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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
WAG 1996: § 13
Im vorliegenden Fall hat der Anleger der Bank mit dem Agio ein Entgelt für die Vermittlung der Anlage und die damit zusammenhängende Beratung geleistet. Daher durfte er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Bank nicht darüber hinaus auch noch vom Emittenten oder dessen Vertriebspartner eine Provision erhält. Unter diesen Umständen hätte die Bank auf weitere – einen möglichen Interessenkonflikt herbeiführende – Provisionen hinweisen müssen und es ist insofern auch ein Verschulden des Bankberaters gegeben, weil er nicht damit rechnen durfte, dass dem Anleger die (zusätzlichen) Innenprovisionen bewusst oder bekannt waren.
Ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Schaden und Pflichtverletzung besteht hier jedoch nur, wenn tatsächlich eine Interessenkollision auf Seiten der Bank vorlag. Eine Interessenkollision wäre im konkreten Fall dann zu verneinen, wenn die Bank die strittigen Beteiligungen auch dann empfohlen hätte, wenn sie dafür (abgesehen vom offen gelegten Ausgabeaufschlag) keine Vergütungen von ihrem Vertriebspartner erhalten hätte. Sollte dies der Fall sein, so wäre kein unzulässiges besonderes Eigeninteresse der Bank am Vertrieb (gerade) dieser Beteiligung vorgelegen. Die Beweislast für diesen Umstand trifft die Bank.
Ausgangslage
Der Ausgangsfall betrifft einen Anlegerschaden iZm der Veranlagung in den „Sachwert Rendite-Fonds Holland 68“ der MPC ***** AG, womit eine Kommanditbeteiligung erworben wurde.
Der Kl begehrt von der Bekl insb Zahlung von 353.688,79 € sA, Zug um Zug gegen die Abgabe des Angebots, ihr die Ansprüche betreffend die Kommanditanteile abzutreten. Er macht mehrere Beratungsfehler geltend (im Revisionsverfahren nicht relevant), der Verkaufsprospekt habe irreführende Informationen enthalten und es habe ein nicht offengelegter Interessenkonflikt bestanden, weil die Bekl für die Vermittlung der Beteiligung „Kick-back“-Zahlungen erhalten habe, die auch aus dem Fondsvermögen bezahlt worden seien.
Wegen fehlender Feststellungen zum Interessenkonflikt hat der OGH die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das ErstG zurückverwiesen. Sollte sich im fortzusetzenden Verfahren herausstellen, dass eine Haftung wegen der verletzten Aufklärungspflicht über die Innenprovision hier nicht in Betracht kommt, werden auch zu den weiters behaupteten Beratungsfehlern entsprechende Feststellungen zu treffen sein.
Dass keine Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Naturalrestitution vorliegt, hat der OGH bereits in den E 10 Ob 70/15i und 2 Ob 99/16x dargestellt (ebenfalls „Holland-Fonds“ betreffend).
Hinweis:
Im vorliegenden Fall war noch das WAG 1996 anzuwenden.
Entscheidung
Keine Aufklärung über Innenprovision
In seinen Entscheidungsgründen schließt sich der OGH zunächst ausdrücklich der E 2 Ob 99/16x (= Rechtsnews 23593) an (Aufklärungspflicht, wenn der Kunde für die Beratung und Vermittlung der Anlage selbst ein Entgelt [Provision] leistet).
Nach den Feststellungen hat die Verletzung dieser Aufklärungspflicht beim Kl einen Schaden verursacht, weil er die strittigen Beteiligungen nicht erworben hätte, wenn der Berater ihn über die (zusätzlichen) Provisionen informiert. Damit steht die Verursachung für den OGH bindend fest.
Ob der Schaden aber auch im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Pflichtverletzung steht, kann vom OGH noch nicht abschließend beurteilt werden:
Zweck der im konkreten Fall verletzten Informationspflicht war die Aufklärung über eine allfällige Interessenkollision auf Seiten der Bekl. Lag eine solche Interessenkollision vor, so erhöhte sie das Risiko, dass der Kl aufgrund der Beratung eine Anlage erwarb, die nicht seinen konkreten Wünschen und Bedürfnissen entsprach. Damit wäre der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen. Bestand hingegen keine Interessenkollision, so stehen andere Risiken, die sich im konkreten Fall verwirklichten, nicht mehr im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der verletzten Pflicht.
Nach Auffassung des Kl besteht der Rechtswidrigkeitszusammenhang bereits deswegen, weil die Belastung der Anlage mit der Innenprovision das Risiko des Scheiterns der Anlage sowie insb das Haftungsrisiko des Kl aus der Kommanditbeteiligung erhöht habe. Damit macht er aber einen anderen Zweck der verletzten Informationspflicht geltend, den diese im konkreten Fall nicht hatte: Mit Vertriebskosten („Weichkosten“) muss ein Anleger grundsätzlich rechnen und eine Informationspflicht entsteht erst dann, wenn diese Kosten eine erhebliche Höhe erreichen (3 Ob 190/16m, Rechtsnews 23158 = RdW 2017/354). Dies trifft hier in Bezug auf die Innenprovisionen selbst dann nicht zu, wenn man auch den zusätzlich gewährten Ausgabeaufschlag berücksichtigt (hier insgesamt 6 %; der BGH nimmt in diesem Zusammenhang eine Grenze von etwa 15 % an; vgl zuletzt etwa XI ZR 147/12, BGHZ 201, 310 mwN). Eine unterbliebene Information über die insgesamt anfallenden Weichkosten steht nicht fest.
Entscheidend ist daher im konkreten Fall tatsächlich nur das Vorliegen einer Interessenkollision. Insofern ist aber im vorliegenden Fall noch keine abschließende Beurteilung möglich.
Verjährung
Auch hinsichtlich der Verjährung in Anlegerhaftungsfällen schließt sich der 8. Senat der bisherigen Rsp an (vgl 10 Ob 70/15i, Rechtsnews 23782, 2 Ob 99/16x).
Im konkreten Fall hat der Kl erst 2014 von den Innenprovisionen an die Bekl erfahren. Das Verschweigen der Provisionen ist von den Informationen über den Inhalt der Veranlagung unabhängig; auch eine Erkundigungsobliegenheit verneint der OGH. Selbst wenn man unterstellt, dass der Kl von der unterbliebenen Information über den Charakter der Ausschüttungen und die damit möglicherweise verbundene Rückzahlungspflicht schon früher Kenntnis hatte (dazu wurde allerdings bisher kein Beweisverfahren geführt), so hätte dies noch keinen Anlass dafür geboten, auch an eine Interessenkollision durch eine Innenprovision zu denken. Die Verjährungsfrist für den darauf gestützten Schadenersatzanspruch begann daher erst mit Kenntnis der Innenprovisionen und der insofern unterbliebenen Aufklärung zu laufen.