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Eine Kabelweitersendung nach § 59a Abs 1 UrhG erfordert zunächst eine vorgelagerte Rundfunksendung, die zur Weitersendung übernommen wird. Zudem muss sie den Integralgrundsatz wahren, dh die gleichzeitige, vollständige und unveränderte Weitersendung des Programms. Die bloße Bearbeitung der Bildqualität (SD, HD) bleibt ohne Bedeutung. Aufgrund des maßgebenden technologieneutralen Ansatzes erfordert eine Kabelweitersendung nach österreichischem Urheberrecht nicht zwingend, dass das Signal tatsächlich über Kabel weitergeleitet wird, sondern erfasst auch die Weiterleitung mittels Mikrowelle oder UMTS (= Mobilfunkstandard 3G).
Weiters lässt sich § 59a Abs 1 UrhG keine Beschränkung des Kabelweitersenderechts auf solche Verfahren entnehmen, bei denen die Verbreitung der Sendungen des Erstsenders in einem Kommunikationsnetz erfolgt, das vom Weitersende-Unternehmer durchgängig kontrolliert wird. Eine solche Beschränkung widerspräche auch dem technologieneutralen Ansatz dieser Bestimmung. Hinzu kommt, dass aus der Sicht des Nutzers kein Unterschied besteht, ob die abschließende Weiterleitung über Internet (OTT-Dienste) oder über ein Mobilfunknetz erfolgt; oft weiß der Nutzer gar nicht, über welche Datenverbindung er auf die Inhalte zugreift.
Sachverhalt
Die Kl sind Fernsehveranstalter mit Sitz in Deutschland, die ihre Programme ua über Satellit verbreiten. Ihre Programme werden auch als Live-Stream über Internet (OTT-Dienste) sowie über Apps für mobile Empfangsgeräte zur Verfügung gestellt.
Die Bekl ist eine österreichische Betreiberin eines Mobil-Kommunikationsnetzes, die öffentliche Telefon- und Internetdienste anbietet. Sie bietet auch einen Dienst an, mit dem ihre Kunden in Echtzeit Fernsehprogramme auf TV-Geräten, einem PC oder einem mobilen Endgerät empfangen können – darunter auch die Programme der Kl ohne deren Zustimmung. Im Rahmen ihres TV-Angebots bietet die Bekl weiters einen Online-Videorekorder an.
Die Kl erhoben mehrere Unterlassungsbegehren, die sie auf das (Leistungsschutz-)Recht der Weitersendung ihrer Fernsehprogramme stützten; gleichzeitig beantragten sie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Die Vorinstanzen erließen die begehrte einstweilige Verfügung. Der OGH gab dem Revisionsrekurs der Bekl (mit einer Maßgabe) nicht Folge.
Entscheidung
Die Bekl gesteht selbst zu, dass sie in das Recht der Kabelweitersendung (§ 59a Abs 1 UrhG) der Kl eingreift. Dies ist auch zutreffend.
Abgesehen davon liegt auch ein Eingriff in das Weitersenderecht nach § 76a Abs 1 UrhG vor. Das TV-Streaming über Internet (Variante 2 des Nutzerempfangs) ist eine Form der drahtgebundenen Weitersendung.
Online-Videorekorder
Mit dem Online-Videorekorder wird eine digitale Vervielfältigung der Fernsehprogramme der Kl vorgenommen, die unter § 15 Abs 1 UrhG fällt. Ist die im Rahmen des angewandten De-Duplizierungsverfahrens technisch erstellte Kopie der Programme der Bekl zuzurechnen, so könnte sie sich als Unternehmerin von vornherein nicht auf die Privatkopieausnahme des § 42 Abs 4 UrhG berufen.
Der BGH stellt in seiner Rsp zur Zurechnung eines Vervielfältigungsvorgangs auf die technischen Gesichtspunkte sowie darauf ab, ob der Hersteller der Kopie sich darauf beschränkt, gleichsam „an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts“ zu treten und als „notwendiges Werkzeug“ des anderen tätig zu werden, oder ob er eine urheberrechtlich relevante Nutzung in einem Ausmaß und einer Intensität erschließt, die sich nicht mehr mit den Erwägungen vereinbaren lässt, die eine Privilegierung des Privatgebrauchs rechtfertigen. Im Rahmen dieser an normativen Maßstäben ausgerichteten Prüfung sei zudem darauf abzustellen, ob der Auftraggeber die Organisationshoheit über das Aufnahmegeschehen hat (BGH I ZR 32/19 = GRUR 2020, 735). Zu unterscheiden sei weiters, ob die Kopie nur für den jeweiligen konkreten Nutzer (technisch) erstellt wird, oder ob von der Fernsehsendung eine Masterkopie (iS einer zentralen Kopiervorlage) angefertigt und den Nutzern nur der Zugriff darauf gewährt wird (BGH I ZR 216/06 = MMR 2009, 620; I ZR 151/11 = ZUM-RD 2013, 114).
Die Überlegungen des BGH sind auf das österreichische Urheberrecht und den vorliegenden Fall übertragbar: Bei dem hier angewandten Verfahren der De-Duplizierung hat die Bekl die Organisationshoheit über das Aufnahmegeschehen, erfolgt doch die Speicherung (und Vervielfältigung) initiativ durch die Bekl auf ihren Servern; der Nutzer hat nur ein Zugriffsrecht auf die Kopie. Auf die Frage, ob eine „Masterkopie“ oder eine sonstige „Kopiervorlage“ zur Verfügung gestellt wird, kommt es damit nicht weiter an.