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Die COVID-19-Pandemie hat bisher beispiellose Maßnahmen der Bundesregierung notwendig gemacht, die weitreichende Konsequenzen für die Rechtspflege und das Wirtschaftsleben entfalten. Um die ärgsten Folgen abzumildern, wurde in Rekordzeit ein Maßnahmenpaket geschnürt, das als 2. COVID-19-Gesetz (BGBl I 2020/16) bereits am 22. 3. 2020 in Kraft getreten ist. Ein zweites Maßnahmenpaket folgte mit den COVID-19-Gesetzen 3 bis 5, die am 5. 4. 2020 in Kraft getreten sind. Dieser Beitrag stellt die wichtigsten Inhalte im Bereich des Zivil- und Wirtschaftsrechts dar.
Die COVID-19-Pandemie hat zu drastischen Maßnahmen der Bundesregierung geführt, die insb in den beiden Maßnahmenverordnungen BGBl II 2020/96 (Vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19) und BGBl II 2020/98 (Verordnung gem § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes) festgelegt sind. Beide Verordnungen haben ihre Grundlage in Art 8 des (aus heutiger Sicht: ersten) COVID-19-Gesetzes (BGBl I 2020/12), das in einer historischen Sitzung des Nationalrats am Sonntag, den 15. 3. 2020 beschlossen wurde, noch am selben Tag den Bundesrat passierte, vom Bundespräsidenten unterfertigt und im BGBl verlautbart wurde, sodass es zeitgleich mit den beiden Verordnungen am 16. 3. 2020 in Kraft trat. § 1 des mit diesem Paket beschlossenen COVID-19-Maßnahmengesetzes1 ermöglicht es dem BMASGK, mit Verordnung das Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu verbieten (das geschah mit der VO BGBl II 2020/96); später wurde die Verordnungsermächtigung auf Arbeitsorte2 erstreckt. § 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes ermächtigt den BMASGK, mit Verordnung das Betreten von bestimmten Orten zu verbieten, wenn sich das Verbot auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt (das geschah durch die VO BGBl II 2020/98).
Beide Verordnungen wurden zunächst bis zum Ablauf des 22. März 2020 erlassen zunächst bis zum 13. April 2020, mittlerweile jedoch bis (nach heutigem Stand) 30. April 2020 verlängert.
Die "§ 1-Maßnahmen-VO" BGBl II 2020/96 verbietet das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben, mit einem taxativen Ausnahmenkatalog etwa für Apotheken, den Lebensmittelhandel, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen und andere Bereiche. Auch "Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Rechtspflege" sind nicht erfasst; also dürfen etwa Anwalts- und Notariatskanzleien weiterhin betreten werden.
Die "§ 2-Maßnahmen-VO" BGBl II 2020/98 verbietet das Betreten öffentlicher Orte. Mit dieser Verordnung wurde "mittelbar" auch das Arbeiten zu Hause geregelt, denn das Betreten öffentlicher Orte zu beruflichen Zwecken ist nur dann erlaubt, soweit sichergestellt ist, dass am Ort der beruflichen Tätigkeit zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter eingehalten werden kann. Aufgrund der öffentlichen Berichterstattung haben sich dann viele Unternehmer entschlossen, ihre Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten zu lassen.
Wenn in den COVID-Gesetzespaketen an mehreren Stellen von "Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden", die Rede ist, so sind in erster Linie die mit diesen beiden Verordnungen geregelten Maßnahmen gemeint, die ein weitgehendes "Herunterfahren" des öffentlichen Lebens zur Folge haben. Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind enorm: Die Unternehmen leiden nicht nur unter den massiven Umsatzeinbußen durch die "§ 1-Maßnahmen-VO", sondern es wurden auch Baustellen etc geschlossen, auf denen der Abstand von einem Meter nicht garantiert werden kann. Viele Arbeitnehmer waren als Folge von Kündigung bedroht und geraten nun ihrerseits in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Die Justizministerin hat am 13. 3. 2020 mitgeteilt,3 dass sich der Parteienverkehr ab 16. 3. 2020 auf die elementaren, durch
die Verfahrensgesetze gewährleisteten Verfahrens- und Parteienrechte beschränkt. Amtshandlungen erfolgen nur über entsprechende telefonische Voranmeldung und sollen tunlichst telefonisch oder durch E-Mail abgewickelt werden. Mündliche Verhandlungen sollen nur abgehalten werden, soweit es zur Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege unbedingt erforderlich ist. Alle Bediensteten, deren Anwesenheit zur Aufrechterhaltung des Gerichtsbetriebs im erforderlichen Mindestmaß nicht unbedingt notwendig ist, haben von zu Hause aus zu arbeiten. Damit war klar, dass ab diesem Zeitpunkt nur ein "Notbetrieb" aufrechtzuerhalten ist, und es mussten gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden, damit der Bevölkerung aus dieser Situation kein Rechtsnachteil erwächst.
