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Anlegerschaden und Verjährung bei „Börsenbrief“

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295, § 1489

Die Bekl vermarktet ein Veranlagungskonzept und ist Herausgeberin des Börsenbriefs „Chancen-Investor“ (nunmehr „30-Prozent-Trader“), den der Kl von 2011 bis Anfang 2020 abonnierte (um rund 250 € je Quartal). Der Kl investierte bis zum Ende des Jahres 2012 über einen Broker insgesamt 40.500 € und war dabei der Meinung, dass man grundsätzlich im Ergebnis bei Befolgung der Anweisungen dieses Börsenbriefs keine Verluste mache. Im September 2015 sank der Wert seines (nach wie vor bestehenden) Wertpapierdepots auf rund 15.000 €, erholte sich danach auf rund 24.000 € und sank Anfang des Jahres 2016 – ohne nachfolgende merkliche Erholung – erneut auf rund 15.000 €. Der für den Inhalt des Börsenbriefs verantwortliche Journalist teilte dem Kl in den Jahren 2014 und 2015 per Mail mit, dass „alles prima“ und in Ordnung sei.

Für die Frage der Verjährung von Ansprüchen aus Beratungsfehlern bei Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepten, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern vorsehen, ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtkonzept entgegen den Zusicherungen nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist also die Kenntnis der Risikoträchtigkeit des gesamten Modells. Diese Rsp kann auf den vorliegenden Fall übertragen werden, in dem die Bekl ein Veranlagungskonzept vermarktete. Zu welchem Zeitpunkt der Anleger konkret Kenntnis vom Primärschaden erlangte, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Die Vorinstanzen setzten den Verjährungsbeginn spätestens mit den massiven Kursverlusten im Jahr 2015 an. Eine Fehlbeurteilung kann der Kl diesbezüglich nicht aufzeigen: Auch einem unerfahrenen Anleger muss die Risikoträchtigkeit des Investments erkennbar werden, wenn der Stand seines Wertpapierdepots entgegen seinen Erwartungen, wonach Verluste auszuschließen sind, auf etwas mehr als ein Drittel sinkt.

Es stellt auch keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, dass die Vorinstanzen die eher allgemein gehaltenen Mitteilungen in den Jahren 2014 und 2015 – damit vor dem erneuten deutlichen Sinken des Wertes des Wertpapierdepots Anfang 2016 – nicht als für die Verjährungsfrage maßgeblichen Beschwichtigungsversuch werteten.

OGH 16. 9. 2021, 2 Ob 122/21m

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31691 vom 12.11.2021