Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der jusIT erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Nach § 3 Abs 1 PatG gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Den Stand der Technik bildet alles, was der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag der Anmeldung durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin eines Patents (angemeldet im Juni 2015) betreffend ein Verfahren zur Bearbeitung von zumindest zwei Werkstücken, die auf einem drehbaren Werkstückträger gespannt sind, samt Werkstückträger und Bearbeitungsmaschine hierfür. Bereits im Jahr 2009 wurde eine derartige Maschine in der Produktionshalle eines Unternehmens aufgestellt, bei dem ein Bewusstsein für die Existenz von Geschäftsgeheimnissen vorhanden ist. Dort wurden auch Führungen für Schulklassen und dergleichen gemacht. Besucher der Geschäftsleitung, Werkzeugtechniker und Monteure hatten direkten Einblick in die Maschine. Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das BerufungsG zu Recht bejaht, dass die Maschine bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Teilnehmer, Besucher der Geschäftsleitung des Aufstellungsunternehmens sowie die Werkzeugtechniker und Monteure einer Geheimhaltungspflicht unterworfen hätten. Die Beweispflicht für eine allfällige implizite Geheimhaltungsvereinbarung mit ihnen trägt der Patentinhaber (vgl EPA T 2037/18). Dieser Beweis wurde nicht erbracht.
Entscheidung
Auf einen Anscheinsbeweis der Geheimhaltungsvereinbarung aufgrund geschäftlicher Kontakte kann sich die Antragsgegnerin nicht berufen, zumal ein derartiger Anscheinsbeweis voraussetzt, dass für den Erfolg des Geschäfts notwendige Informationen von beiden Seiten eingebracht werden (vgl T 1686/06). Solches wurde hier nicht behauptet und festgestellt. Nach den Feststellungen erfolgte vielmehr eine Art „Leistungsschau“ für die Kunden der Geschäftsleitung des die Maschine aufstellenden Unternehmens, nicht hingegen das gegenseitige Einbringen von Informationen zur Entwicklung eines erfolgversprechenden Produkts, zumal dieses doch hier schon entwickelt war.
Wenn die Revisionswerberin moniert, dass das BerufungsG hinsichtlich der Kontrollierbarkeit der Zusammensetzung des Personenkreises, dem die Maschine zugänglich war, auf den Erfinder abgestellt hat statt auf den Erfindungsbesitzer (vgl die Rsp zu Op 2/12), trifft sie damit keinen entscheidungswesentlichen Punkt: Da die Besucher der Produktionshalle keiner Geheimhaltungspflicht unterlagen, war die Verbreitung der Erfindung für niemanden mehr kontrollierbar.
In Anbetracht all dieser Umstände ist das BerufungsG zutreffend von einer neuheitsschädlichen Offenbarung der Erfindung ausgegangen.