Schon seit der Stammfassung der ZPO regelt § 161, dass dann, wenn "infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses die Thätigkeit eines Gerichtes auf[hört]", das Verfahren in allen bei diesem Gericht anhängigen Rechtssachen für die Dauer jenes Zustandes unterbrochen wird. Für den Fall des gänzlichen Stillstands gibt es also eine Regelung, aber nicht für einen "Notbetrieb", wie er durch die Mitteilung der Justizministerin ab 13. 3. 2020 de facto herrscht. Aus diesem Grund regelt § 1 1. COVID-19-JuBG,4 dass alle verfahrensrechtlichen Fristen5 unterbrochen werden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens (22. 3. 2020) noch laufen oder ab diesem Zeitpunkt beginnen. Die so unterbrochenen Fristen beginnen ab dem 1. 5. 2020 neu zu laufen;6 dieser Zeitpunkt kann durch Verordnung der Justizministerin noch nach hinten verschoben werden (§ 8 1. COVID-19-JuBG).
Das gilt zunächst einmal für alle Verbesserungsaufträge oder Rechtsmittel, sodass eine unmittelbare Reaktion nicht mehr zwangsläufig geboten ist. Zu den materiellrechtlichen Fristen, die zB durch eine Klageerhebung unterbrochen werden müssen, siehe unten Punkt 4.1.
In gleicher Weise werden alle bei einer Verwaltungsbehörde anhängigen Verfahren, wenn die Verwaltungsverfahrensgesetze (AVG, VStG, VVG) - und sei es auch nur subsidiär - anzuwenden sind, unterbrochen (§ 1 COVID-19-VwBG)7; das Gleiche gilt für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in denen zumindest auch das AVG (allenfalls kraft Weiterverweisung, wie im VStG, AgrVG oder DVG) anzuwenden ist,8 und im Verfahren vor dem VwGH und VfGH (§ 6 COVID-19-VwBG). Damit sind insb die Fristen zur Erhebung einer Beschwerde oder Revision unterbrochen.
Eine ganz ähnliche Fristenunterbrechung sieht § 323c BAO für die Abgabenverfahren vor, allerdings werden hier die Fristen nicht erst mit dem Inkrafttreten des 2. COVID-19-Gesetzes, also mit dem 22. 3. 2020, unterbrochen, sondern bereits mit dem 16. 3. 2020.
Ausgenommen sind in beiden Bereichen verfassungsgesetzlich festgelegte Höchstfristen, wie zB in der Justiz in Verfahren über die Aufrechterhaltung einer freiheitsentziehenden Maßnahme (Art 6 des BVG über die persönliche Freiheit) nach dem EpG, dem UbG oder dem HeimAufG. Im Justizbereich ist das Insolvenzverfahren ausgenommen; diese Ausnahme wurde erst durch § 7 Abs 1 2. COVID-19-JuBG eingefügt. Fristen im Insolvenzverfahren, die bereits durch das 1. COVID-19-JuBG unterbrochen wurden, beginnen am Tag des Inkrafttretens (5. 4. 2020) neu zu laufen (wobei dieser Tag bereits der erste Tag der Frist ist). Im Verwaltungsverfahren sind die Fristen nach dem EpG ausgenommen sowie die Überprüfungsfristen im Zusammenhang mit einer Schubhaft (§ 80 Abs 6 FPG, § 22a BFA-VG); zum Vergabeverfahren siehe gleich. Die Entscheidungsfristen im Verwaltungsverfahren wurden nicht unterbrochen, sondern gehemmt: Hier werden die 40 Tage von 22. 3. 2020 bis Ablauf des 30. 4. 2020 nicht in die Frist eingerechnet, und zusätzlich verlängert sich die Entscheidungsfrist um sechs Wochen (es sei denn, die Entscheidungsfrist selbst ist kürzer: § 2 Abs 1 COVID-19-VwBG).
In den Fällen, in denen die Frist unterbrochen ist, kann das Gericht (mit unanfechtbarem Beschluss) oder die Verwaltungsbehörde in Ausnahmefällen anordnen, dass eine Frist nicht unterbrochen wird. Im Insolvenzverfahren ist das umgekehrt: Hier kann das Gericht die Frist auf Antrag oder von Amts wegen um bis zu 90 Tage verlängern9 (§ 7 Abs 2 2. COVID-19-JuBG).
