Alleine im vergangenen Jahr ergingen vier höchstgerichtliche Entscheidungen zur irrtumsrechtlichen Zurechnung Dritter, und zwar konkret zur Zurechnung von Boten.1 Diese knüpfen an jahrzehntelange Bemühungen in Rsp2 und Lit3 an, die verschiedensten Personen in das irrtumsrechtliche Konzept des ABGB einzuordnen.
Das ABGB regelt das Irrtumsrecht grundlegend in den §§ 870 ff. Ausgangspunkt der Regelung ist ein zweipersonales Rechtsverhältnis zwischen dem irrtumsveranlassenden und dem irrenden Vertragsteil. Bereiten diese "einfachen" zweipersonalen Fälle bereits ausreichend Probleme, erhält die Thematik eine weitere Dimension, wenn keiner der Vertragsteile, sondern ein Dritter den Irrtum veranlasst hat. Auch für diese Fälle kennt das ABGB aber eine ausdrückliche Regelung. § 875 ABGB enthält dazu zwei Bestimmungen nach dem Prinzip Grundsatz und Ausnahme: Grundsätzlich ordnet § 875 S 1 ABGB an, dass die Irrtumsveranlassung durch Dritte auf den Vertrag keine Auswirkungen hat. Damit folgt § 875 ABGB konsequent der Vertrauenstheorie.4 Der Geschäftsherr wird in seinem Vertrauen auf die Erklärung des Vertragspartners solange geschützt, solange sein Handeln ihn nicht weniger schutzwürdig erscheinen lässt. § 875 S 2 ABGB sieht dazu vor, dass der Geschäftsherr immer dann als weniger schutzwürdig anzusehen ist, wenn er (1) an der Handlung des Dritten teilnahm oder (2) von derselben offenbar wissen musste.5
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