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Änderungen einer gewerblichen Betriebsanlage - Anzeigepflicht?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 74, § 81

Beim Verhältnis von § 81 Abs 1 und Abs 2 GewO 1994 handelt es sich um ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: So normiert § 81 Abs 1 GewO 1994 als allgemeine Regel die Genehmigungspflicht von Änderungen einer gewerblichen Betriebsanlage und § 81 Abs 2 GewO 1994 nennt Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel. Sind Änderungen der Betriebsanlage bereits nach der allgemeinen Regel des § 81 Abs 1 GewO 1994 nicht genehmigungspflichtig, können sie auch nicht unter die Ausnahmeregel des § 81 Abs 2 GewO 1994 - und damit auch nicht unter die Anzeigepflicht nach § 81 Abs 3 GewO 1994 - fallen.

Nach § 81 Abs 1 GewO 1994 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche Änderung, die geeignet ist, die im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Diese Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs 2 GewO 1994 bezeichneten Beeinträchtigungen hervorzurufen und Auswirkungen iS dieser Bestimmung (Gefährdungen, Belästigungen, usw) nicht auszuschließen sind. Die Beurteilung, ob eine Eignung gegeben ist, die im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, erfordert idR keine sachverständige Prüfung, sondern es kann auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückgegriffen werden.

VwGH 18. 3. 2015, Ro 2015/04/0002

Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden der Revisionswerberin im Wesentlichen mehrere Änderungen der Betriebanlage ohne entsprechende Anzeige zur Last gelegt. Die Revisionswerberin übt das Gewerbe „Handelsgewerbe, Gastgewerbe, Betrieb von Tankstellen“ aus; die beanstandeten Änderungen bezogen sich auf Aufstellung und Betrieb diverser - näher bezeichneter - Geräte, und zwar

-im Buffetbereich ein Backofen, zwei Leberkäsewärmer, ein Schwadenkondensator, eine Kaffeemaschine, ein Tassenwärmer, eine Gläserspülmaschine, eine Mikrowelle und ein Kühltisch, obwohl in der Betriebsbeschreibung der Betriebsanlagengenehmigung solche Geräte nicht enthalten oder andere Geräte (anderer Hersteller, andere Type) genannt sind;
-ein Einzelstaubsauger und ein Zweiplatzstaubsauger des Herstellers Istobal, obwohl zwei Zweiplatzstaubsauger des Herstellers Christ genehmigt sind;
-eine Portalwaschanlage, Type IS4PH7079, obwohl eine Portalwaschanlage der Type IS4PH2300/IF4PH 2500 genehmigt ist;
-ein Heizkessel des Herstellers Wolf, Typ CNU63, mit dem Brenner CNUCH63 (Ölgebläsebrenner), obwohl eine Heizkessel VITOLADENS 300-T Typ VW3B, Brennwertkessel, genehmigt ist;"

Die dagegen erhobenen Revision war teilweise erfolgreich.

Entscheidung

Aufgrund seiner nicht zu Recht bestehenden Auffassung hatte das Verwaltungsgericht Feststellungen unterlassen, ob die im angefochtenen Erkenntnis angeführten Änderungen iSd § 81 Abs 1 GewO 1994 geeignet sind, die im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen (sekundärer Verfahrensmangel).

Ausgehend vom Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsguts konnte im vorliegenden Fall nach Ansicht des VwGH die abstrakte Eignung gewisser Änderungen ohne Weiteres als gegeben angesehen werden, und zwar die Änderungen im Bereich der Autowaschplätze im Freien (im Hinblick auf die abstrakte Eignung, im Freien Lärmbelästigungen zu erzeugen) sowie die Änderungen betreffend den Heizkessel (im Hinblick auf die Ölbefeuerung).

Im Hinblick auf die übrigen Änderungen im Buffetbereich, insb den Leberkäsewärmer, die Kaffeemaschine oder den Tassenwärmer, war für den VwGH eine abstrakte Eignung (zur Beeinträchtigung der im § 74 Abs 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen) nicht in einer derartigen Weise ohne Weiteres als gegeben anzusehen. Insoweit führten die fehlenden Feststellungen daher zur Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit in diesen Spruchpunkten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19753 vom 29.06.2015