Für das Vergabeverfahren hat das COVID-19 Begleitgesetz Vergabe,10 das mit dem 4. COVID-19-G beschlossen und am 5. 4. 2020 in Kraft getreten ist, die Fristenunterbrechung des COVID-19-VwBG teilweise wieder zurückgenommen und durch eigene Regelungen ergänzt. Im Nachprüfungsverfahren läuft die zunächst wirksam gewordene Fristunterbrechung mit 6. 4. 2020 aus; die Fristen beginnen daher schon am 7. 4. 2020 wieder neu zu laufen (statt erst am 1. 5. 2020). Dies deshalb, weil bei einer Fristenunterbrechung die Auftraggeber womöglich mit der Abwicklung zuwarten könnten, was den Erläuterungen zufolge zu unabsehbaren negativen wirtschaftlichen Konsequenzen führen könnte. Nicht betroffen von dieser Rücknahme der Fristenunterbrechung sind Feststellungsanträge, für die weiterhin das Regime des COVID-19-VwBG gilt.
Falls bei einem Gericht nicht einmal mehr der "Notbetrieb" aufrechterhalten werden kann, etwa weil es in einem abgeriegelten Gebiet liegt, ordnet § 161 ZPO - wie bereits erwähnt - an, dass alle Rechtssachen unterbrochen sind. Nach § 4 Abs 1 1. COVID-19-JuBG ist diese Tatsache auf der Website des Bundesministeriums für Justiz bekannt zu machen ist. Gleiches gilt im Fall von Verwaltungsbehörden; hier hat die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde die Bekanntmachung vorzunehmen (§ 4 Abs 1 COVID-19-VwBG). Sinnvollerweise wird in dieser Bekanntmachung auch anzugeben sein, ab wann dieser Stillstand besteht.
§ 4 Abs 2 1. COVID-19-JuBG ermöglicht es, dass eine Partei beim übergeordneten Oberlandesgericht beantragt, ein anderes Gericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen; diesem Antrag ist stattzugeben, wenn Verfahrenshandlungen dringend geboten sind, um eine Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder einen erheblichen und unwiederbringlichen Schaden einer Verfahrenspartei abzuwehren. Dieselbe Möglichkeit besteht auch im Verwaltungsverfahren für die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde bzw für den VwGH, wenn es sich um den Stillstand bei einem Verwaltungsgericht handelt.
Anhörungen und mündliche Verhandlungen sind in der Justiz nur abzuhalten, wenn es zur Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben, Sicherheit und Freiheit oder zur Abwehr eines erheblichen und unwiederbringlichen Schadens einer Verfahrenspartei dringend geboten ist (§ 3 1. COVID-19-JuBG, selbst dann nach einer Interessenabwägung); im Verwaltungsverfahren dann, wenn es zur "Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege" unbedingt erforderlich ist (§ 3 COVID-19-VwBG). Gleiches gilt für die Erteilung und Durchführung von Vollzugsaufträgen sowie für die Protokollierung mündlicher Anbringen. Und selbst dann kann eine Anhörung oder mündliche Verhandlung auch ohne persönliche Anwesenheit aller Beteiligten unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel vorgenommen werden. In den Erläuterungen ist dazu ausgeführt, dass in erster Linie an technische Kommunikationsmittel zur Wort- und Bildübertragung, also insb eine Videokonferenz, zu denken ist.11 Im Einzelfall soll aber auch eine Telefonkonferenz oder Anhörung via Telefon ausnahmsweise möglich sein. Dabei ist besonderes Augenmerk auf die Identitätsfeststellung zu legen.12 Zum Vergabeverfahren führen die Erläuterungen aus, dass das Verwaltungsgericht die Verwendung eines allgemein zugänglichen Kommunikationsprogramms vorschreiben kann.13
Zustellungen wurden insoweit vereinfacht, als für die Dauer, in der Fristen nach den in Punkt 2.1. genannten Regelungen unterbrochen sind,14 für die Zustellungen mit Zustellnachweis bestimmte Erleichterungen vorgesehen sind (§ 26a ZustG). Das Dokument wird dem Empfänger zugestellt, indem es in den Briefkasten eingelegt oder an der Abgabestellung zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt (außer bei Abwesenheit des Empfängers: hier am Tag nach der Rückkehr). Der Zusteller hat, soweit ihm das ohne Gesundheitsgefährdung möglich ist, den Empfänger oder eine mit diesem in Verbindung stehende Person schriftlich (Zurücklassung einer Verständigung an der Eingangstüre), mündlich (Gegensprechanlage) oder telefonisch von der Zustellung zu verständigen. All dies ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis zu beurkunden. Eine elektronische Beurkundung der Zustellung (§ 22 Abs 4 ZustG) ist vom Zusteller selbst vorzunehmen.
