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Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift in Spruch

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

VStG: § 1, § 44a

VwGG: § 13

Der VwGH geht in einem verstärkten Senat gem § 13 Abs 1 Z 1 VwGG von der Rechtsansicht ab, wonach im Spruch des Straferkenntnisses jedenfalls die Fundstelle jener Novelle anzugeben ist, durch die die als verletzt betrachtete Norm sowie die Strafsanktionsnorm (jeweils auf ihrer untersten Gliederungsebene) ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten haben.

Wie auch bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gem § 44a Z 1 VStG kommt es bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gem § 44a Z 2 und 3 VStG darauf an, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren. Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der verhängten Strafe überprüfen zu können (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG).

Sofern nicht aus besonderen Gründen - etwa aufgrund gestaffeltem, verzögertem oder später geändertem Inkrafttreten - für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird, oder wenn die zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Novellierung bezogen auf einzelne Paragraphen oder Artikel der Rechtsvorschrift zitiert wird, ohne dass mit den zitierten Änderungen zwingend auch die jeweils konkret anzuwendende Untergliederung der Rechtsvorschrift geändert wurde. Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle kann aber dann keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person bewirken, wenn die herangezogene Rechtsvorschrift für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnte.

VwGH 27. 6. 2022, Ra 2021/03/0328 (verstärkter Senat)

Entscheidung

Zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gem § 44a Z 1 VStG erkennt der VwGH in stRsp, dass eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung hat, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt werden (vgl etwa VwGH 20. 12. 2021, Ra 2018/08/0013, 0066, ARD 6791/14/2022).

Diese Überlegung hat der VwGH auch bereits für die nach § 44a Z 2 VStG gebotene Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift als maßgeblich erachtet. Demnach dient die Einhaltung des § 44a Z 1 und 2 VStG dazu, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (VwGH 27. 9. 2021, Ra 2020/15/0087, mwN). Vergleichbares hat auch für die Angabe der Strafsanktionsnorm nach § 44a Z 3 VStG zu gelten.

Wie auch bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gem § 44a Z 1 VStG kommt es bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gem § 44a Z 2 und 3 VStG daher darauf an, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl zu § 44a Z 1 VStG etwa VwGH 25. 11. 2021, Ra 2020/11/0134, mwN, ARD 6783/9/2022). Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der über ihn verhängten Strafe überprüfen zu können (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG).

Für die Frage, ob eine dem Beschuldigten vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung zu beurteilen ist und welche Strafe gegebenenfalls zu verhängen ist, kommt es vor dem Hintergrund des § 1 VStG einerseits auf die zum Tatzeitpunkt in Kraft befindlichen Verwaltungsvorschriften an, andererseits auf jene Strafsanktionsnormen, die im Entscheidungszeitpunkt der Behörde bzw des VwG in Geltung stehen.

Neben der jedenfalls anzugebenden Bezeichnung der Rechtsvorschrift (gegebenenfalls mit dem Kurztitel oder auch einer Abkürzung, deren Kenntnis beim Beschuldigten erwartet werden kann) wird daher im Regelfall die Angabe einer „Fundstelle“, insb der Gesetz- oder Amtsblattnummer, mit der die Norm kundgemacht (und gegebenenfalls zuletzt geändert) wurde, iSd Zielsetzung des § 44a VStG zweckmäßig sein, um dem Beschuldigten zu erleichtern, die Norm in den entsprechenden Kundmachungsorganen auffinden und den zeitlichen Anwendungsbereich prüfen zu können. Dies ermöglicht der beschuldigten Person insb die Überprüfung, ob die Behörde bzw das VwG rechtsrichtig die Fassung der betreffenden Norm zum Tatzeitpunkt, zum Entscheidungszeitpunkt oder zu einem im konkreten Fall gegebenenfalls anderen relevanten Zeitpunkt herangezogen hat.

Werden die angewendeten Normen einer Rechtsvorschrift - wie im vorliegenden Straferkenntnis - pauschal mit dem Gesetz- oder Amtsblatt der Stammfassung sowie der zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgten Änderung der Rechtsvorschrift (nicht notwendigerweise auch der konkret angewendeten Bestimmungen) zitiert, so ist dies ohne Weiteres dahin zu verstehen, dass die Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (die sie durch die zuletzt genannte Novelle erhalten hat) zur Anwendung gelangte.

Sofern nicht aus besonderen Gründen - etwa aufgrund gestaffeltem, verzögertem oder später geändertem Inkrafttreten - für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG daher jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird, oder wenn die zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Novellierung bezogen auf einzelne Paragraphen oder Artikel der Rechtsvorschrift zitiert wird, ohne dass mit den zitierten Änderungen zwingend auch die jeweils konkret anzuwendende Untergliederung der Rechtsvorschrift geändert wurde. Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle kann aber dann keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person bewirken, wenn die herangezogene Rechtsvorschrift für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnte.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33141 vom 10.10.2022