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Urheberrechtsverletzung – einstweilige Verfügung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

PatG: § 151b

UrhG: § 87c

§ 87c UrhG und § 151b PatG sind wortgleich; nach dem jeweiligen Abs 1 können einstweilige Verfügungen sowohl zur Sicherung des Anspruchs selbst als auch zur Sicherung von Beweismitteln erlassen werden. Zu 4 Ob 83/17k (= Rechtsnews 24606) hat der Senat bereits ausgesprochen, dass § 151b PatG nicht auf die Frage eines Patenteingriffs abstellt, sondern auf die Sicherstellung eventuell patentverletzenden Materials. Auch § 87c UrhG stellt somit nicht auf die Frage eines Urheberrechtseingriffs ab, sondern auf die Sicherstellung eventuell urheberrechtsverletzenden Materials.

OGH 24. 5. 2022, 4 Ob 6/22v

Sachverhalt

Mit ihrem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Beweissicherung (§ 87c Abs 1 und 3 UrhG) behauptet die Gefährdete, die Gegnerin greife in ihre Urheberrechte an der Maschinensoftware ein, die die Gefährdete außerhalb des EWR in Verkehr gebracht habe. Die Gegnerin habe solche Maschinen der Gefährdeten ohne deren Zustimmung in den EWR (nach Österreich) reimportiert und damit ihr nicht erschöpftes Verbreitungsrecht an dieser Software verletzt. Es sei sehr wahrscheinlich, dass sich solche Maschinen auf dem Betriebsgelände der Gegnerin befinden.

Das ErstG erließ die beantragte einstweilige Verfügung gem § 87c Abs 4 UrhG ohne Anhörung der Gegnerin und trug dieser im Wesentlichen auf, einem Sachverständigen samt Gerichtsvollzieher zu gestatten, ihr Betriebsgelände zu betreten, um dort Nachschau zu halten, ob sich dort die fraglichen Maschinen befinden. Die Gefährdete habe bescheinigt, dass die Gegnerin derartige Maschinen feilhalte, dass sich diese in Österreich befänden und dass auf den Festplatten dieser Maschinen sehr wahrscheinlich die von den Programmierern der Gefährdeten entwickelte Software aufgespielt sei. Das rechtliche Interesse der Gefährdeten an der Beweissicherung sei daher zu bejahen.

Im Zuge der Nachschau bei der Gegnerin wurden dem Sachverständigen fünf Festplatten übergeben, auf denen Software der Gefährdeten installiert ist.

Das RekursG bestätigte die einstweilige Verfügung des ErstG.

In ihrem Revisionsrekurs zeigt die Gegnerin keine erheblichen Rechtsfragen auf, weshalb der Revisionsrekurs vom OGH zurückgewiesen wurde. Soweit die Gegnerin geltend macht, die Bescheinigungsmittel der Gefährdeten würden den vom ErstG als bescheinigt erachteten Sachverhalt nicht tragen, verweist der OGH darauf, dass er auch im Provisorialverfahren nur Rechtsinstanz und nicht Tatsacheninstanz ist und von dem Sachverhalt auszugehen hat, den das RekursG als bescheinigt ansah. Im Übrigen hätte die Gegnerin behaupten und beweisen müssen, dass die betroffenen Waren von der Gefährdeten oder mit deren Zustimmung im EWR auf den Markt gebracht wurden; diese Bescheinigung hat sie jedoch nicht erbracht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32898 vom 08.08.2022