Aufgrund dieser Bestimmung im Zustellgesetz wurde die ursprünglich in § 3 1. COVID-19-JuBG getroffene Anordnung, dass gerichtliche Erledigungen nur in dringenden Fällen abzufertigen sind, wieder aufgehoben und durch eine Verordnungsermächtigung für gerichtliche Zustellungen ersetzt (Art 32 4. COVID-19-G). Für das Insolvenzverfahren wurde angeordnet, dass eine besondere Zustellung für die Zeit der Fristunterbrechung an Gläubiger unterbleiben kann; der wesentliche Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks ist in der Insolvenzdatei bekannt zu machen. Gläubigern, die es verlangen, ist eine Ausfertigung einer Entscheidung zuzustellen (§ 8 2. COVID-19-JuBG).
Von Anfang an stand das Insolvenzrecht im Fokus der Begleitmaßnahmen, da aufgrund der "§ 1-Maßnahmen-VO" BGBl II 2020/96 Betriebsstätten nicht mehr betreten werden durften, was für viele Unternehmen einen plötzlichen und nachhaltigen Umsatzausfall zur Folge hatte. Die Maßnahmen versuchen, den Unternehmen etwas Zeit zu verschaffen, bis sie die staatlichen Hilfen beantragen können, mit deren Hilfe die Insolvenzgefahr etwas abgemildert werden kann.
Eine erste Maßnahme im Bereich des Insolvenzverfahrens wurde mit § 5 1. COVID-19-JuBG gesetzt: Da Schuldner oft nicht in der Lage sein werden, die Quoten des Sanierungsplans rechtzeitig zu erfüllen, treten die Rechtsfolgen des Verzugs bei einer Mahnung des Gläubigers ab dem 22. 3. 2020 bis zum 30. 4. 2020 nicht ein. Damit wird vermieden, dass bei einer schriftlichen Mahnung des Gläubigers die Forderung wiederauflebt, was bei Mahnungen mehrerer Gläubiger zu einer neuerlichen Insolvenz führen könnte. Mit § 11 2. COVID-19-JuBG wurde dann auch die Möglichkeit einer Stundung der Zahlungsplanraten bis höchstens neun Monate eingeführt.
Als erste Maßnahme zur Aufschiebung möglicher Insolvenzen wurde mit dem 1. COVID-19-JuBG die Frist für den Insolvenz-Eigenantrag des Schuldners von 60 auf 120 Tage verlängert (§ 69 Abs 2a IO). Mit § 9 2. COVID-19-JuBG wurde schließlich die Insolvenzantragspflicht des Schuldners wegen Überschuldung überhaupt ausgesetzt, wenn eine rechnerische Überschuldung im Zeitraum vom 1. 3. 2020 bis zum Ablauf des 30. 6. 2020 eintritt. Während dieses Zeitraums entfällt auch die an die Überschuldung anknüpfende Haftung des Vorstands einer AG gem § 84 Abs 3 Z 6 AktG. Auch ein Gläubigerantrag führt nicht zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen Überschuldung; die Pflicht zur Antragstellung des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt aber aufrecht. Die Maßnahme soll dem Gedanken Rechnung tragen, dass bei vielen Unternehmen aufgrund der aktuellen Lage eine rechnerische Überschuldung eintreten könnte, gleichzeitig aber eine valide Fortbestehensprognose wegen der unsicheren Marktsituation nicht durchgeführt werden kann. Wenn der Schuldner bei Ablauf des 30. 6. 2020 (immer noch) überschuldet ist, so hat er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf des 30. 6. 2020 oder 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung, je nachdem, welcher Zeitraum später endet, zu beantragen.
Ein weiteres Problem ist, dass Banken ohne Sicherheiten davor zurückschrecken könnten, Überbrückungskredite zu gewähren, wenn die Rückzahlung des Kredits nach § 31 IO angefochten werden könnte. § 10 2. COVID-19-JuBG schließt daher die Anfechtung von Rückzahlungen aus, die sofort nach Erhalt einer COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe gem § 37b AMSG an die Banken geleistet wurden, wenn der Kredit nicht besichert war und die Bank die Zahlungsunfähigkeit nicht kannte. Für besicherte Kredite sieht § 16 2. COVID-19-JuBG eine Erleichterung bei den Gerichtsgebühren vor: Pfandrechte zur Besicherung von Darlehen, die ausschließlich zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Grundbuch eingetragen werden, sind bis 1. 7. 2020 von den Gerichtsgebühren befreit.
Auch die Kreditgewährung eines Gesellschafters an die Gesellschaft wurde vorübergehend dadurch erleichtert, dass ein Kredit, der ab 5. 4. 2020 bis zum Ablauf des 30. 4. 2020 für nicht mehr als 120 Tage gewährt wird, nicht als eigenkapitalersetzend iSd § 1 EKEG gilt (§ 13 2. COVID-19-JuBG).
