Anmerkungen zu OGH 7 Ob 169/24i
In seiner E 7 Ob 169/24i beurteilte der OGH in einem keinen konkreten Verbraucherkreditvertrag betreffenden Verbandsklage-Urteil die Verwendung einer AGB-Klausel des Inhalts "Die Bank berechnet Ihnen 1,5 % Bearbeitungsentgelt vom Kreditbetrag bei Zuzählung" in den Jahren 2022 und 2023 bei Verbraucherkrediten als "gröblich benachteiligend" (§ 879 Abs 3 ABGB), weil es bei der Entgelthöhe in Anlassfällen zu groben Kostenüberschreitungen des Kreditgebers kommen kann. Der folgende Beitrag* zeigt, dass - unabhängig von der in Zukunft zu erwartenden OGH-Rsp zu nach dem 24. 3. 2025 abgeschlossenen Verbraucherkreditverträgen unter Berücksichtigung der EuGH-Urteile C-365/23 und C-699/23 (Neuverträge) - derartige anhand der Kreditsumme prozentuell pauschalierte Altverträge mit vergleichbaren Bearbeitungsentgeltklauseln wie eingangs zitiert, sofern überhaupt kontrollunterworfen, nach materiellem österreichischen Zivilrecht im Lichte der EuGH-Rsp zu AGB-Klauseln weder "missbräuchlich" (Art 3-5 KlauselRL) noch "gröblich benachteiligend" (§ 879 Abs 3 ABGB) waren oder sind. Die EuGH-Judikatur zur KlauselRL trägt das vom OGH als richtlinienkonforme Auslegung zu § 879 Abs 3 ABGB für Kreditbearbeitungsentgelte erzielte Ergebnis für Altverträge nicht, sondern lässt es als Angelegenheit des nationalen Privatrechtsgesetzgebers oder der nationalen Rsp bloß zu.1 Die nationale geänderte Rsp qualifiziert unionsrechtlich als zulässiges richterrechtliches Gold Plating unter der KlauselRL und geht daher über die Transformationspflicht für Richtlinienrecht gem Art 288 Abs 3 AEUV hinaus. Ob die Frage der nicht rückwirkenden Anwendung der neuen Judikaturlinie zu Bearbeitungsentgelten auf Altverträge für den OGH dennoch zu einer Vorlagepflicht (Art 267 Abs 3 AEUV) an den EuGH sowohl in Individual- als auch in Verbandsverfahren führt, hängt davon ab, ob mit dem Ausschluss der Rückwirkung Fragen zur Auslegung von Unionsrecht, die über Actes clairs aufgrund der EuGH-Urteile C-699/23 und C-39/24 hinausgehen, verbunden sind. Verschärfte, über die Mindeststandards der KlauselRL hinausgehende nationale Rechtsprechungslinien entfalten aus Vertrauensschutz- und Drittwirkungserwägungen zu Grundrechten der Kreditgeber in Individualverfahren zu Altverträgen im Zweifel dann keine Rückwirkung, wenn sich die klauselverwendenden Kreditgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an die stRsp des OGH hielten und die Kreditnehmer dadurch nicht unzumutbar beschwert würden, sodass die Wirkungen einer Rechtsprechungsänderung nach Verhältnismäßigkeitsmaßstäben in Grenzen gehalten werden können. Im Fokus des Beitrags steht die Behandlung von Altkreditverträgen mit Verbrauchern.
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