Eine gängige Interpretationsregel besagt, dass der Wortlaut Vorrang habe bzw auch, dass bei klarem Wortlaut alle weiteren Interpretationsschritte unzulässig sind. Im vorliegenden Beitrag werden Überlegungen angestellt, die diese Interpretationsregel in Frage stellen. Der Beitrag kommt zum Ergebnis, dass alle Interpretationsmittel bzw Interpretationsmethoden abstrakt betrachtet gleichrangig nebeneinander stehen. Ob der Wortlaut klar ist, ist eine Frage, die sich erst am Ende eines Interpretationsprozesses beantworten lässt, gleichsam als Ergebnis eines solchen, nicht aber am Beginn, mit der Konsequenz, dass alle weiteren Interpretationsschritte abgeschnitten werden. Dass bei der Interpretation einer konkreten Bestimmung aufgrund spezifischer Umstände und Zusammenhänge bestimmte Interpretationsmethoden gegenüber anderen prävalieren, steht im Einklang mit diesem Konzept. Solche Prävalenzen müssen offengelegt und entsprechend begründet werden. Der Wortlaut kann für sich allein aber keinen Vorrang beanspruchen.
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