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Änderungen im Verwaltungsverfahren - RV

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden sollen

RV 14. 9. 2016, 1255 BlgNR 25. GP

Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

§ 40 VwGVG wurde vom VfGH mit 31. 12. 2016 als verfassungswidrig aufgehoben, weil die Verfahrenshilfe in Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, die unter Art 6 EMRK fallen, nach Ansicht des VfGH nicht gänzlich ausgeschlossen werden darf (VfGH 25. 6. 2015, G 7/2015 = LN Rechtsnews 19919 vom 22. 7. 2015).

Die Aufhebung des § 40 VwGVG wird nun zum Anlass genommen, das Institut der Verfahrenshilfe im Verfahren der Verwaltungsgerichte neu zu regeln und einen Rechtszustand herzustellen, der der diesbezüglichen Judikatur des EGMR Rechnung trägt. Im 2. Hauptstück 1. Abschnitt VwGVG wird daher ein neuer § 8a VwGVG aufgenommen, der die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ensprechend der Verfahrenshilfe im zivilgerichtlichen Verfahren regelt.

Im Verwaltungsstrafverfahren soll - wie bisher - ein Verfahrenshilfeverteidiger beigegeben werden können. Es bedarf daher auch einer entsprechenden Anordnung im 3. Hauptstück 2. Abschnitt VwGVG (an Stelle des bisherigen § 40 VwGVG).

Die Zuständigkeit der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Vertreter soll sich (einheitlich) nach § 45 RAO bestimmen (Bestellung durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, die nach dem Sitz des Gerichts zuständig ist). Da dies für alle Bestellungen von Rechtsanwälten zum Vertreter, die vom Bundesverwaltungsgericht bewilligt werden, zu einer Zuständigkeit der Wiener Rechtsanwaltskammer führen würde, soll sich in diesen Fällen die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Partei richten (wie dies auch für Bestellungen von Rechtsanwälten zum Vertreter durch den VwGH und den VfGH vorgesehen ist).

Für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sind weiters va folgende Änderungen vorgesehen:

-Die mündliche Verhandlung kann auch entfallen, wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird (§ 24 Abs 2 Z 3 VwGVG). Der vorgeschlagene § 24 Abs  2 Z 3 VwGVG hat nicht zur Folge, dass in einer Rechtssache, die zur Zuständigkeit eines Rechtspflegers gehört, eine öffentliche mündliche Verhandlung überhaupt nicht stattfindet; eine solche ist unter den Bedingungen des § 24 VwGVG nämlich durchzuführen, nachdem gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Rechtspflegers Vorstellung gemäß § 54 Abs 1 VwGVG beim zuständigen Mitglied des VwG erhoben wurde.
-Eine Videokonferenz soll möglich sein (§ 25 Abs 7 VwGVG).
-Im Fall einer mündlichen Verkündung soll die Niederschrift allen Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen sein, die zur Erhebung einer Revision beim VwGH oder einer Beschwerde beim VfGH legitimiert sind (§ 29 Abs 2a VwGVG). Der Niederschrift ist eine Belehrung über das Recht anzuschließen, binnen zwei Wochen eine Ausfertigung des Erkenntnisses gem § 29 Abs 4 VwGVG zu verlangen, sowie darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim VwGH und der Beschwerde beim VfGH ist.
Verzichten die Parteien auf die Revision beim VwGH und die Beschwerde beim VfGH oder beantragt nicht mindestens einer der hierzu Berechtigten eine Ausfertigung des Erkenntnisses, soll das Erkenntnis nach dem vorgeschlagenen § 29 Abs 5 VwGVG in gekürzter Form ausgefertigt werden können.
-In Zukunft sollen Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze (Verhaltensbeschwerden) - und Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für solche - gem § 53 VwGVG iVm § 20 VwGVG unmittelbar beim VwG einzubringen sein. (§§ 13 Abs 3 und 34 Abs 1 VwGVG)
-In § 50 Abs 2 VwGVG soll klargestellt werden, dass die Einstellung des Verfahrens in Verwaltungsstrafsachen durch das VwG gemäß § 45 Abs 1 VStG - entgegen der Judikatur des VwGH (VwGH 30. 9. 2014, Ra 2014/02/0045, LN Rechtsnews 18462 vom 21. 11. 2014) - in Form eines Erkenntnisses zu ergehen hat.

Den VwGH betreffen va folgende geplante Änderungen:

-Anders als für die ordentliche Gerichtsbarkeit enthält das VwGG keine Vorschriften betreffend die Sicherheit im Amtsgebäude des VwGH oder die Erlassung einer Hausordnung. Angesichts der aktuellen Sicherheitssituation soll diese Lücke geschlossen werden (Verweis auf die einschlägigen Regelungen im GOG). Die im GOG normierten Befugnisse der Gerichtspräsidenten bzw der Dienststellenleitungen stehen für den VwGH dessen Präsidenten zu (insb der Abschluss von Verträgen mit Sicherheitsunternehmen), ohne dass dies der Genehmigung des zuständigen BM (des Bundeskanzlers) bedarf. Die Hausordnung ist durch Auflage zur öffentlichen Einsicht im Amtsgebäude und Bereitstellung im Internet kundzumachen, wodurch ausreichende Publizität gewährleistet ist. (§ 9a VwGG)
-Die Möglichkeit des Umlaufbeschlusses soll auf alle Fälle ausgedehnt werden, in denen der VwGH durch Dreiersenat zu entscheiden hat. Ferner soll klargestellt werden, dass Umlaufbeschlüsse auch in den Strafsenaten zulässig sind, die ebenfalls nur aus drei Richtern bestehen. (§ 15 Abs 4 VwGG)
-Der VwGH soll Daten auch dann im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs übermitteln können, wenn der Einschreiter nicht selbst zuvor Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht hat. (§ 72 Abs 1 zweiter Satz VwGG)

Die Änderungen sollen mit 1. 1. 2017, also gleichzeitig mit der Aufhebung des § 40 VwGVG durch den VfGH, in Kraft treten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22318 vom 19.09.2016