Rechtsprechung aktuell

Vereinsfreiheit und innere Angelegenheiten gesetzlich anerkannter Kirchen und ReligionsgesellschaftenZugleich eine Besprechung des Erkenntnisses VfGH 11. 12. 2001, B 151/00 = ZfVB 2002/4/1416

Georg Lienbacher

Abstract: Der Gründung eines Vereins mit einem Vereinszweck, der (auch) innere Angelegenheiten von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften gemäß Art 15 StGG verfolgt, steht Art 15 StGG nicht entgegen. In Gründung befindliche Vereine sind nicht Normadressaten des Art 15 StGG. Vielmehr ist es Sache (innere Angelegenheit) der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, mit solchen Vereinen umzugehen, in die der Staat durch seine Organe nicht eingreifen darf. Durch den Staat genießen gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften in dieser Frage nur jenen Schutz, der allen anderen Rechtsunterworfenen in Gestalt zivilrechtlicher und strafrechtlicher Bestimmungen hinsichtlich ihrer Beziehungen untereinander auch zukommt. Die Untersagung der Vereinsgründung allein aus dem genannten Grund zieht daher einen rechtswidrigen Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Vereinsfreiheit gemäß Art 12 StGG iVm Art II EMRK und gleichzeitig auch einen verfassungswidrigen Eingriff in Art 15 StGG nach sich.

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Artikel-Nr.
ZfV 2002/1463

04.11.2002
Heft 5/2002
Autor/in
Georg Lienbacher

Univ.-Prof. Dr. Georg Lienbacher ist Verfassungsrichter und Universitätsprofessor für Öffentliches Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Darüber hinaus bekleidet er zahlreiche akademische Funktionen und zahlreiche Funktionen in wissenschaftlichen Gesellschaften.

Zahlreiche Publikationen in Büchern sowie Fachzeitschriften.