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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
§ 2 StGB (Begehung durch Unterlassung) ist schon dem klaren Wortlaut nach nur auf Erfolgsdelikte anzuwenden. Um ein solches handelt es sich beim Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB) gerade nicht. Seine (neutrale) tatbestandsmäßige Handlungsbeschreibung („missbraucht“) erfasst auch Unterlassen, weil Befugnis ebenso durch (gezielte) Untätigkeit missbraucht werden kann. Nach herrschender Rsp bedeutet Missbrauch vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis. Diese Missbrauchsdefinition erfasst nur einen auf einer intellektuell erfassten und willentlich getroffenen Entscheidung beruhenden Fehlgebrauch, wobei § 302 Abs 1 StGB überdies Wissentlichkeit des Beamten in Bezug auf dieses Tatbestandselement verlangt.
Räumt das Gesetz einem Beamten Befugnis ein und verpflichtet es ihn - wie hier - zu einem bestimmten Handeln, schreibt es also vor, in welcher Weise der Beamte diese Befugnis (aktiv) auszuüben hat, kann ein tatbildlicher (also vorsätzlicher) Fehlgebrauch gerade auch in der Nichterfüllung dieser Handlungspflichten liegen (hier: Anzeige wurde von Polizeibeamten nicht einer ordnungsgemäßen Behandlung zugeführt).
Entscheidung
Der OGH beschäftigt sich in seinen Entscheidungsgründen auch mit der gegenteiligen Ansicht, die in der Verwendung des Verbs „missbrauchen“ ein Indiz für die Pönalisierung (bloß) aktiven Tuns sieht; dabei ergebe sich die Anwendbarkeit des § 2 StGB aus dem Charakter des § 302 Abs 1 StGB als „kupierten Erfolgsdelikts“, bei dem also die Verletzung eines Rechtsguts zumindest als Bezugspunkt des überschießenden Schädigungsvorsatzes ein Element des Tatbestands bilde.
Diese Auslegung läuft nach Ansicht des OGH allerdings dem in den Gesetzesmaterialien eindeutig dokumentierten gegenteiligen Willen des Gesetzgebers zuwider (vgl EBRV 30 BlgNR 13. GP, 455 [mit ausdrücklichem Hinweis auf der Unterlassung der Weiterleitung einer Anzeige]) und übersieht zudem, dass § 2 StGB (anders als etwa die entsprechende deutsche Regelung [§ 13 dStGB]) ausdrücklich auf den Erfolg als Element des „Tatbildes“, also des äußeren Tatbestands abstellt und demnach (nur) im subjektiven Tatbestand angesprochene Rechtsgüter nicht erfasst.
Während in der (ältere) Rsp der OGH gelegentlich die Elemente des § 2 StGB geprüft und § 2 StGB damit ohne nähere Begründung als anwendbar vorausgesetzt wurde, trägt die neuere Rsp dem berechtigten kriminalpolitischen Anliegen einer sachgerechten Begrenzung der Strafbarkeit von bloßem Unterlassen nach § 302 Abs 1 StGB nach Ansicht des OGH in anderer Weise (effektiver) Rechnung: Danach sind die Handlungspflichten, die den Beamten aufgrund der Rechtsvorschriften und seines Kompetenzbereichs konkret treffen, präzise zu ermitteln (daraus ergibt sich zwangsläufig seine Garantenstellung) und es ist genau zu prüfen, ob die Feststellungen die Annahme eines Schädigungsvorsatzes (im Tatzeitpunkt) tragen, der auf ein iSd Tatbestands beachtliches Recht bezogen ist (vgl die zahlreichen Beispiele zu RIS-Justiz RS0096270). Das sog Gleichwertigkeitskorrektiv hingegen - das bei sehr allgemein gehaltener Handlungsbeschreibung (hier: „missbraucht“) von vornherein nur eingeschränkt aussagekräftig sei - habe sich in der bisherigen Rsp unter dem Aspekt einer Strafbarkeitsbegrenzung als wenig tauglich erwiesen (vgl den Befund bei Marek/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch6 § 302 Rz 34 mwN).