Die Unterbrechung der verfahrensrechtlichen Fristen stellt zwar sicher, dass keine Rechtsmittel in der Krisenzeit ergriffen werden müssen, doch wenn eine materiellrechtliche Frist in der Krisenzeit abläuft, muss dennoch ein Rechtsbeistand aufgesucht und allenfalls ein Antrag oder eine Klage bei Gericht eingebracht werden. § 2 1. COVID-19-JuBG ordnet daher an, dass die Zeit vom 22. 3. 2020 bis zum Ablauf des 30. 4. 2020 (das sind genau 40 Tage)15 nicht in die Zeit eingerechnet wird, in der bei einem Gericht eine Klage oder ein Antrag zu erheben oder eine Erklärung abzugeben ist. Auch diese Frist kann bei Bedarf mit Verordnung verlängert werden.
Die Fristenhemmung gilt für alle Fristen, die entweder
a) | vor dem 22. 3. 2020 zu laufen begonnen haben und zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen sind (dann verlängert sich die Frist um 40 Tage) oder |
b) | zwischen dem 22. 3. 2020 und dem 30. 4. 2020 (vorbehaltlich einer Verlängerung durch Verordnung) zu laufen beginnen (dann verlängert sich die Frist um den Zeitraum vom Beginn der Frist bis zum Ablauf des 30. 4. 2020). |
Der Lauf von Fristen, die erst nach dem 30. 4. 2020 beginnen, wird durch die Bestimmung nicht berührt. Sobald die Frist aber einmal verlängert wurde, fällt diese Verlängerung mit Außerkrafttreten des Gesetzes nicht weg.16
Gleichlautend sieht § 2 Abs 1 COVID-19-VwBG vor, dass diese Zeit auch in die Frist, innerhalb der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs 8 AVG) bei einer Verwaltungsbehörde zu stel-
len ist (Z 1), oder in verwaltungsrechtliche Verjährungsfristen (Z 3) nicht eingerechnet wird. Zur Fristenhemmung bei Entscheidungsfristen (Z 2), die eigentlich verfahrensrechtliche Fristen sind, siehe bereits oben Punkt 2.1. Auch die Fristenhemmung wurde für bei einem Verwaltungsgericht einzubringende verfahrenseinleitende Anträge im Vergabeverfahren über die Nachprüfung wieder zurückgenommen; sie endet mit 5. 4. 2020 (§ 3 COVID-19-Begleitgesetz Vergabe).
Damit werden bspw um 40 Tage verlängert: Verjährungsfristen, die Frist für die Besitzstörungsklage nach § 454 ZPO, die Anrufung des Gerichts gegen einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers nach § 67 Abs 2 ASGG oder die Anrufung der Schlichtungsstelle nach § 40 MRG, aber auch die Frist für die Einreichung eines Jahresabschlusses nach § 277 Abs 1 UGB (siehe dazu noch Punkt 5.2.). Wie das 2. COVID-19-JuBG klarstellt, verlängert sich auch der grundbücherliche Rangordnungsbeschluss um diese Zeit (§ 12 2. COVID-19-JuBG).
Unabhängig davon sieht § 170 Abs 2 ArbVG eine eigene Fristenverlängerung für die Kündigungsanfechtung bei Gericht vor, was eigentlich durch die horizontale Bestimmung des § 2 1. COVID-19-JuBG gar nicht notwendig gewesen wäre; darüber hinaus beginnt die Fristenhemmung nach ArbVG schon am 16. März 2020, dauert also um sechs Tage länger.17 Dasselbe gilt für Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz (§ 60 GlBG). § 46a des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes hemmt überhaupt nur die 14-tägigen Fristen nach § 20 Abs 1 oder 4 (zB der gerichtlichen Kündigungsanfechtung) und lässt die übrigen (meist sechsmonatigen Fristen) unberührt (wodurch diese in die allgemeine Regelung des § 2 1. COVID-19-JuBG fallen).
Eine weitere Sonderbestimmung sieht § 18b Abs 2 AVRAG vor, die generell den Fortlauf von laufenden gesetzlichen, kollektivvertraglichen und vertraglichen Verjährungs- und Verfallsfristen betreffend Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ab dem 16. März 2020 bis zum 30. April 2020 hemmt.
Auch die Fortlaufshemmung in Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes dauert vom 16. 3. 2020 bis zum 30. 4. 2020 (§ 1 Art 39 4. COVID-19-G) und betrifft insb die Fristen für die Erhebung eines Einspruchs (§ 102 Abs 3 PatG), eines Widerspruchs (§ 29a MSchG), für die Einreichung eines Aberkennungsantrages (§ 49 Abs 3 PatG) und für die Prioritätsfrist. Für die Anfechtung von Entscheidungen des Patentamts beim OLG Wien gelten wiederum die Fristenunterbrechungen des § 1 1. COVID-JuBG, für behördliche Fristen gilt die Verordnung der Präsidentin des Patentamtes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 hinsichtlich der Einbringung und dem Einlangen von Eingaben sowie behördlicher Fristen (PatentamtsCOVID-19-Verordnung, PBl 2020, S 1 vom 26. März 2020).
