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Marke für Online-Glücksspiel – Zeichenähnlichkeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MarkSchG: § 10

1. Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit (hier betr ein Online-Walzen-Glücksspiel) ist der Grad der Aufmerksamkeit eines Durchschnittsverbrauchers relevant. Die Revision macht in keiner Weise deutlich, weshalb es für den Grad der Aufmerksamkeit darauf ankommen sollte, dass der Glücksspielmarkt in Österreich reguliert ist. Der Grad der Aufmerksamkeit hängt von der jeweiligen Situation ab, insb von der Bedeutung der beworbenen Waren oder Dienstleistungen für den angesprochenen Verbraucher. Dabei werden Verbraucher bei Walzenspielen zwar keine besonders hohe, aber auch keine äußerst geringe, Aufmerksamkeit an den Tag legen.

Die maßgeblichen Verkehrskreise, aus denen der angesprochene Durchschnittsverbraucher entnommen wird, bestimmen sich aus den Konsumenten der betreffenden Ware/Dienstleistung. Ist eine Ware/Dienstleistung zwar primär für eine spezielle Käufergruppe unter den Endverbrauchern bestimmt, wird sie aber dem allgemeinen Publikum angeboten, so kommt es auf den allgemeinen Verkehr an, mit Ausnahme der Personen, welche die Ware/Dienstleistung – wie etwa Glücksspiel – an sich kategorisch ablehnen.

Die Kl bietet ihr Glücksspiel potentiell allen Personen über 18 Jahren an; dass dies gesetzlichen Regulationen unterliegt, ist wiederum ohne erkennbare Relevanz.

2. Einen allgemeinen Motivschutz gibt es im Markenrecht nicht, auch nicht bei bekannten Marken. Das Motiv einer Darstellung (hier: Buch und männlicher Kopf) hat umso weniger Bedeutung für den Verkehr, umso einprägsamer und individueller seine konkrete bildliche Ausgestaltung ist.

OGH 5. 6. 2020, 4 Ob 27/20d

Entscheidung

Keine Verwechslungsgefahr

Ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht, ist bei Warenidentität wie hier nach der Zeichenähnlichkeit zu prüfen. Dafür sind die verwendeten Zeichen unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft in Bild, Klang und Bedeutung einer gesamthaften Würdigung zu unterziehen.

Die Zeichen der Kl sind originär normal kennzeichnungskräftig; für originär erhöhte Kennzeichnungskraft bestehen keine Anhaltspunkte.

Bei den Zeichen „Book of ra“ und „Book of dead“ besteht auch keine klangliche Ähnlichkeit. Auch dabei ist nämlich der Gesamteindruck maßgeblich und es wäre nicht zulässig, isoliert nur die Zeichenbestandteile „Book of“ zu vergleichen. Die Endworte RA bzw DEAD sind in klanglicher Hinsicht nicht verwechselbar.

Bei der Wortbildmarke „BOOK OF RA“ ist der prägende Wortbestandteil das RA; die Bekl verwendet den Wortbestandteil „Rick Wilde and the BOOK OF DEAD“. Die grafische Gestaltung weicht ausreichend voneinander ab.

Allenfalls könnte mittelbare Verwechslungsgefahr iS einer Serienmarke („Book of“) bestehen (4 Ob 190/14s, Rechtsnews 19100), dazu wird jedoch nichts vorgetragen.

Dasselbe gilt dem Sinne nach für die Bildmarke „Buch“ und „männlicher Kopf“; gerade letztere könnte wegen der stark abweichenden Gestaltung nur durch „Motivschutz“ durchdringen, der aber bei normal kennzeichnungskräftigen Marken nicht besteht.

Bloße Ähnlichkeit bei bekannten Marken

Während Verwechslungsgefahr vom BerufungsG zu Recht verneint wurde, war die Revision der Kl insofern erfolgreich, als die Vorinstanzen das umfangreiche Vorbringen der Kl zur Bekanntheit ihrer Marken nicht beachtet haben.

Der Schutz der bekannten Marke setzt keine Verwechslungsgefahr voraus, sondern nur eine solche Ähnlichkeit, dass das Publikum die Zeichen gedanklich miteinander verknüpft. Der Grad der dafür erforderlichen Ähnlichkeit ist niedriger anzusetzen als der Grad der Ähnlichkeit, der für Verwechslungsgefahr verlangt wird; es reicht zudem aus, wenn die Ähnlichkeit in einem der drei Punkte Bild, Klang oder Sinngehalt besteht. Dann ist die Marke gegen unlautere Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung geschützt.

Bei Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens liegt es wegen der bei bekannten Marken offenkundigen Möglichkeit einer Rufausnutzung nahe, unlautere Motive zu vermuten. Das trifft insb dann zu, wenn ein Dritter versucht, sich durch Trittbrettfahren an den Ruf der bekannten Marke anzuhängen und von diesem zu schmarotzen. Zudem kann die Bekanntheit der Marke die Gefahr von Verwechslungen steigern.

Da zur Bekanntheit der Marken der Kl Feststellungen fehlen, können die geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche unter dem Gesichtspunkt einer gedanklichen Verknüpfung der konkurrierenden Zeichen sowie einer unlauteren Ausnutzung der Marken der Kl iSv Art 9 Abs 2 lit c UMV noch nicht abschließend beurteilt werden.

Der OGH hat die Rechtssache daher an das ErstG zur Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29585 vom 27.08.2020