Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass die Grundrechtscharta der Europäischen Union die Grund- und Menschenrechte im Rahmen der EU kodifiziert. Der Weg der EU zur Grundrechtsgemeinschaft, wie dies die Herausgeber des hier zu besprechenden Werkes so treffend bezeichnen, war ein langer. Die Grundrechtscharta wurde ursprünglich vom ersten europäischen Konvent erarbeitet und zur Eröffnung der Regierungskonferenz in Nizza vom 7. Dezember 2000 feierlich proklamiert. Rechtsverbindlichkeit erlangte die Grundrechtscharta jedoch erst Jahre später, konkret am 1. Dezember 2009, gemeinsam mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon. Seit diesem Zeitpunkt hat sich jedoch die Grundrechtscharta insofern etabliert, als, wie dies ebenfalls die Herausgeber richtig festhalten, sie ein fester Bestandteil der Rechtsprechung der europäischen als auch der mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeit geworden ist. Für Österreich hat der VfGH mit Erkenntnis VfSlg. 19.632/2012 festgehalten, dass in Verfahren, in denen Unionsrecht eine Rolle spielt, die Grundrechte, die durch die EU-Charta garantiert sind, vor dem VfGH als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte geltend gemacht werden können. Aus dieser grundlegenden und richtungsweisenden Entscheidung folgt, dass neben der Verfassung und der EMRK auch die Grundrechtscharta ein Prüfungsmaßstab für den VfGH darstellt und die Behörden sowie der Gesetzgeber die Grundrechtscharta zu berücksichtigten haben. Verinnerlicht man sich die Bedeutung dieser Entscheidung des VfGH, wird man erkennen, welchen Stellenwert ein Kommentar zur Grundrechtscharta für die Praxis erlangen kann.
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