VonMarcel Dietrich.Schulthess Verlag, Zürich 1995. 603 Seiten, Schweizer Fr 88,-.
Die hier zu besprechende sehr umfangreiche Arbeit ist in den Jahren 1992 bis 1995 entstanden und von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg i Ue (Schweiz) als Dissertation angenommen worden. Es handelt sich um den ersten großen Versuch, das Thema der Freizügigkeit aus Schweizer Sicht aufzubereiten (vor DIETRICH haben sich nur PIERRE GARRONE La libre circulation des personnes, Diss, Zürich 1993, und STEPHAN FRÖHLICH Niederlassungsrecht und Freizügigkeit in der EWG und EFTA, Diss, Zürich 1964, aus Schweizer Sicht etwas ausführlicher mit diesem Fragenkomplex auseinandergesetzt). Bedenkt man, daß der Beitritt der Schweiz zum EWR vor allem wegen Befürchtungen einer Überfremdung als Folge der Freizügigkeit in breiten Schichten der Schweizer Bevölkerung gescheitert ist und die Freizügigkeit derzeit eines der schwierigsten Kapitel in den Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz betreffend die Vertiefung der gegenseitigen Beziehungen ist, so kommt diese Arbeit auch einem praktischen Bedürfnis nach Versachlichung und Entemotionalisierung der Diskussion um die Auswirkungen einer allfälligen Einführung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Freizügigkeit in der Schweiz entgegen. Insofern hat der einleitende Teil der Arbeit, der sich mit der Entwicklung und derzeitigen Lage der Arbeitskräftemigrationen in Europa und in der Schweiz (S 104-134) sowie mit dem Schweizer Ausländerrecht (S 56-87) und den Grundkonzeptionen, die hinter diesem Recht angesiedelt sind (S 86-97), auseinandersetzt, einen durchaus berechtigten "Platz" im Rahmen dieser im wesentlichen juristischen Dissertation. Besonders wichtig für die schweizerische Diskussion dürfte das Zahlenmaterial betreffend die Arbeitskräftewanderungen sein (S 122-134; S 583-587). Diesem ist zu entnehmen, daß Migrationen ganz entscheidend durch wirtschaftliche "Pull- und Puschfaktoren" bedingt sind und daß insoweit die rechtlichen Rahmenbedingungen die entsprechenden Phänomene nur unwesentlich beeinflussen können. Dieser in der europarechtlichen Literatur allgemein geteilte Befund wird durch die aktuelle österreichische Entwicklung bestätigt: Der zum 1. 1. 1994 wirksam gewordene Beitritt Österreichs zum EWR hat jedenfalls nicht zu jenem Massenansturm von Gastarbeitern aus EWR-Mitgliedstaaten geführt, der von vielen Menschen in diesem Land befürchtet worden war.
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