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Anfechtung einer Liegenschaftsübereignung – Begehren

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AnfO: § 2

Bei der vorliegenden Anfechtung (wegen Benachteiligungsabsicht der Bekl bei Erwerb der Liegenschaften vom Schuldner anlässlich der Scheidung ihrer Ehe nach § 55a EheG) ist das Begehren der kl Bank zutreffend (nur) auf die Duldung der Exekution gerichtet; denkbar wäre allenfalls auch ein Begehren auf Zahlung bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft. Ein darüber hinausgehendes Begehren auf neuerliche Einverleibung des Eigentumsrechts des Schuldners ermöglichte demgegenüber auch anderen Gläubigern den Zugriff auf die Liegenschaft und verstieße daher gegen den Grundsatz der Relativität der Anfechtung. Soweit der E 17 Ob 2/22a, ZIK 2022/118, Gegenteiliges entnommen werden kann, wird sie nicht aufrecht erhalten.

OGH 14. 2. 2023, 17 Ob 7/22m

Entscheidung

Nach der Rsp zur Insolvenzanfechtung ist Ziel der Anfechtung die Herstellung jenes Zustands, in dem sich die Masse befände, wenn die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden wäre. Das Anfechtungsrecht dient nicht dazu, den Gläubigern Vorteile zu verschaffen, die sie ohne Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung nicht erzielt hätten, sondern der Masse soll durch die Anfechtung nur dasjenige wieder zugeführt werden, was ihr ohne die anfechtbare Rechtshandlung verblieben wäre. Diese Rsp wurde in der E 17 Ob 2/22a für die Einzelanfechtung übernommen. Im Ausgangsfall zur E 17 Ob 2/22a war auf den übereigneten Liegenschaften ein Belastungs- und Veräußerungsverbot der Käuferin einverleibt gewesen, das im Zuge der Übertragung der Liegenschaften gelöscht wurde. Der Senat lehnte es unter Hinweis auf die Rsp zur Insolvenzanfechtung ab, der Kl durch Anfechtung nur der Einverleibung den Zugriff auf die Liegenschaft zu ermöglichen, der zuvor wegen des Belastungs- und Veräußerungsverbots blockiert war. Daran ist ungeachtet dessen festzuhalten, dass die in diesem Verfahren gewählte Vorgangsweise (Wiedereinverleibung sowohl des Eigentums als auch des Belastungs- und Veräußerungsverbots) nicht aufrecht erhalten werden kann.

Im vorliegenden Fall hatte die Bekl anlässlich der Scheidung ihrer Ehe nach § 55a EheG mit ihrem (Noch-)Eheman (dem Schuldner) die Übertragung des Eigentums an Liegenschaft 1 und an einem Liegenschaftsanteil der Liegenschaft 2 auf die Bekl vereinbart; sie wusste zu diesem Zeitpunkt, dass erhebliche Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber der Kl bestanden. Der geschiedene Ehemann der Bekl (idF Schuldner) hatte bei der kl Bank nicht nur Kredite aufgenommen, sondern als deren Mitarbeiter auch Kundengelder veruntreut; nach strafgerichtlicher Verurteilung schuldet er der Kl aufgrund eines rk Versäumungsurteils nun 224.292,02 € samt Zinsen, zu deren Hereinbringung die Kl nun unter Berufung auf Benachteiligunsabsicht der Bekl die Verpflichtung der Bekl zur Duldung der Exekution in die Liegenschaft und den Liegenschaftsanteil begehrt.

Liegenschaft 1

In Bezug auf die Liegenschaft 1 scheitert das Begehren der Kl am Grundsatz, dass die Anfechtung den Gläubiger nicht besser stellen darf, als er bei Unterbleiben der angefochtenen Rechtshandlung stünde.

Auf Liegenschaft 1 war ein Veräußerungsverbot zugunsten des Vaters des Schuldners einverleibt und haftete weiters ein Fruchtgenussrecht zugunsten der Bekl.

Zwar hat der Vater des Schuldners die Zustimmung zur Löschung des Veräßerungsverbots – anders als die Verbotsberechtigte im Verfahren 17 Ob 2/22agetrennt von der Vereinbarung über die Liegenschaftsübertragung erteilt. Das begründet aber keinen tragfähigen Unterschied: Angefochten ist hier nämlich (zutreffend) die Eigentumsübertragung, also das Verfügungsgeschäft, das zum Ausscheiden der Liegenschaft aus dem Vermögen des Schuldners und damit aus dem Haftungsfonds des Gläubigers führte. Diese Eigentumsübertragung war aber nur mit Zustimmung des Verbotsberechtigten möglich; ohne sie wäre der Grundbuchsantrag abzuweisen gewesen. Die angefochtene Rechtshandlung steht daher in untrennbarem Zusammenhang mit der Zustimmung des Verbotsberechtigten. Nur darauf kommt es an, nicht auf die Frage, ob diese Zustimmung schon bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung vorlag (also im Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts). Denn die bloße Vereinbarung bewirkte noch nicht, dass die Liegenschaft dem Haftungsfonds der Kl entzogen wurde.

