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Newsletter nach Erwerb von Kundenstock samt Webshop – Wettbewerbsverstoß?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

DSGVO: Art 6, Art 14

TKG 2003: § 107

UWG: § 1

Die Bekl hat in einem Insolvenzverfahren den Kundenstock der Insolvenzgesellschaft samt Online-Auftritt gekauft. Das vorliegende Sicherungsverfahren betrifft den Vorwurf, die Bekl habe sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil durch Rechtsbruch verschafft, und zwar durch Verstoß gegen § 107 TKG 2003, Art 6 DSGVO und Art 14 DSGVO. Sie habe Newsletter an Kunden des Webshops der Insolvenzgesellschaft versandt, die der Bekl gegenüber keine Einwilligung dazu erteilt hätten und von der Übernahme des Kundenstocks nicht informiert worden seien (Verstoß gegen § 107 Abs 2 TKG 2003). Die Bekl hätte die Daten mangels Vorliegens einer der Bedingungen nach Art 6 DSGVO nicht verarbeitet dürfen und die Empfänger der Newsletter zudem nach Art 14 DSGVO über den Erwerb der Daten von der Insolvenzgesellschaft informieren müssen.

Ein Rechtsbruchtatbestand iSd UWG ist nicht schon dann erfüllt, wenn nach der strengsten Auslegung einer Verhaltensnorm deren Verletzung zu begründen wäre, sondern nur dann, wenn die Verletzung der Norm nicht mit guten Gründen vertreten werden kann, also unvertretbar ist. Eine derartige Unvertretbarkeit wird von der Kl nicht aufgezeigt, und zwar für keinen der behaupeten Verstöße gegen TKG oder DSGVO:

Die Auffassung der Bekl, die Kunden der Insolvenzgesellschaft hätten schon bisher Sporternährungsprodukte über diese Website bezogen und seien durch den Erwerb des Kundenstocks der Insolvenzgesellschaft samt Online-Auftritt zu ihren eigenen Kunden geworden, ist auch nach dem Wortlaut des § 107 Abs 3 Z 1 TKG 2003 nicht unvertretbar (Erhalt der Kontaktinformationen iZm einem “Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden“). Dass hier nicht der Absender der Newsletter (die Bekl), sondern deren Rechtsvorgängerin die Kontaktinformationen erhalten hat, ändert beim gegebenen Sachverhalt an der Vertretbarkeit dieser Auffassung nichts.

Bescheinigt ist, dass sich die Kunden der Insolvenzgesellschaft iZm dem Bezug des Newsletters über deren Webshop mit der Weitergabe personenbezogener Daten ua für den Fall des Verkaufs des gesamten Unternehmens oder von Teilen davon einverstanden erklärt haben. Hat demnach die Bekl die Kundendaten ihrer Rechtsvorgängerin nur für genau jenen Zweck benutzt, für den die Kunden zuvor ihre Einwilligung erteilt haben (Versendung eines Newsletters über den identen Webshop), ist es nicht unvertretbar, diese Einwilligung als ausreichend iSd Art 6 Abs 1 lit a DSGVO zu erachten (Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zur Verarbeitung ihrer Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat). Nicht unvertretbar ist auch, die nach Art 14 DSGVO vorgeschriebenen Informationen in diesem Fall für entbehrlich zu halten, zumal die personenbezogenen Daten als Daten angesehen werden können, die “bei der betroffenen Person erhoben“ wurden – wenn auch nicht durch die Bekl selbst, sondern durch ihre Rechtsvorgängerin.

OGH 28. 9. 2021, 4 Ob 95/21f

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31638 vom 02.11.2021