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Der Kl ist Rechtsanwalt und vertrat als solcher den Autor in einem Strafverfahren. Der Autor übertrug dem Kl ein zeitlich unbeschränktes Werknutzungsrecht an seinen literarischen Werken und Rechte zur Bildnisverwertung. Die Vereinbarung sollte so lange gelten, bis der Kl die Kosten für die Vertretung des Autors zur Gänze hereingebracht hat. Auf diese Werknutzungsrechte stützt sich der Kl im vorliegenden Verfahren gegen die Bekl, die ua Tagebuchaufzeichnungen des Autors veröffentlicht hatte. Entgegen der Ansicht der Bekl ist die Honorarvereinbarung zwischen dem Autor und dem Kl hier nicht sittenwidrig: Soweit die Bekl die Honorarvereinbarung als sittenwidrig erachtet, weil es der Willkür des Kl obliege, ob er das Werknutzungsrecht ausübe oder nicht, hat bereits das BerufungsG darauf hingewiesen, dass das UrhG keine Ausübungspflicht des Nutzungsberechtigten kennt und eine solche auch nicht vereinbart wurde. Im Übrigen wäre es dem Autor gem § 29 Abs 1 UrhG möglich gewesen, den Vertrag über die Werknutzungsrechte wegen unzureichender Ausübung vorzeitig aufzulösen (was er nach den Feststellungen nicht getan hat).
Die Bekl moniert ua weiters, dass das BerufungsG von den gesetzlichen Auslegungsregeln des § 915 ABGB und den Ausführungen des Senats im Provisorialverfahren zu 4 Ob 191/19w (= Zak 2020/273) abweiche, sofern es die Vereinbarung auf künftige Werke beziehe. Allerdings war hier erst im Hauptverfahren der Wille der vertragschließenden Parteien feststellbar, wonach die Vereinbarungen alle geschaffenen und künftig zu schaffenden Werke beinhalten. Gemäß § 31 UrhG kann auch über erst zu schaffende Werke im Voraus gültig verfügt werden. Diese Bestimmung sieht darüber hinaus ein besonderes Kündigungsrecht nach fünf Jahren vor, für das kein unvorhergesehener wichtiger Grund vorliegen muss und das auf Verfügungen über alle nicht näher oder nur der Gattung nach bestimmten künftigen Werke anwendbar ist. Auch aus dem Umstand der Erstreckung des Werknutzungsrechts auf künftige Werke ist somit angesichts der im Gesetz explizit vorgesehenen Möglichkeit der Verfügung über erst zu schaffende Werke und angesichts der möglichen vorzeitigen Auflösung ebenfalls keine Sittenwidrigkeit abzuleiten.
Entscheidung
Nach den Feststellungen hat der Autor dem Kl gegenüber niemals erklärt, dass er das Werknutzungsrecht einschränke oder vorzeitig zurücknehme (§ 29 UrhG). Er erklärte nur in einer späteren „Vollmacht“ an die Bekl die Zession von Rechten an seinen Werken und Bildern an den Kl als nichtig und sprach aus, dass alle Rechte an die Bekl übergingen. Die Vorinstanzen sind daher vertretbar vom nach wie vor gegebenen aufrechten Bestand des Werknutzungsrechts des Kl ausgegangen.
Ebenso vertretbar ist die Verneinung der Verjährung der Honorarforderung des Kl; dies schon mangels Dartuung konkreter und nachvollziehbarer verjährungsbegründender Tatsachen durch die Bekl (vgl RS0034198). Der Kl konnte sein Honorar vom Autor, der vor rk Beendigung des Strafverfahrens starb, nicht einbringlich machen. Im Hinblick auf den aufrechten Bestand der Honorarforderung gehen auch die Revisionsausführungen zum angeblichen Sicherungscharakter des Geschäfts und dessen „Akzessorietät“ ins Leere.
Für die Annahme eines Wuchergeschäfts (§ 879 Abs 2 Z 4 ABGB) müssen bei dem durch das Geschäft Benachteiligten gewisse Verhältnisse oder Eigenschaften vorhanden sein, die ihn hindern, sein Interesse gehörig zu wahren. Das Vorliegen derartiger Voraussetzungen wurde im vorliegenden Einzelfall nicht dargetan.
Die Bekl beanstandet letztlich, dass das Unterlassungsbegehren zu unbestimmt und zu weit gefasst worden sei. Die Formulierung, wonach die Bekl „sämtliche vo[m] [Autor] verfassten Aufzeichnungen“ nicht mehr veröffentlichen dürfe, verstoße gegen das in §§ 42 ff UrhG normierte Zitatrecht.
An die Bestimmtheit von Unterlassungsbegehren sind nicht allzu strenge Maßstäbe anzulegen (Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 § 355 Rz 8/2), da in der Rsp anerkannt ist, dass dem Unterlassungsbegehren – wie hier – eine allgemeinere Fassung gegeben werden kann, um Umgehungen zu vermeiden (vgl RS0037733; RS0037607). Der Begriff „Aufzeichnungen“ ist in diesem Sinne noch vertretbar und verstößt nicht per se gegen das Zitatrecht der Bekl, wie sich schon aus dem Umfang ihrer Übernahme von Aufzeichnungen des Autors in den beanstandeten Werken ergibt, der jedenfalls jegliches Zitatrecht sprengt (vgl 4 Ob 37/22b, jusIT 2022/57).