Alle diese Fristen können mit Verordnung des/der jeweils zuständigen Bundesministers/Bundesministerin verlängert werden; es bleibt zu hoffen, dass bei einer allfälligen Verlängerung ein koordiniertes Vorgehen stattfindet, um das Fristengewirr nicht noch zu verschärfen.
Mit dem 2. COVID-19-JuBG sind weitere materiellrechtliche Bestimmungen getroffen worden, die allesamt zum Ziel haben, einen Schuldner, der "als Folge der COVID-19-Pandemie in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist",18 vor den negativen Folgen eines Zahlungsverzugs bei Verträgen, die vor dem 1. 4. 2020 geschlossen wurden,19 zu schützen. Es sind dies im Einzelnen folgende Maßnahmen:
1) | Bei einem Mietzinsrückstand für Wohnungsmieten aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 gibt es eine Kündigungssperre (§ 1 2. COVID-19-JuBG), ganz ähnlich wie das in Deutschland beschlossen worden ist.20 Die Regelung gilt - anders als in Deutschland - nicht für Geschäftsraummieten oder Pachtverträge. Sie tritt mit Ablauf des 30. 6. 2022 wieder außer Kraft; wird der Zahlungsrückstand aus dieser dreimonatigen Periode bis dahin nicht beglichen, kann der Vermieter wieder eine Kündigung aussprechen. Bis Ende des Jahres 2020 können die Mietzinsrückstände aus dieser dreimonatigen Periode auch gerichtlich nicht geltend gemacht werden (temporäre Aussetzung der Klagbarkeit). Anders als bei Kreditverträgen (siehe dazu gleich) wird zwar die Fälligkeit nicht hinausgeschoben; dem Mieter kommen aber für die Rückstände aus dieser Periode die Begünstigungen des § 3 zugute (keine Verzugszinsen oder Inkassokosten; siehe dazu gleich). Zusätzlich kann ein dem MRG unterliegender, befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30. 3. 2020 und vor dem 1. 7. 2020 abläuft, abweichend von § 29 MRG (der eine Verlängerung nur um mindestens drei Jahre zulässt) schriftlich (allerdings einvernehmlich) bis zum Ablauf des 31. 12. 2020 oder für einen kürzeren Zeitraum verlängert werden. Ein Mieter, gegen den bereits ein Räumungstitel existiert, kann nach § 6 2. COVID-JuBG einen Antrag auf Aufschiebung der Räumungsexekution nach § 349 EO stellen, dem ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung stattzugeben ist, wenn die Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unentbehrlich ist, es sei denn, die Räumung ist zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers unerlässlich. |
2) | Auch der dreimonatige Zahlungsaufschub für Verbraucherkreditverträge (§ 2 2. COVID-19-JuBG) geht auf das deutsche Die Begleitgesetzgebung zu den COVID-19-Maßnahmen im Zivil- und Wirtschaftsrecht - Anfang Seite 233 Vorbild zurück. Wenn der Verbraucher von diesem Moratorium Gebrauch macht, also die Kreditraten nicht bedient, und auch keine Vereinbarung mit der Bank über eine abweichende Gestaltung zustande kommt, dann verlängert sich der Vertrag automatisch um drei Monate. Diese Regelung gilt auch für Kleinstunternehmen iSd Empfehlung 2003/361/EG der Kommission,21 also im Wesentlichen für Unternehmen mit weniger als zehn Arbeitnehmern und entweder einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens 2 Mio €. |
3) | Für einen Zahlungsverzug zwischen 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 können ganz generell höchstens die gesetzlichen Zinsen von 4 % (§ 1000 Abs 1 ABGB) in Rechnung gestellt werden; der Schuldner ist auch nicht verpflichtet, die Kosten von Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen zu ersetzen (§ 3 2. COVID-19-JuBG). Diese Regelung gilt für Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen; auch sie tritt am 1. 7. 2022 wieder außer Kraft, bis dahin sollten also die Rückstände aus dieser dreimonatigen Periode nachgezahlt werden. |
4) | Eine Konventionalstrafe ist selbst dann nicht zu zahlen, wenn sie vereinbarungsgemäß verschuldensunabhängig sein sollte (§ 4 2. COVID-19-JuBG). Diese Bestimmung knüpft nicht nur an die mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners an, sondern erfasst auch solche Fälle, in denen aufgrund der Beschränkungen des öffentlichen Lebens die Leistung verunmöglicht wird (wie zB einem Bauunternehmer die Erbringung von Bauleistungen). Diese Regelung tritt mit 1. 7. 2022 außer Kraft; wenn die Leistung bis dahin nicht erbracht ist, kann die Konventionalstrafe fällig werden. |
Im ersten Halbjahr eines Jahres finden traditionell viele Hauptversammlungen börsennotierter Aktiengesellschaften statt. Um diese Zusammenkünfte von einer Vielzahl von Personen zu vermeiden, wurden mit dem COVID-19-GesG22 zwei erste Maßnahmen gesetzt: Erstens wurde eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass die Versammlung von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins in der Krisenzeit auch virtuell - dh in erster Linie über eine Videokonferenz - stattfinden kann (§ 1). Durch Verordnung, die derzeit noch nicht erlassen wurde, sollen nähere Regelungen getroffen werden. Zweitens wurde die Frist, innerhalb der die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft stattzufinden hat, von acht auf zwölf Monate verlängert (§ 2).
