Thema

Doppelexequatur: Schafft der EuGH neue Umgehungsmöglichkeiten?

ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Bachner, LL.M. Ph.D. / Univ.-Ass. Mag. Lena Werderitsch

Der EuGH befasst sich in der Rs C-568/20, J gegen H Limited, mit der Vollstreckung einer mitgliedstaatlichen Zahlungsanordnung, die auf Basis eines drittstaatlichen Urteils ergangen ist, in einem anderen Mitgliedstaat. Der vorliegende Beitrag unterzieht diese Entscheidung einer kritischen Würdigung.

Den Anfang bilden zwei Urteile auf Zahlung von zusammen rund 10 Mio USD, welche die klagende H-Bank gegen den jordanischen Unternehmer J vor jordanischen Gerichten erwirkt hatte. Gestützt auf diese Urteile brachte die H-Bank in der Folge gegen J vor einem Gericht in London eine Klage ein, die sachlich einem Exequaturverfahren nach Art der §§ 403 ff EO entspricht.1 Im März 2019 erging in diesem Verfahren eine vollstreckbare Entscheidung zugunsten der Klägerin, die aufgrund der Brexit-Übergangsbestimmungen noch in den zeitlichen Anwendungsbereich der EuGVVO 2012 fällt.2 Gestützt auf diesen zweiten, von einem englischen Gericht geschaffenen Exekutionstitel wandte sich die Klägerin an das BG Freistadt und beantragte die Vollstreckung gem Art 39 EuGVVO. Erstgericht und Rekursgericht gaben dem Antrag statt. Der OGH hatte jedoch Zweifel und legte dem EuGH ua die Frage vor, ob "eine zu vollstreckende Entscheidung auch dann vorliegt, wenn der Titelschuldner in einem Mitgliedstaat nach summarischer Prüfung in einem kontradiktorischen Verfahren, aber nur im Hinblick auf die Bindung an die Rechtskraft eines gegen ihn in einem Drittstaat ergangenen Urteils zur Zahlung an die im Drittstaatverfahren obsiegende Partei im Sinne der drittstaatlichen Judikatschuld verpflichtet wird, wobei sich der Gegenstand des Verfahrens im Mitgliedstaat auf die Prüfung beschränkte, ob der Anspruch aus der Judikatschuld gegenüber dem Titelschuldner besteht".3

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Artikel-Nr.
Zak 2022/498

09.09.2022
Heft 14/2022
Autor/in
Thomas Bachner

Ao.Univ.-Prof. Dr. Thomas Bachner, LL.M. Ph.D. (Cambridge), Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht, Wirtschaftsuniversität Wien. Interessenschwerpunkt im internationalen und vergleichenden wirtschaftsnahen Privatrecht und Verfahrensrecht.

Lena Werderitsch

Dr. Lena Werderitsch ist Universitätsassistentin am Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht der WU Wien.