Aktuelles Gemeinschaftsrecht

Lamfalussy

Dr. Alexander Karpf, LL.M.

Am 6. 5. 2008 wurde ein interessanter Arbeitsentwurf für einen Bericht des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments zur zukünftigen Aufsicht des EU-Finanzmarkts veröffentlicht, der Teil der derzeit laufenden Reformdebatte sein wird (Dok PE405.937v02-00). In diesem Dokument werden von den beiden Berichterstattern zum einen den EU-Finanzmarkt betreffende Themenbereiche angeführt, in denen nicht zuletzt aufgrund der gegenwärtigen Krise Probleme augenscheinlich geworden seien, die auf politischer Ebene dringlich behandelt werden sollten. Dazu zählen insb das Auftreten von neuen systemischen Risiken, der Grad der Verknüpfung von Regulierung und Aufsicht, Schwächen in den Finanzmarktregulatorien, Versagen des Bankenrisikomanagements, Schaffung von Anreizen für exzessive Risikobereitschaft durch Einlagensicherungseinrichtungen, Transparenzdefizite im außerbörslichen Derivatehandel, Rolle der Rating-Agenturen, mangelhafte EU-Instrumentarien für Krisenmanagement sowie Schwächen beim Zusammenspiel bei der makro- und mikroprudenziellen Aufsicht. Zum anderen werden fünf Optionen für die Reform des Lamfalussy-Verfahrens in den Raum gestellt: Verbesserungen der gegenwärtigen, fragmentierten Aufsichtsstrukturen, Umwandlung der sog Stufe-3-Ausschüsse (wie etwa CESR) in EU-Agenturen, Einrichtung eines zweistufigen Systems mit der Zuständigkeit für die größeren, grenzüberschreitend tätigen Finanzunternehmen auf EU-Ebene und weitere Zuständigkeit der nationalen Behörden für alle anderen Unternehmen (ähnlich dem System im Wettbewerbsrecht), Etablierung einer Europäischen Finanzmarktaufsicht (einer „EU SEC“ oder „EU FMA“) und schließlich (nach Vorbild des in den USA angedachten Supervisory Oversight Body) Schaffung einer EU-Behörde zur Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen hinsichtlich der Finanzmarktstabilität in der EU. Gerade bei den beiden letzten Optionen zeigt sich anhand der zahlreichen Fragen der Berichterstatter, dass diese sehr weitgehenden Änderungsvorschläge politisch zumindest derzeit schwer durchsetzbar sein dürften.

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Artikel-Nr.
ZFR 2008/64

05.06.2008
Heft 3/2008
Autor/in
Alexander Karpf

Dr. Alexander Karpf, LL.M. (King’s College London), ist Mitarbeiter in der Corporate Affairs Division der OECD. Von 2003 bis 2005 war er als Legal Advisor im CESR-Sekretariat beschäftigt. Bisherige Publikationen behandelten insb das österreichische und EU-Wertpapierrecht, den Lamfalussy-Prozess und Corporate Governance-Themen.