Mit einer Änderung des COVID-19-GesG durch das 4. COVID-G, das am 5. 4. 2020 in Kraft getreten ist, wurden die Maßnahmen noch erweitert: Die Möglichkeit für virtuelle Zusammenkünfte der Organe (§ 1 COVID-19-GesG) wurde auf das ganze Jahr 2020 erstreckt (dann tritt die Regelung außer Kraft), zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, Beschlüsse auch im Umlaufweg zu fassen.
Zudem können nun nicht nur Aktiengesellschaften, sondern auch GmbH und Genossenschaften ihre ordentlichen Generalversammlungen auf bis zu 12 Monate verschieben. Die Verlängerung gilt allerdings nicht für SE, weil hier die unionsrechtlichen Vorgaben nicht geändert werden können. Wenn eine Aufsichtsratssitzung einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer Genossenschaft im ersten Quartal nicht möglich ist, werden die entsprechenden Bestimmungen des Gesellschaftsrechts nicht verletzt (§ 2 Abs 5 COVID-19-GesG).
Da viele Unternehmen ihre Jahresabschlüsse aufgrund von faktischen Einschränkungen möglicherweise nicht fertigstellen können, gilt die Fristenhemmung von § 2 1. COVID-19-JuBG (siehe dazu unter Punkt 4.1.) auch für Erklärungen, die bei Gericht abzugeben sind. Unter diese Fristenhemmung fällt sowohl die neunmonatige Offenlegungsfrist für Unterlagen der Rechnungslegung (§ 277 Abs 1 UGB) als auch die zweimonatige Frist für die Verhängung wiederholter Zwangsstrafen (§ 283 Abs 4 UGB). Das bedeutet, dass alle Fristen, nach deren Verstreichen potenziell Zwangsstrafen des Firmenbuchgerichts verhängt werden, um 40 Tage verlängert wurden.
Mit einer Änderung des COVID-19-GesG durch das 4. COVID-G wurde schließlich auch die Aufstellungsfrist für Jahresabschlüsse und andere Unterlagen der Rechnungslegung verlängert, die bisher in den ersten fünf Monaten eines Geschäftsjahres zu erstellen waren (dh idR bis Ende Mai). Das betrifft den Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft (§ 222 Abs 1 UGB) und alle anderen Unterlagen, die innerhalb der für die Vorlage des Jahresabschlusses geltenden Fristen vorzulegen sind (wie zB den Konzernabschluss, § 244 Abs 1 UGB), sowie die Jahresabschlüsse anderer Körperschaften, bei denen auf § 222 UGB verweisen wird (wie zB Privatstiftungen), für den Jahresabschluss oder sonstigen Rechnungsabschluss einer kleinen Genossenschaft (§ 22 Abs 2 GenG) und für die Einnahmen- und Ausgabenrechnungen oder Jahresabschlüsse von Vereinen (§ 21 Abs 1, § 22 Abs 1 oder 2 VerG). Die Frist kann um bis zu vier Monate überschritten werden, wenn die Aufstellung infolge der COVID-19-Pandemie in fünf Monaten nicht möglich ist; dh, die Frist kann bis auf insgesamt neun Monate erstreckt werden.
Auch die Frist für die Einreichung des Jahresabschlusses beim Firmenbuch, die bisher nach neun Monaten (dh idR bis Ende Sep-
tember) zu erfolgen hatte, wurde auf 12 Monate erstreckt. Auch diese Fristerstreckung gilt nicht nur für die in § 277 Abs 1 UGB genannten Unterlagen, sondern auch für Unterlagen, die gleichzeitig offenzulegen sind, wie etwa den Konzernabschluss (§ 280 Abs 1 UGB). Das verschafft den Unternehmen die notwendige Zeit, die Jahresabschlüsse aufzustellen, sie ggf prüfen zu lassen, in der Haupt- oder Generalversammlung feststellen zu lassen und dann beim Firmenbuch offenzulegen.
