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Medieninhaltsdelikt – örtliche Zuständigkeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

B-VG: Art 87

MedienG: § 40, § 41

Gemäß § 40 Abs 1 erster und dritter Satz MedienG ist für das Hauptverfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Medieninhaber seinen Wohnsitz, Aufenthalt oder Sitz hat. Liegen diese Orte im Ausland oder können sie nicht festgestellt werden, so ist der Ort maßgebend, von dem aus das Medium im Inland zuerst verbreitet, ausgestrahlt oder abrufbar gemacht wurde (§ 40 Abs 2 erster Halbsatz MedienG). Fehlt es auch an einem solchen, ist subsidiär jeder Ort zuständigkeitsbegründend, an dem das Medium im Inland verbreitet wurde oder empfangen oder abgerufen werden konnte (§ 40 Abs 2 zweiter Halbsatz MedienG).

Liegt – wie hier – der Wohnsitz des Medieninhabers (und zugleich Privatangeklagten) im Ausland und fehlt es außerdem an einem Ort, von dem aus das Medium im Inland verbreitet, ausgestrahlt oder abrufbar gemacht wurde, gelangt mit Blick auf die konstatierte Abrufbarkeit des in Rede stehenden Mediums im gesamten Bundesgebiet daher der Zuständigkeitstatbestand des § 40 Abs 2 zweiter Halbsatz MedienG zur Anwendung.

Da jeder Ort, an dem das Medium im Inland verbreitet wurde oder empfangen oder abgerufen werden konnte, die örtliche Zuständigkeit der (sachlich zuständigen; § 41 Abs 2 MedienG) LG begründet, war auch jenes Gericht, bei welchem fallbezogen die Privatanklage eingebracht wurde, örtlich zuständig. Eines Rückgriffs auf die Bestimmungen der StPO bedurfte es daher nicht. Der Umstand, dass gem § 40 Abs 2 zweiter Halbsatz MedienG mehrere oder auch sämtliche LG in Österreich als örtlich zuständige Gerichte angerufen werden können, ändert daran nichts.

Allein nach dem Wortlaut der Bestimmung („jeder Ort“) ist evident, dass die örtliche Zuständigkeit mehrerer Gerichte in Betracht kommen kann. Auch nach den Gesetzesmaterialien sollen für den Fall, dass sich die örtliche Zuständigkeit nach § 40 Abs 1 MedienG nicht bestimmen lässt, jene Gerichte zuständig sein, auf die sodann die Kriterien des Abs 2 leg cit zutreffen (EBRV 784 BlgNR 22. GP 26). Daher ist die Möglichkeit, dass eine Anklage bei einem von a priori mehreren örtlich zuständigen Gerichten eingebracht werden kann, im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (anders 12 Ns 64/18k in einem obiter dictum), und im Übrigen mit dem Recht auf den gesetzlichen Richter vereinbar (Art 87 Abs 3 B-VG).

OGH 4. 9. 2024, 15 Os 72/24p (15 Os 73/24k)

Entscheidung

Die Privatanklage wegen eines Posting mit dem Lichtbild des Privatanklägers und einem beleidigenden Begleittext, das der Privatangeklagte auf seiner öffentlich einsehbaren Facebook-Seite veröffentlicht hatte, wurde beim LG Linz einbracht.

Das LG Linz und das OLG Linz gingen übereinstimmend davon aus, dass der in der Privatanklage geschilderte Sachverhalt den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB als Medieninhaltsdelikt (§ 1 Abs 1 Z 12 MedienG) verwirkliche und die örtliche Zuständigkeit daher (zunächst) nach § 40 MedienG zu beurteilen sei. Auch sie kamen zum Ergebnis, dass fallbezogen von der Zuständigkeit sämtlicher LG auszugehen sei, gingen dann jedoch davon aus, dass zum Zweck der Lösung dieses „besonderen Konkurrenzfalls“ subsidiär die Bestimmungen der StPO zur Anwendung gelangten und letztlich der Wohnort des Privatanklägers ausschlaggebend sei (§ 36 Abs 3 dritter Satz StPO). Mit Blick auf die insoweit angenommene Zuständigkeit des LG Klagenfurt trat das LG Linz das Verfahren sodann an dieses Gericht ab.

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen die Beschlüsse des LG Linz und des OLG Linz mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36125 vom 27.11.2024