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Anlegerschaden iZm Bitcoin-Mining

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1311

GSpG: § 1, § 2

Der Bekl war bis Ende 2016 als selbstständiger Vermögensberater im Wertpapierbereich tätig. Mit Kryptowährungen hatte er damals aber noch nichts zu tun. Erst Ende 2016 begann er, sich mit diesen zu beschäftigen und in diese zu investieren. Ab dem zweiten Quartal des Jahres 2017 gab er an Freunde und Bekannte Empfehlungslinks weiter, die zur Vermögensveranlagung in Kryptowährung auf diversen Plattformen notwendig waren. Durch deren Investitionen und Re-Investitionen über diese Links bezog der Bekl von den Plattformen Provisionszahlungen in Form von Bitcoins.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Investitionen des Kl in zwei Bitcoin-Mining-Plattformen. Der Kl stützt den behaupteten Schadenersatzanspruch für den Verlust dieser Investitionen (nur noch) auf die Verletzung von Bestimmungen des GSpG als einem Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB. Bitcoin-Mining sei ein illegales Glücksspiel bzw eine verbotene Ausspielung iSd GSpG, der Bekl habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1, Z 6 und/oder Z 9 GSpG begangen.

Die Fragen der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des GSpG sind im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klären. Der Bekl wandte nämlich zu Recht ein, dass er selbst dann nicht schuldhaft gehandelt hätte, wenn das Mining als Glücksspiel iSd § 1 GSpG bzw als eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG zu qualifizieren wäre. Allein der Umstand, dass er nach den Feststellungen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Glücksspiels iSd GSpG nicht kannte, würde zwar die subjektive Vorwerfbarkeit eines allfälligen Verstoßes gegen dessen Strafbestimmungen nicht ausschließen, weil an die Beurteilung von Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum grds ein strenger Maßstab anzulegen ist. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte durfte der Bekl jedoch zum Zeitpunkt seiner Beratungs- und Vermittlungstätigkeit auch “aus dem Blickwinkel des GSpG“ davon ausgehen, dass das Bitcoin-Mining kein in Österreich illegales Glücksspiel ist. Ein Verschulden des Bekl als Voraussetzung für dessen Haftung aufgrund einer Schutzgesetzverletzung ist bzw wäre daher nicht gegeben.

OGH 22. 12. 2021, 5 Ob 95/21p

Entscheidung

Zur Frage, ob die subjektive Sorgfaltswidrigkeit zu verneinen ist, weil der Bekl auch aus dem Blickwinkel des GSpG an der Zulässigkeit des Minings nicht zweifeln konnte, verweist der OGH darauf, dass der Wortlaut der einschlägigen Gesetzesbestimmungen die Subsumtion des Minings unter die Begriffe Glücksspiel und Ausspielung zumindest nicht nahelegt und mangels einschlägiger veröffentlichter Rsp die Verwaltungspraxis ganz entscheidend ist (vgl 4 Ob 334/87 [§ 1 UWG]). Das Mining von Kryptowährungen führte nach Ansicht des (damals) für die Glücksspielaufsicht zuständigen BMF zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (Nachweise bei Varro, taxlex 2017, 399 [401]). Schon das BerufungsG wies darauf hin, dass sich auf der Website des BMF (Steuerliche Behandlung von Krypto-Assets [bmf.gv.at]) nur die Information finde, dass bei Mining grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit vorliege, die entsprechende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehe. Die Schaffung der Krypto-Assets werde somit nicht anders behandelt als die Herstellung sonstiger Wirtschaftsgüter. Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzbehörden das Mining als Glücksspiel einstufen könnte, gab es demnach nicht.

Aufgrund welcher anderen Umstände der Bekl das Mining von Kryptowährungen mit dem österreichischen GSpG in Zusammenhang bringen hätte müssen, legt auch der Kl nicht dar. Es gibt insb keinen Hinweis darauf, dass diese Frage in den beteiligten Verkehrskreisen auch nur thematisiert worden wäre. Die Meinung, Mining sei ein Glücksspiel, findet sich zwar mittlerweile in der – nicht einhelligen – juristischen Fachliteratur. Im Zeitpunkt der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit des Bekl und der Investitionen des Kl waren diese Beiträge allerdings noch nicht veröffentlicht. Die Unkenntnis dieser Überlegungen ist ihm schon deshalb nicht zum Vorwurf zu machen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32379 vom 12.04.2022