheren Fällen – einen Antrag der Staatsanwaltschaft auf Bewilligung der Anordnung einer Auskunft über Verkehrsdaten in Form einer Auswertung des Sendebereichs der örtlich in Frage kommenden Funkzelle zwecks Ausforschung der Teilnehmernummer und der Kenndaten des vom unbekannten Täter verwendeten Mobiltelefons („Funkzellenabfrage“) ab. Das OLG gab der Beschwerde der Staatsanwaltschaft – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Rechtsschutzbeauftragten der Justiz – nicht Folge, weil eine derartige Überwachungsmaßnahme nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht zulässig sei, auch wenn sie vielfach auch zur Aufklärung schwerster Straftaten den einzigen zielführenden Ermittlungsansatz darstellt.

Gegen die Begründung dieser Beschlüsse richtete sich eine von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes.

Pressemitteilung des OGH

Der OGH wies in seiner Pressemitteilung darauf hin, dass mit dieser Entscheidung eine Rechtsfrage von österreichweiter Bedeutung einer Klärung zugeführt wurde. Er hob darin Folgendes hervor:

Dem Verhältnismäßigkeitsgebot ist in jedem Einzelfall – etwa durch die Begrenzung der Maßnahme auf eine kurze Zeitspanne – zu entsprechen, um zu gewährleisten, dass in das Kommunikationsgeheimnis Unbeteiligter nur soweit eingegriffen wird, als dies für einen erfolgversprechenden Ermittlungsschritt unvermeidlich und im Hinblick auf die zu erwartende Zahl von Betroffenen und das Gewicht der aufzuklärenden Straftat vertretbar ist.

Die Zulässigkeit der Überwachungsmaßnahme ergibt sich nach Ansicht des OGH – entgegen der Begründung der angefochtenen Beschlüsse – im Wesentlichen aus folgenden Überlegungen:

-Die „Standortkennung“ ist die Kennung der Funkzelle (zB ein Antennenmast), über die eine Mobilfunkverbindung hergestellt wird.
-Diese ist – soweit sie iVm einem Kommunikationsvorgang (Telefonat) steht – nach dem TKG vom Mobilfunkbetreiber zu Verrechnungszwecken weiterhin für einen bestimmten Zeitraum zu speichern.
-Ob darüber zum Zweck der Strafverfolgung Auskunft erteilt werden darf, richtet sich nach § 135 Abs 2 StPO.
-Nur ein einziger darin geregelter Fall knüpft an eine technische Einrichtung an, die Ursprung oder Ziel einer Übertragung von Nachrichten war oder sein wird. In der hier zu entscheidenden Konstellation ist es nur erforderlich, dass durch die Maßnahme (letztlich) Daten des Beschuldigten ermittelt werden können.
-Aus einer bloßen Durchführungsvorschrift über den Inhalt von Anordnung und Bewilligung einer solchen Ermittlungsmaßnahme (konkret § 138 StPO) können Einschränkungen ihrer Zulässigkeit nicht abgeleitet werden.

Quelle: http://www.ogh.gv.at/de/medien/medieninformationen/funkzellenauswertung­zur­strafverfolgung

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19095 vom 06.03.2015