Diese Fristverlängerung gilt für Unterlagen der Rechnungslegung, bei denen die Frist für die Aufstellung nach § 222 Abs 1 UGB am 16. 3. 2020 noch nicht abgelaufen ist (§ 4 Abs 3 COVID-19-GesG), dh für alle Abschlussstichtage nach dem 15. 10. 2019 (der Bilanzstichtag 31. 12. 2019 ist daher erfasst). Die Bestimmung ist auf Unterlagen der Rechnungslegung für Bilanzstichtage letztmalig anzuwenden, die vor dem 1. 8. 2020 liegen; für Abschlussstichtage ab dem 1. 8. 2020 gilt wieder die neunmonatige Offenlegungsfrist. Die 40-tägige Fristverlängerung, die mit § 2 1. COVID-19-JuBG vom 22. 3. 2020 bis zum 30. 4. 2020 eingeführt worden ist, gilt daher nur noch für Abschlussstichtage bis zum 15. 10. 2019, bei denen eine Säumnis am 22. 3. 2020 noch vorlag.
Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
ISd § 2 Abs 3 ASchG, also Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtige Arbeitsstellen. Für diese ist ein Verbot derzeit (Stand: 6. 4. 2020) noch nicht ausgesprochen worden.
Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz BGBl I 2020/16.
Für das Insolvenzverfahren wurde diese Regelung mit dem 2. COVID-19-JuBG (2. Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz BGBl I 2020/24) wieder zurückgenommen und durch eine Fristverlängerungsmöglichkeit des Gerichts um höchstens 90 Tage ersetzt (§ 7 2. COVID-19-JuBG).
Wobei der 1. 5. 2020 das fristauslösende Ereignis ist; eine vierzehntägige Frist endet daher am 15. 5.2020 (Klarstellung durch das 2. COVID-19-JuBG).
Bundesgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des VwGH und des VfGH BGBl I 2020/16.
Dasselbe soll nach den Erläuterungen auch für Verfahren gelten, in denen die BAO anzuwenden ist. Das findet allerdings keine Deckung im Gesetzeswortlaut.
Wobei dies bei den Fristen, in denen die Rechte der Absonderungsgläubiger, der Aussonderungsberechtigten und der Vertragspartner berührt sind, nur unter den in § 7 Abs 3 näher geregelten Voraussetzungen möglich ist. Die Frist des § 170 Abs 1 Z 3 IO, nach der dem Schuldner die Eigenverwaltung zu entziehen ist, wenn der Sanierungsplan nicht innerhalb von 90 Tagen von den Gläubigern angenommen wurde, wurde von Gesetzes wegen auf 120 Tage erstreckt.
Bundesverfassungsgesetz betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens BGBl I 2020/24.
397/A 27. GP 36.
397/A 27. GP 36.
Unklar ist, ob diese Erleichterungen auch im Fall einer allfälligen Verlängerung dieser Fristenunterbrechung mit Verordnung gelten; der Wortlaut scheint dem entgegenzustehen.
Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass die Frist vom Inkrafttreten des 2. COVID-19-Gesetzes bis zum Ablauf des 30. 4. 2020 genau 40 Tage beträgt. Auch das Wort "Quarantäne" rührt von einer 40-tägigen (franz: "quarante") Frist her, ganz zu schweigen von den biblischen Fristen von 40 Tagen (wie zB die Fastenzeit, die auch mit der Krisenzeit zusammenfällt).
Diese Folge ist recht weitreichend: Auch eine mehrjährige Frist, die erst kurz vor dem 22. 3. 2020 zu laufen begonnen hat, verlängert sich um den genannten Zeitraum, auch wenn am Fristende in einigen Jahren niemand mehr an diese Hemmung denkt. Diese Systematik ist aber dieselbe wie in § 1496 ABGB, wo auch der Fortlauf der Verjährung gehemmt wird, "solange dieses Hindernis dauert".
Es sei denn, der 30. April wird nicht mitgezählt, denn diese Fortlaufshemmung gilt nicht - wie § 2 1. COVID-19-JuBG "bis zum Ablauf des 30. April 2020", sondern nur "bis 30. April 2020". Es ist aber davon auszugehen, dass die Fortlaufshemmung auch den 30. April erfassen sollte.
So die Formulierungen in § 1, § 3 und § 4; die Voraussetzungen in § 2 (Moratorium für Verbraucherkreditverträge) sind hingegen enger an das deutsche Vorbild (Art 240 § 3 EGBGB) angelehnt.
Wiederum mit Ausnahme der Verbraucherkreditverträge: diese müssen schon vor dem 15. März 2020 geschlossen worden sein.
Art 240 § 2 EGBGB.
Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl L 124 vom 20. 5. 2003, S 36.
Bundesgesetz betreffend besondere Maßnahmen im Gesellschaftsrecht aufgrund von COVID-19 BGBl I 2020/16.