Im Sinne des Schwerpunkts des vorliegenden Hefts untersuchen die beiden Autoren die Behandlung der Korruption im Ertragsteuerrecht.
Das Steuerrecht baut auf dem Grundsatz der Wertneutralität auf, dh ein Steuertatbestand kann nicht nur durch rechtlich zulässige, sondern auch durch verbotene, verpönte oder strafbare Handlungen erfüllt werden. Einkünfte etwa aus Bestechungsgeldern oder Warendiebstählen (VwGH 16. 1. 1991, 90/13/0285) oder aus dem Handel mit gestohlenen Waren (VwGH 16. 10. 1974, 0509/73) sind daher ebenso steuerpflichtig wie zB jene aus Prostitution (VwGH 16. 2. 1983, 82/13/0208). Steuertatbestände knüpfen - von Objektivierungsüberlegungen getragen - regelmäßig an ein bestimmtes wirtschaftliches Ereignis (zB Veräußerung) oder Ergebnis an, ohne den Motiven der handelnden Steuersubjekte Bedeutung beizumessen. Klar kommt dieser Grundsatz in § 23 Abs 2 BAO zum Ausdruck, wonach die Erhebung einer Abgabe nicht dadurch ausgeschlossen wird, "daß ein Verhalten (ein Handeln oder ein Unterlassen), das den abgabepflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des abgabepflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt". Steuerpflichtige, die zB Einkünfte durch strafbare Handlungen erzielen, sollen solcherart nicht besser gestellt werden als Steuerpflichtige mit legalen Einkünften der gleichen Einkunftsart (VwGH 16. 10. 1974, 0509/73). Oder wie es Ruppe (Korruption und Steuerrecht, 595) pointiert formuliert: "Steuertatbestände [sind] sowohl in ihren positiven wie in ihren negativen Gestaltungsordnungen grundsätzlich ohne moralische oder ethische Brille zu interpretieren." Die Wertneutralität erstreckt sich daher nicht nur auf die Steuerpflicht gewisser Vorgänge, sondern auch auf die steuermindernden Wirkungen gewisser Aufwendungen, die etwa gegen gesetzliche oder berufsrechtliche Bestimmungen verstoßen (VwGH 15. 12. 1987, 87/14/0134; BFH 28. 11. 1977, GrS 2-3/77; siehe auch Kofler in Doralt, EStG11 § 20 Tz 163 unter "Geldstrafen").
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