Tagungsbericht zur 6. Tagung der Österreichischen Assistentinnen und Assistenten des Öffentlichen Rechts
Die gastgebende Universität Innsbruck1 lud vom 1.-3. Oktober 2015 im Rahmen der sechsten Tagung der Assistentinnen und Assistenten des Öffentlichen Rechts zum fachlichen Austausch über das Thema "Zeit im Recht - Recht in der Zeit" in die Tiroler Landeshauptstadt.
Am Eröffnungsabend im Innsbrucker Restaurant Villa Blanka stimmte o.Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer mit seinem ebenso erheiternden wie gleichzeitig kritischen und philosophischen Festvortrag auf das Generalthema der Tagung ein. In für die Wissenschaft bezeichnender Weise stellte der Redner Ausführungen über die Relativität der Ausgangsprämissen voran. Anstatt die Begriffe Recht und Zeit vorauszusetzen, enttarnte er deren kulturkreisbedingte Konzeption. Den Tagungsgegenstand kritisch reflektiert, vermaß Raschauer assoziativ unterschiedliche Verschränkungsmöglichkeiten von Recht und Zeit. So demonstrierte er etwa unterschiedliche Formen des Rechtswandels im zeitlichen Verlauf. Die Änderung der Rechtslage durch den von der Verfassung hiezu berufenen formellen (Verfassungs-)Gesetzgeber stellte Raschauer nicht weiter zur Diskussion. Interessanter schienen dem Vortragenden Veränderungen der Rechtsordnung trotz formellen Gleichbleibens - etwa in Fällen richterlicher Rechtsfortbildung oder eines geänderten Subsumtionsverständnisses. Illustrierend hiezu rekurrierte er auf die Geltungsaufwertung des Soft Law durch die Rechtsprechungsorgane. Solche Änderungen der Rechtswirklichkeit abseits formeller Gesetzesänderungen diskutierte der Referent vor allem unter den Gesichtspunkten mangelnder demokratischer Legitimation und fehlender Rechtsschutzmöglichkeiten kritisch. Weiters widmete sich Raschauer den Problemfeldern der Invalidation und Konvalidation. Laut dem Vortragenden friste die Konvalidation - das Gültigwerden ursprünglich rechtswidriger Verwaltungsakte bzw verfassungswidriger Gesetze durch nachfolgende Gesetzes- oder Verfassungsänderungen - als Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung zu Unrecht ein Schattendasein. Die Invalidation behandelte Raschauer im Kontext des "Verfassungswidrigwerdens" gesetzlicher Vorschriften aufgrund geänderter Tatsachenlage. Dabei zog der Redner die Richtigkeit der gleichheitsrechtlichen VfGH-Judikatur zur Invalidation wegen Verlusts der Sachgerechtigkeit in Zweifel. Im Zusammenhang mit verwaltungsrechtlichen Einzelfallentscheidungen fragte Raschauer schließlich nach der Bedeutung geänderter Tatsachenverhältnisse für das Vorliegen von res iudicata. Raschauer spannte den Bogen nach eigenem Dafürhalten "von den Höhen der unveräußerlichen Menschenrechte in die Niederungen des Verwaltungsalltages", wodurch er eine ebenso kurzweilige wie fachlich anspruchsvolle Einstimmung auf das wissenschaftliche Programm des folgenden Tages bot.
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