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Änderung des Strafrechts im Tatzeitraum – „entkoppelter“ Günstigkeitsvergleich

Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 61, § 129, § 164

Im vorliegenden Fall waren in einer Autowerkstätte über Jahre hindurch gestohlene Kraftfahrzeuge und deren Bestandteile „verarbeitet“ worden (maßgebliche strafrechtliche Tatbestände: Hehlerei gem § 164 StGB sowie – als Vortat – Einbruchsdiebstahl iSd § 129 StGB [„Ausfüllungsnorm“]). Im Tatzeitraum wurde die Strafdrohung des § 129 Abs 1 StGB für die Vortat von fünf auf drei Jahre Freiheitsstrafe gesenkt, sodass die (unveränderte) Qualifikation nach § 164 Abs 4 dritter Fall StGB der Hehlerei zum Urteilszeitpunkt nicht mehr erfüllt ist. Dies ist im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs nach § 61 zweiter Satz StGB zu berücksichtigen, sodass im vorliegenden Fall die Tat dem (vom Tatzeitgesetz verschiedenen) Urteilszeitgesetz zu unterstellen ist.

Eine vermögensrechtliche Anordnung kann jedoch auch dann nach Tatzeitrecht zu treffen sein, wenn die Tat selbst (aufgrund des Günstigkeitsvergleichs) dem Urteilszeitgesetz zu unterstellen ist.

OGH 17. 10. 2017, 11 Os 76/17m, 11 Os 77/17h

Maßgebliche rechtliche Grundlagen:

Die Strafdrohung des § 129 Abs 1 StGB für „Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen“ wurde mit dem StRÄG 2015, BGBl I 2015/112 (= Rechtsnews 20054), von fünf auf drei Jahre gesenkt.

Die Qualifikation nach § 164 Abs 4 dritter Fall StGB blieb hingegen unverändert; danach gilt die höhere Strafdrohung für gewerbliche Hehlerei auch, wenn „die mit Strafe bedrohte Handlung, durch die die Sache erlangt worden ist, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, die fünf Jahre erreicht oder übersteigt, und der Hehler die Umstände kennt, die diese Strafdrohung begründen“.

Aus der Pressemitteilung des OGH:

Hinweis: Der Volltext der Entscheidung ist derzeit noch nicht abrufbar.

Ist die Tatzeit im rechtlich relevanten Umfang nicht exakt feststellbar, ist auf der Feststellungsebene der Tatzeitraum einzugrenzen und der Entscheidung sodann jener Zeitpunkt zugrunde zu legen, der für den Angeklagten in concreto am günstigsten ist.

Bei § 164 StGB ist auch die Änderung einer (in Bezug auf die Vortat anzuwendenden) strafrechtlichen Ausfüllungsnorm im Rahmen des Günstigkeitsvergleichs zu berücksichtigen.

Ein Einbruchsdiebstahl (als Vortat), der zwar zur Tatzeit (nach § 129 StGB aF), nicht aber zum Zeitpunkt der Aburteilung der Hehlerei (nach § 129 Abs 1 StGB idgF) mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist, begründet nach der Rechtslage zum Urteilszeitpunkt nicht die Qualifikation nach § 164 Abs 4 dritter Fall StGB.

Eine vermögensrechtliche Anordnung kann auch dann nach Tatzeitrecht zu treffen sein, wenn die Tat selbst (aufgrund des diesbezüglich nach § 61 zweiter Satz StGB vorzunehmenden Günstigkeitsvergleichs) einem (ebenfalls vom Tatzeitgesetz verschiedenen) Urteilszeitgesetz zu unterstellen ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24600 vom 04.12.2017