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Medieninhaltsdelikt: Veröffentlichung betr eingeleitetes Verfahren; Diversion

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MedienG: § 1, § 33, § 33a, § 34, § 36, § 37, § 38, § 41

StGB: § 111, § 117

StPO: § 35, § 71, §§ 198 ff

1. Gem § 37 Abs 1 MedienG hat das Gericht auf Antrag des (hier:) Privatanklägers mit Beschluss die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren anzuordnen, wenn anzunehmen ist, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdelikts hergestellt worden ist. Gegen diese Entscheidung steht die Beschwerde an das OLG zu (§ 37 Abs 3 iVm § 36 Abs 4 MedienG). Über einen Antrag nach § 37 Abs 1 MedienG ist demnach stets mit gesondert anfechtbarem Beschluss zu entscheiden (vgl auch § 41 Abs 1 MedienG iVm § 35 Abs 2 StPO).

Voraussetzung für die Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren nach § 37 Abs 1 MedienG ist (allein) die begründete Annahme (iS einer einfachen Wahrscheinlichkeit), dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdelikts hergestellt worden ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, darf der Antrag nur aus dem Grund des § 37 Abs 2 MedienG abgewiesen werden, dh wenn die Beschlagnahme (§ 36 MedienG) angeordnet wird.

Eine Beschlagnahme in Form der Löschung der entsprechenden Stellen der Website (§ 36 Abs 1 zweiter Fall MedienG) kann auf Antrag des Anklägers (§ 36 Abs 2 MedienG) angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass auf Einziehung nach § 33 (oder § 33a) MedienG erkannt werden wird, und wenn die nachteiligen Folgen der Beschlagnahme nicht unverhältnismäßig schwerer wiegen als das Rechtsschutzinteresse, dem die Beschlagnahme dienen soll (§ 36 Abs 1 erster Satz MedienG). Der Umstand, dass die Stellen der Website bereits gelöscht wurden, hindert die Anordnung der Beschlagnahme nicht (und den Ausspruch einer Einziehung im Urteil). Eine freiwillige Löschung der inkriminierten Stellen einer Website kann demnach einer gerichtlich angeordneten Beschlagnahme iSd § 36 MedienG nicht gleichgesetzt werden. Die Rechtsansicht, wonach hier die (freiwillige) Löschung des Facebook-Accounts und damit des inkriminierten Postings einer Beschlagnahme iSd § 36 (Abs 1 zweiter Fall) MedienG gleichstehe und insofern eine Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren nach § 37 Abs 1 MedienG nicht „erforderlich“ sei, ist – iS obiger Ausführungen – verfehlt.

Dem Umstand, dass ein periodisches Medium (§ 1 Abs 1 Z 2 MedienG), somit etwa eine Website (§ 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG), in dem das Medieninhaltsdelikt begangen wurde, im Zeitpunkt der Anordnung einer Veröffentlichung nach § 37 Abs 1 MedienG nicht mehr besteht, trägt das MedienG im Übrigen durch die Möglichkeit der Veröffentlichung der Mitteilung in einem anderen periodischen Medium Rechnung (vgl § 37 Abs 3 iVm § 34 Abs 5 erster Fall MedienG).

2. Diversion nach dem 11. Hauptstück der StPO (§§ 198 ff StPO) ist nur bei Straftaten zulässig, die von Amts wegen zu verfolgen sind: Gemäß § 199 StPO hat das Gericht nach Einbringen der Anklage wegen Begehung einer strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist, die für die Staatsanwaltschaft geltenden Bestimmungen der §§ 198, 200 bis 209b sinngemäß anzuwenden und das Verfahren unter den für die Staatsanwaltschaft geltenden Voraussetzungen bis zum Schluss der Hauptverhandlung mit Beschluss einzustellen. In Privatanklageverfahren (vgl § 71 StPO) – fallbezogen – wegen eines Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB (§ 117 Abs 1 erster Satz StGB) in Form eines Medieninhaltsdelikts (§ 1 Abs 1 Z 12 MedienG) kommt demnach eine diversionelle Verfahrensbeendigung durch das Gericht nicht in Betracht.

OGH 29. 6. 2023, 15 Os 37/23i (15 Os 38/23m)

Entscheidung

Steht schon vor der öffentlichen Verhandlung über die Berufung fest, dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Verhandlung in erster Instanz zu wiederholen ist (§ 470 Z 3 erster Fall StPO) oder mit Diversion nach dem 11. Hauptstück der StPO vorzugehen ist (§ 470 Z 3 zweiter Fall StPO), kann das OLG der Berufung bei nichtöffentlicher Beratung stattgeben, das erstinstanzliche Urteil aufheben und die Sache an das ErstG zurückweisen (§ 489 Abs 1 iVm § 470 Z 3 StPO [iVm § 41 Abs 1 MedienG]). Da in Privatanklageverfahren ein Vorgehen nach dem 11. Hauptstück der StPO ausgeschlossen ist, kommt in diesen Verfahren eine kassatorische Entscheidung des BerufungsG aus dem Grund des § 470 Z 3 zweiter Fall StPO nicht in Betracht.

Eine kassatorische Entscheidung gem § 470 Z 3 erster Fall StPO darf das BerufungsG, das schließlich selbst Tatsacheninstanz ist, nur dann treffen, wenn sich die Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen schon in nichtöffentlicher Sitzung ergibt (RIS-Justiz RS0101741; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 10.184; Ratz, WK-StPO § 470 Rz 3).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34376 vom 14.08.2023