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Im vorliegenden Fall begehrt der klagende Verband (Träger eines Bezirkskrankenhauses [BKH]) vom – als Host-Provider zu beurteilenden – bekl Betreiber eines Online-Magazines (einer Online-Plattform für elektronische Medien) die Bekanntgabe von Namen und Adresse eines bestimmten Users, der einen Posting-Beitrag verfasst hatte (ua mit dem Inhalt „Abgesehen davon hört man immer öfter, dass man das BKH eher meiden soll, außer es ist ein Notfall!“), weil dessen Verurteilung nach § 1330 ABGB nicht gänzlich ausgeschlossen sei.
Nach § 18 Abs 4 ECG haben die in § 16 ECG genannten Diensteanbieter den Namen und die Adresse eines Nutzers ihres Dienstes, mit dem sie Vereinbarungen über die Speicherung von Informationen abgeschlossen haben, auf Verlangen dritten Personen zu übermitteln, sofern diese ein überwiegendes rechtliches Interesse an der Feststellung der Identität eines Nutzers und eines bestimmten rechtswidrigen Sachverhalts sowie überdies glaubhaft machen, dass die Kenntnis dieser Informationen eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtsverfolgung bildet. Der erkennende Fachsenat hat dazu bereits klargestellt, dass unter Namen und Adresse eines Nutzers iS dieser Bestimmung grundsätzlich dessen Vor- und Zuname und dessen Postanschrift, aber auch dessen E-Mail-Adresse zu verstehen sind.
Die nach § 1330 ABGB im Einzelfall notwendige Grenzziehung zwischen Tatsachenbehauptung, Werturteil und Wertungsexzess hat nicht im Herausgabe- bzw Auskunftsverfahren zu erfolgen, Voraussetzung für eine Verpflichtung des Host-Providers ist jedoch, dass eine Verurteilung des Posters nicht ausgeschlossen werden kann, also möglich sein muss. Dabei ist auf das Wissen eines juristischen Laien abzustellen, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Laie von sich aus erkennen kann, dass ein rechtswidriger Sachverhalt vorliegt, sondern ob ihm gegenüber die Glaubhaftmachung eines rechtswidrigen Sachverhalts gelungen ist; entscheidend ist daher, ob ein juristischer Laie nach entsprechendem Hinweis erkennen kann, dass eine Verurteilung nach § 1330 ABGB nicht auszuschließen, also möglich ist.
Im vorliegenden Fall hat der User nicht selbst dem BKH den Vorwurf gemacht, etwa schlechte ärztliche Leistungen zu erbringen oder Ähnliches, sondern in der Tagespresse von Verantwortlichen des BKH selbst erörterte Umstände wiedergegeben, nämlich dass das BKH von Patienten gemieden werde. Eine Verurteilung des Users erscheint damit – jedenfalls auch unter laienhafter Betrachtung – schon allein im Hinblick auf die subjektive Tatseite unmöglich.
OGH 27. 11. 2019, 6 Ob 156/19p
Entscheidung
Der klagende Verband hat sein Herausgabe- bzw Auskunftsbegehren grundsätzlich zutreffend auf § 18 Abs 4 ECG gestützt.
Die Bekl beruft sich in diesem Zusammenhang auf das Redaktionsgeheimnis des § 31 MedienG; dies bleib jedoch erfolglos.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von den bereits entschiedenen Fällen (vgl etwa 6 Ob 133/13x, Rechtsnews 16894 = RdW 2014/445; 6 Ob 188/14m, Rechtsnews 19024 = RdW 2015/222; 6 Ob 145/14p, Rechtsnews 19666 = RdW 2015/501; 6 Ob 12/17h, Rechtsnews 23484 = RdW 2017/365). Festgestellt wurde, dass die Kontrolle und somit die „Moderation“ des Forums so ausgestaltet ist, dass jeder Beitrag, den ein registrierter Nutzer posten möchte, zuerst von einem Mitarbeiter zur Kontrolle gelesen wird und dann erst zur Veröffentlichung freigegeben wird. Kontrolliert wird nach „Auffälligkeiten“. Bei der Kontrolle werden nach „Hausverstandskriterien“ (nicht beleidigend, nicht persönlich untergriffig und dergleichen) etwaig rufschädigendes, sexistisches und rechtsradikales Material aussortiert und gar nicht erst veröffentlicht. Diese Art von Kontrolle ist wertungsmäßig der Kontrolle auf „Auffälligkeiten“ durch ein Computerprogramm gleichzuhalten. Wie in den bislang entschiedenen Fällen gibt es nur eine Grobprüfung, die sich nicht wirklich mit den Inhalten auseinandersetzt. Sind die Kriterien aber grundsätzlich dieselben, dann macht es keinen Unterschied, ob die Kontrolle durch ein Computerprogramm (und dann nachgeschaltet bei Auffälligkeiten durch einen Journalisten) oder gleich durch Mitarbeiter durchgeführt wird. Es wird dadurch kein engerer Zusammenhang mit der journalistischen Tätigkeit hergestellt. Die Beiträge werden nicht mitgestaltet, es gibt keine journalistische Überprüfung des Geschriebenen und es gibt keinen Austausch zwischen dem Poster und dem Journalisten (in dem eine etwaige Vertraulichkeit zugesichert werden könnte). Die Postings werden unverändert oder eben gar nicht veröffentlicht. Es wird auch nicht kontrolliert, ob es einen unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit dem Artikel gibt, unter dem gepostet wird. Es liegt somit – so wie in den Vorentscheidungen – keinerlei echte „redaktionelle“ Tätigkeit vor, die durch das MedienG geschützt werden soll.
Das Klagebegehren blieb dennoch erfolglos. Da aufgrund der Äußerung des Users dessen Verurteilung nach § 1330 ABGB ausgeschlossen ist, konnte die die Bekl auch nicht nach § 18 ECG verpflichtet werden, seine Daten herauszugeben (vgl bereits oben im Leitsatz).