In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass der Verbotsberechtigte nicht bloß der Veräußerung zustimmte, sondern die Einwilligung zur Löschung des Verbots erteilte: Auch eine bloße Zustimmung hätte zum Erlöschen des Verbots geführt, weil dieses nach § 364c Satz 1 ABGB unabhängig von der konkreten Formulierung nur „den ersten Eigentümer“ (hier also den Schuldner) bindet, nicht aber dessen Rechtsnachfolger (RS0015102). Die Einwilligung in die Löschung statt der bloßen Zustimmung war daher nur ein anderer Weg zum Erreichen desselben Ziels.

Auch der Einwand der Kl, sie hätte schon aufgrund der bestehenden Pfandrechte eine Zwangsversteigerung erwirken können, greift nicht durch. Denn das hätte eine Fälligstellung der Kreditforderungen und das Erwirken eines vollstreckbaren Titels erfordert. Hätte die Kl mit der Anfechtung Erfolg, könnte sie ohne diese Voraussetzungen vollstrecken. Ihre Stellung würde sich daher auch unter dieser Prämisse verbessern.

Zudem ist zu beachten, dass auch das Erlöschen des Fruchtgenussrechts der Bekl untrennbar mit der Einverleibung ihres Eigentums verbunden war (Vereinigung, § 1445 ABGB). Ohne diese Einverleibung hätte es weiter bestanden und wäre gegenüber der vollstreckbaren Forderung der Kl vorrangig gewesen. Allein aus diesem Grund stünde die Kl bei einem Erfolg ihres Begehrens besser als vor der angefochtenen Rechtshandlung.

Aus diesen Gründen muss die Anfechtung der Übertragung des Eigentums an Liegenschaft 1 in der von der Kl gewählten Form scheitern. Wie ein Anfechtungsbegehren formuliert werden könnte, das nicht zu einer Besserstellung der Kl führte, ist hier nicht zu prüfen.

Liegenschaft 2

In Bezug auf die Duldung der Zwangsversteigerung eines Hälftanteils an der Liegenschaft 2 ist die angefochtene Entscheidung jedoch zu bestätigen:

An der Erfüllung des Tatbestands von § 2 Z 3 AnfO (§ 439 Z 3 EO) besteht nach den Feststellungen kein Zweifel.

Die Anfechtung scheitert auch nicht an fehlender Befriedigungstauglichkeit: Die Liegenschaft 2 zwar über den Verkehrswert hinaus mit (wohl ausgenutzten) Pfandrechten belastet. Dabei handelt es sich aber (abgesehen vom Pfandrecht des Landes Vorarlberg) um Pfandrechte der Kl selbst. Diese Pfandrechte haften simultan auch auf dem Hälfteanteil an der Liegenschaft 2, der schon ursprünglich der Bekl gehörte, sowie im Ausmaß von 330.000 € auch simultan auf der Liegenschaft 1.

Auf dieser Grundlage ist nicht ausgeschlossen, dass die Kl bei einer Verwertung des hier strittigen Hälfteanteils wegen ohnehin ausreichender Deckung im zweiten Hälfteanteil und in der Liegenschaft 1 auf die Befriedigung ihrer vorrangig gesicherten Forderungen aus dem Meistbot verzichtet, sodass die betriebene Forderung zum Zuge käme.

Weiters wäre denkbar, dass die Kl nach § 148 Z 3 EO vom Versteigerungsverfahren absteht und nach § 152 Abs 1 EO die Einverleibung eines Zwangspfandrechts im Rang der Versteigerungsanmerkung erwirkt. Dadurch könnte sie eine Rückzahlung ihrer pfandrechtlich gesicherten Forderungen und eine allfällige Wertsteigerung der Liegenschaften abwarten und auf diese Weise die Aussicht auf Befriedigung ihrer vollstreckbaren Forderung verbessern.

Zumindest im Zweifel ist daher Befriedigungstauglichkeit anzunehmen.

Hinweis:

Die Regelungen der AnfO wurden mit der Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx, BGBl I 2021/86) in die §§ 438 ff EO übernommen. Nach § 502 Abs 8 EO idF GREx sind diese Bestimmungen aber nur auf Rechtshandlungen nach dem 30. 6. 2021 anzuwenden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34002 vom 09.05.2023