Thema

Korruptionstatbestände im Ertragsteuerrecht

Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler, LL.M. / Mag. Thomas Bieber

Im Sinne des Schwerpunkts des vorliegenden Hefts untersuchen die beiden Autoren die Behandlung der Korruption im Ertragsteuerrecht.

Das Steuerrecht baut auf dem Grundsatz der Wertneutralität auf, dh ein Steuertatbestand kann nicht nur durch rechtlich zulässige, sondern auch durch verbotene, verpönte oder strafbare Handlungen erfüllt werden. Einkünfte etwa aus Bestechungsgeldern oder Warendiebstählen (VwGH 16. 1. 1991, 90/13/0285) oder aus dem Handel mit gestohlenen Waren (VwGH 16. 10. 1974, 0509/73) sind daher ebenso steuerpflichtig wie zB jene aus Prostitution (VwGH 16. 2. 1983, 82/13/0208). Steuertatbestände knüpfen - von Objektivierungsüberlegungen getragen - regelmäßig an ein bestimmtes wirtschaftliches Ereignis (zB Veräußerung) oder Ergebnis an, ohne den Motiven der handelnden Steuersubjekte Bedeutung beizumessen. Klar kommt dieser Grundsatz in § 23 Abs 2 BAO zum Ausdruck, wonach die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen wird, "daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt". Steuerpflichtige, die zB Einkünfte durch strafbare Handlungen erzielen, sollen solcherart nicht besser gestellt werden als Steuerpflichtige mit legalen Einkünften der gleichen Einkunftsart (VwGH 16. 10. 1974, 0509/73). Oder wie es Ruppe (Korruption und Steuerrecht, 595) pointiert formuliert: "Steuertatbestände [sind] sowohl in ihren positiven wie in ihren negativen Gestaltungsordnungen grundsätzlich ohne moralische oder ethische Brille zu interpretieren." Die Wertneutralität erstreckt sich daher nicht nur auf die Steuerpflicht gewisser Vorgänge, sondern auch auf die steuermindernden Wirkungen gewisser Aufwendungen, die etwa gegen gesetzliche oder berufsrechtliche Bestimmungen verstoßen (VwGH 15. 12. 1987, 87/14/0134; BFH 28. 11. 1977, GrS 2-3/77; siehe auch Kofler in Doralt, EStG11 § 20 Tz 163 unter "Geldstrafen").

Login


Passwort vergessen?

Noch keine Zugangsdaten? Gratis registrieren und 30 Tage testen.

Sie können das gesamte Portal 30 Tage testen und/oder Ihr Abo freischalten.

Extras wie Rechtsnews, Übersichten zu aktuellen Gesetzesvorhaben, EuGH Verfahren, Fristentabellen,…
Newsletter der aktuellen Zeitschriften-Inhaltsverzeichnisse
Der Zugriff auf alle Zeitschriften endet nach 30 Tagen automatisch
Artikel-Nr.
Zak 2009/289

02.06.2009
Heft 10/2009
Autor/in
Georg Kofler

Univ.-Prof. DDr. Georg Kofler, LL.M. (NYU) ist Professor für Internationales Steuerrecht an der WU Wien. Er ist in mehreren internationalen Gremien aktiv und leitet etwa die ECJ Task Force der CFE Tax Advisers Europe, ist stellvertretender Vorsitzender des Permanent Scientific Committee der International Fiscal Association (IFA) und Mitglied des D-A-CH-Steuerausschusses.

Thomas Bieber

Univ.-Prof. Dr. Thomas Bieber ist Universitätsprofessor für Steuerrecht und seit Februar 2022 Vorstand des Instituts für Finanzrecht, Steuerrecht und Steuerpolitik an der Johannes Kepler Universität Linz. Er ist im dort gegründeten Forschungsinstitut für Zoll- und Außenwirtschaftsrecht (ZAW Linz) leitend tätig und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Fragen des Zoll- und Umsatzsteuerrechts sowie des besonderen Verbrauchsteuerrechts.