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Persönlichkeitsverletzungen – internationale Zuständigkeit

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

EuGVVO 2012: Art 7

Jedenfalls dann, wenn – wie hier – ein Gesamtschaden geltend gemacht wird, kommt als Erfolgsort nur jener Ort in Betracht, an dem sich die Schädigung zuerst auswirkte. Folgewirkungen auf Person oder Vermögen des Geschädigten ließen dessen Wohnsitz auch dann nicht zum Erfolgsort werden, wenn sie gleichzeitig verwirklicht würden. Nach einem Wohnsitzwechsel des Geschädigten können Ansprüche aus einem bereits eingetretenen Gesamtschaden grds nicht vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats geltend gemacht werden, als vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der schädigende Erfolg bereits eingetreten ist.

OGH 25. 6. 2020, 6 Ob 215/19i

Entscheidung

Die Kl leitet ihren Anspruch auf Schmerzengeld, Unterlassung und Urteilsveröffentlichung aus zwei Artikeln ab, die – in niederländischer Sprache – auf Websites der Bekl veröffentlicht worden waren. Nach den Feststellungen wurde einer der beanstandeten Artikel im Februar 2008 auf einer Website der Bekl veröffentlicht. Die Kl lebte bis Anfang 2008 in den Niederlanden, lebte danach in verschiedenen europäischen Staaten und bekam im Jahr 2015 ihre derzeitige Wohnung in Österreich. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sie vor dem 29. 10. 2015 ihren Lebensmittelpunkt in Österreich gehabt hätte. Nach dem Verlassen der Niederlande war es der Kl nicht mehr gelungen, wieder beruflich Fuß zu fassen, was sie auf eine mediale Verleumdungskampagne zurückführt. Sie leidet seit dem Jahr 2008 an Depressionen.

Die Beurteilung des RekursG, dass die Kl einen Gesamtschaden geltend macht, der sich bereits im Jahr 2008 verwirklicht hat, steht im Einklang mit der Rsp. Nicht zu beanstanden ist auch die Beurteilung, dass zur Beurteilung des Unterlassungsanspruchs nur die Gerichte jenes Mitgliedstaats zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet sich im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung der Mittelpunkt der Interessen der betroffenen Person befunden hat. Dies entspricht der stRsp, wonach für die Geltendmachung eines Gesamtschadens nur jener Ort als Erfolgsort in Betracht kommt, an dem sich die Schädigung zuerst auswirkte (vgl 6 Ob 209/19g mwN, Rechtsnews 28570 = RdW 2020/210).

Gründe dafür, dass nach einem Wohnsitzwechsel des Geschädigten Ansprüche aus einem bereits in der Vergangenheit eingetretenen Gesamtschaden vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats geltend gemacht werden könnten, als vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der schädigende Erfolg bereits eingetreten ist, sind der Rsp nicht zu entnehmen und werden auch von der Revisionsrekurswerberin nicht aufgezeigt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29894 vom 05.11.2020