Rezension

Handbuch des Wertpapierrechts (nach österreichischem und deutschem Recht) - Band I. Von Heinz Keinert. Verlag Österreich, Wien 2014. XLIII, 627 Seiten. 199 €.

Bearbeiter: Mag. Rainer Wolfbauer

Heinz Keinert, Ordinarius für Handels- und Wertpapierrecht an der Johannes Kepler Universität Linz, hat das Mammutprojekt gestartet, das gesamte Wertpapierrecht einer systematischen Darstellung in Form eines mehrbändigen Handbuchs zu unterziehen. Der erste, seinerseits aus zwei umfangreichen Teilen bestehende Band dieser verdienstvollen akademischen Bemühungen liegt nunmehr vor: Kapitel 1 dieses Bands behandelt gleichsam vorweg als "Aufwärmübung" in einem Allgemeinen Teil die fundamentalen Grundfragen des Wertpapierrechts. Es finden sich darunter eher lehrbuchartige und daher auch für Newcomer sehr gut verständliche Ausführungen zum Wertpapierbegriff, zur Kategorisierung von Wertpapieren (Rekta-, Order- und Inhaberpapiere, Forderungs- und Mitgliedschaftspapiere etc), zur "Entstehung" des verbrieften Rechts beim konstitutiven Papier, zur Geltendmachung der Rechte aus dem Papier einschließlich der Kraftloserklärung, Überlegungen zu den juristischen Funktionen von Wertpapieren und letztlich allgemeine Ausführungen zu den Effekten (zum Umlauf bestimmte Massenpapiere). Ungleich ausführlicher sind freilich die sich im 2. Kapitel daran anschließenden Ausführungen zum Wechselrecht gestaltet, die mit knapp 450 Seiten den Rahmen jeder anderen halbwegs aktuellen Darstellung dieses Rechtsgebiets sprengen. Wenngleich die Bedeutung des Wechselrechts in den vergangenen Jahren sicherlich abgenommen hat (und jene des Scheckrechts, bedingt durch das sich ändernde ökonomische und technische Umfeld, in Mitteleuropa nahezu verschwunden ist), darf der Wechsel als Gestaltungsform im Wirtschaftsleben keineswegs gering geschätzt werden. Die Flexibilität in der Handhabung und die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten machen den Wechsel nach wie vor zu einem Instrument, das die Bankenpraxis und die Realwirtschaft durchdringt. Der Autor verweist darauf, dass die dogmatischen Prinzipien des Wechselrechts unverändert für sämtliche Verkehrspapiere maßgebend seien, einschließlich der handelsrechtlichen, jener des Kapitalmarkts und des Inhabersparbuchs, und dass sich daher eine Beschäftigung mit dem Wechselrecht schon aus grundlagentheoretischen Motiven lohne. Auch wenn dies zweifelsohne zutreffen mag, so werden es eher die in der Praxis im Umgang mit Wechseln auftretenden Rechtsfragen sein, die zu einer Rezeption des gegenständlichen Werks führen werden. Angesichts der differenzierten Ausprägungen des Wechsels sind nämlich auch die mit ihm verbundenen Rechtsfragen breit gestreut. Ausgehend vom WechselG und der zu diesem ergangenen - teilweise viele Jahrzehnte zurückreichenden, aber immer noch gültigen - Judikatur in Österreich und Deutschland zeichnet der Autor ein systematisch aufbereitetes Bild des Wechselrechts und arbeitet die (geringfügigen) Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen heraus. Faszinierend am Wechselrecht ist, dass vermutlich kein anderes Gebiet, insb des Wirtschaftsrechts, derartige Konstanz in den gesetzlichen Grundlagen bzw in der positivrechtlichen Ausgestaltung aufweist. Das WechselG hat seit seiner Erlassung im Jahr 1955 lediglich 5 Novellen erlebt - andere Materiengesetze schaffen dies mit links in einem einzigen Jahr! Die Aufbereitung der grundlegenden wie auch der in tiefste Details hineinreichenden Themen ist dem Autor dabei vorbildlich gelungen, wovon sich der Verfasser der gegenständlichen Zeilen in der praktischen Handhabung mittlerweile selbst überzeugen konnte: Inhaltsverzeichnis, Sachverzeichnis und Gliederung ermöglichen es dem Nutzer, in diesem faustdicken Werk auch zu Detailproblemen innerhalb angemessener Zeit relevante Ausführungen aufzufinden. Die Querverweise innerhalb des Texts zu anderen Randziffern sind äußerst großzügig gesetzt und daher sehr hilfreich. Unterstützt wird die Auffindbarkeit durch ein Rechtsquellenregister, in dem auch zu konkreten Rechtsvorschriften die entsprechenden Belegstellen gesucht werden können. Beim Verfassen des Werks kam dem Autor sicherlich der Umstand seiner früheren Tätigkeit als Handelsrichter sowie als Schiedsrichter zugute: Wer selbst einmal in der Position eines Praktikers war, weiß um die Nöte und Bedürfnisse eines Rechtsanwenders in den "Niederungen" des juristischen Alltags bestens Bescheid.

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Artikel-Nr.
ZFR 2015/28

29.01.2015
Heft 1/2015