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Verweisender Markengebrauch

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

MarkSchG: § 10

Nach § 10 Abs 3 Z 3 MarkSchG gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke zu Zwecken der Identifizierung von oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, insb wenn die Benutzung der Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware oder einer Dienstleistung – etwa als Zubehör oder Ersatzteil – erforderlich ist, sofern dies den anständigen Gepflogenheiten im Gewerbe und Handel entspricht. § 10 Abs 3 Z 3 MarkSchG erlaubt somit – als Schutzschranke – im Allgemeinen einen verweisenden Markengebrauch va als erforderliche Bestimmungsangabe, sofern keine Funktionsbeeinträchtigung der Marke und keine unlautere Geschäftspraktik vorliegen.

Auf diese Weise soll das Interesse des Markeninhabers an einer möglichst weitgehenden Monopolisierung seines Kennzeichenrechts gegenüber jenem von anderen Verkehrsteilnehmern an der Verwendung von Angaben abgewogen werden, auf die sie iZm ihrem eigenen Angebot angewiesen sind. In einem solchen Fall muss der Markeninhaber hinnehmen, dass der Verwender von der Wertschätzung und Unterscheidungskraft der Marke faktisch profitiert.

Die Ausnahmebestimmung des § 10 Abs 3 Z 3 MarkSchG ist eng auszulegen. Bei der Beurteilung ist jedoch auf die konkrete Anwendung abzustellen und auf die Besonderheiten des Einzelfalls Bedacht zu nehmen. Ein generelles, in jedem Fall unumstößliches Verbot der Verwendung fremder Wort-Bild-Marken besteht nicht. Bei Ausschluss einer Funktionsbeeinträchtigung der Marke muss dem Drittanbieter die Bereitstellung einer nutzerfreundlichen und modern gestalteten Zusatzleistung ermöglicht werden. Ist die irrtümliche Annahme einer geschäftlichen Verbindung zwischen dem Verwender und dem Markeninhaber ausgeschlossen und dient die Markenverwendung für das Publikum klar ersichtlich nur dazu, dem Nutzer eine leichtere Auswahl unter vielen Markeninhabern zu ermöglichen (hier: Smartphone-App zur Verwaltung von Kundenkarten, wobei für die Darstellung der jeweiligen Kundenkarte die zugehörige Marke verwendet wird), so ist eine nutzerfreundliche technische Umsetzung grundsätzlich auch nicht als unlautere Geschäftspraktik zu qualifizieren.

OGH 22. 12. 2020, 4 Ob 205/20f

Entscheidung

Die Bekl, eine deutsche GmbH, betreibt eine Smartphone-App, in der die Nutzer ihre Kundenkarten verschiedener Anbieter speichern, verwalten und über ihr Smartphone verwenden können. Die Bekl bietet auf diese Weise eine Software als Zubehör zu Kundenkarten und Bonusprogrammen vieler anderer Unternehmen an.

Im Anlassfall wird durch die konkrete technische Umsetzung der App der Bekl nicht der Eindruck einer geschäftlichen Verbindung zwischen dieser und der Kl erweckt, weil die Bekl nicht nur die Jö-Kundenkarte, sondern auf dieselbe Weise auch Kundenkarten anderer Anbieter abbildet und zu diesem Zweck für die Darstellung der jeweiligen Kundenkarte die zugehörige Marke verwendet, sodass der Nutzer rasch und benutzerfreundlich seine Auswahl treffen kann.

Dadurch wird auch die Wirksamkeit von Werbemaßnahmen der Kl nicht geschmälert, weil die Jö-Kundenkarte nach dem vermittelten Eindruck eine von vielen Kundenkarten ist, die in der elektronischen Brieftasche der Bekl virtuell abgebildet werden. Werbung für die Jö-Kundenkarte erkennt der Verbraucher als Werbung speziell für diese Karte. Aus diesem Grund liegt auch keine schmarotzerische Ausbeutung vor.

Die Einbindung der Jö-Kundenkarte in die App der Bekl unter Verwendung der Wort-Bild-Marken der Kl zur Auswahl der Jö-Kundenkarte aus einer Vielzahl von anderen Kundenkarten ist ein Verweis auf eine Zusatzdienstleistung der Bekl und damit eine Bestimmungsangabe iSd § 10 Abs 3 Z 3 MarkSchG, die in der konkreten Ausgestaltung zulässig ist und keine unlautere Geschäftspraktik begründet.

Nach den Feststellungen kann der jeweilige Nutzer über die App der Bekl auf sein eigenes Jö-Kundenkonto zugreifen, wobei er zu diesem Zweck sein Jö-Kennwort und sein Jö-Passwort eingeben muss. Über die App wird somit lediglich der Zugang zum Jö-Kundenkonto hergestellt; die abrufbaren Informationen sind jene aus diesem Kundenkonto. Die App funktioniert somit nur als Anwendungstool für den Konto-Zugang. Auch dabei handelt es sich um eine Zusatzdienstleistung zur Jö-Kundenkarte der Kl. Für den Nutzer ist klar ersichtlich, dass er in sein Jö-Kundenkonto einsteigt, zumal er seine Zugangsdaten dafür verwenden muss, was ihm auch erklärt wird. Auch die Speicherung des Jö-Passworts in der App zur Erleichterung des Zugangs zum Jö-Kundenkonto ändert daran nichts.

Dieselben Überlegungen gelten für die Bewerbung der App der Bekl als Zusatz-Dienstleistung, indem sie die Funktionen ihrer App bildlich darstellt und dazu mehrere Kundenkarten von unterschiedlichen Anbietern abbildet, sofern kein Kundenkartenanbieter übermäßig, etwa blickfangartig in den Vordergrund gerückt oder dessen Ruf sonst unlauter ausgenützt oder beeinträchtigt wird.

Nach dem bescheinigten Sachverhalt hat die Bekl in ihrer Werbung einen Stapel von Kundenkarten abgebildet, wobei an der obersten Stelle die Jö-Kundenkarte positioniert war. Keines der abgebildeten Logos war im Vergleich zu den anderen besonders hervorgehoben. Davon, dass die Bekl die Klagsmarken blickfangartig in den Vordergrund gerückt hätte, kann demnach nicht ausgegangen werden. Außerdem wäre in dieser Hinsicht durch die abgegebene Unterlassungserklärung, die ein Angebot zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs enthält, auch die Wiederholungsgefahr weggefallen, weil die Unterlassungserklärung zutreffend auf eine solche blickfangartige Werbung mit den Klagsmarken abstellt (vgl dazu 4 Ob 156/20z, Rechtsnews 30248).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30330 vom 28.01.2021