Rezensionen

Bernhard Dengg et al (Hrsg), 4. JurOA Tagung 2022, in RuZ 2/2023. ISSN: 2699-1284 (Print); ISSN: 2942-3368 (Online); abrufbar unter <doi.org/10.5771/2699-1284-2023-2>.

Bearbeiterin: Elisabeth Staudegger

Die Rezension betrifft den Tagungsband zur 4. jurOA in Bern im September 2022. Sie gibt Gelegenheit, auf eine äußerst spannende Initiative im D/A/CH-Bereich hinzuweisen, die sich seit 2016 intensiv dem Nutzen neuer Technologien, Konzepte und Methoden im Rahmen von Open Access in den Rechtswissenschaften widmet.

jurOA, man darf das Akronym als Jura Open Access lesen, findet als interdisziplinäre internationale Tagung seit 2018 unter diesem Namen biennal im deutschsprachigen D/A/CH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) statt. Wissenschaftler:innen aus Recht, Informatik und verwandten Disziplinen sowie Mitwirkende aus dem Verlags- und Bibliothekswesen und der Forschungsförderung präsentieren und diskutieren die vielfältigen Möglichkeiten für Open Access in den Rechtswissenschaften und im Jura-/Jus-Studium. Die Bandbreite reicht von "klassischen" Online-Fachzeitschriften über Lehrmaterialsammlungen wie Fallbüchern bis hin zu Online-Kommentaren. Details sind auf der Website der jurOA gut nachlesbar dokumentiert (<https://juroa.de/>; besonders zu empfehlen ist die Interview-Reihe aus dem Jahr 2021 mit Stellungnahmen international bekannter Persönlichkeiten, wie zB Lawrence Lessig).

Nach dem Auftakt in Bern 2016 und Tagungen in Frankfurt/Main (2018) sowie der Pandemie-bedingten Online-Abhaltung 2020 fand die jurOA 2022 am 21./22. September 2022 wieder in Präsenz in Bern statt. Die Tagung (die Rezensentin durfte als Vertreterin aus Österreich im Organisationskomitee mitwirken) thematisierte Fragen rund um Open Access als Geschäftsmodell. Einleitend thematisierte Raffaela Kunz mit der Keynote "Open Access und Wissenschaftsfreiheit" klar die grundlegende und grundrechtliche Ausgangssituation. Die folgende, mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Fördergebern und Verlagen besetzte Podiumsdiskussion "Fördern oder nur fordern? Geschäftsmodelle und Finanzierung von Open Access in den Rechtswissenschaften" (in RuZ 2/2022 dokumentiert ab S 181 ff; sämtliche der folgend genannten Seitenzahlen beziehen sich auf diese Printausgabe) schärfte den monetären Fokus weiter, sodass Evin Dalkilic und Konstantin Gast dem wohlinformierten Publikum im Anschluss die Potenziale und Hindernisse einer nachhaltigen Finanzierung von Open Access in den Rechtswissenschaften am Beispiel qualitätsgesicherter Multi-Author-Blogs verdeutlichen konnten (S 92 ff). Aus österreichischer, RIS-gewohnter (und verwöhnter) Sicht befremdlich und irritierend war die eindrückliche Darstellung des kritischen Zugangs zu Gerichtsentscheidungen in Deutschland durch Anna Pingen und Ann-Kathrin Steger (S 205 ff). Ein weiterer thematischer Schwerpunkt war dem Zweitveröffentlichungsrecht gewidmet, das in Deutschland und Österreich - im Gegensatz zur Schweiz - bereits normiert ist. Während Dario Haux und Georg Fischer noch den schweizerischen Weg dorthin diskutierten (S 116 ff), konnte Sebastian Schwamberger die Situation in Österreich und Deutschland bereits vergleichend instruktiv gegenüberstellen (S 223 ff). Die Podiumsdiskussion dazu (dokumentiert ab S 154) machte wie schon der Vortrag deutlich, dass das Zweitverwertungsrecht trotz zwingender Ausgestaltung sowohl in § 37f öUrhG als auch in § 32b dUrhG in der Praxis kaum genutzt wird.

Der zweite Tag war - in jurOA-Tradition - Best Practices gewidmet. Die Zuhörer:innen erfuhren durch Daniel Brugger den aktuellen Stand des frei zugänglichen Online-Kommentars in der Schweiz (S 135), begrüßten mit Leonie Jüngels die Möglichkeit einer OA-Schriftenreihe für herausragende Dissertationen (S 149 ff), diskutierten lebhaft mit Saskia Ebert und Nikolas Eisentraut OpenRewi als Initiative für eine offene Rechtswissenschaft (S 141 ff) und lernten von Elisabeth Kaban und Sina Krottmaier das am Zentrum für Informationsmodellierung an der Universität Graz implementierte eABGB (S 164 ff) kennen.

Insgesamt zeigte sich die jurOA neuerlich als ein Raum äußerst weltoffener Ansätze in den Rechtswissenschaften, in dem Neues und Altes von Arrivierten und Newcomern präsentiert und diskutiert werden kann. Umso schmerzlicher traf alle der zeitnahe Verlust von Daniel Hürlimann. Ihm wird als einem der Gründungsväter der jurOA mit dem Professor-Hürlimann-Gedenkstipendium ein nachhaltiges, würdiges Andenken bewahrt.

Die jurOA 2024 wird am 1. und 2. Oktober 2024 in Berlin stattfinden.

Artikel-Nr.
jusIT 2024/59

02.05.2024
Heft 2/2024