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Banküberweisung - Haftung bei Fehlüberweisung

ZaDiG § 35

Der Zahlungsdienstleister hat einen Zahlungsauftrag ausschließlich auf Basis der Kundenidentifikatoren (IBAN als alleiniger Kundenidentifikator seit 1. 2. 2014 auch bei nationalen Überweisungen) durchzuführen und darf weitergehende Angaben ignorieren. Wurde nach Kohärenzprüfung der Zahlungsauftrag anhand des angegebenen Kundenidentifikators durchgeführt, so gilt dies nach § 35 Abs 5 ZaDiG als ordnungsgemäße Durchführung, auch wenn die Transaktion letztlich objektiv fehlerhaft ist. Vernachlässigt der Zahlungsdienstleister des Zahlers hingegen die erforderliche Sorgfalt (§ 35 Abs 4 Z 2), so trifft ihn die schadenersatzrechtliche Haftung.

Seit dem 1. 2. 2014 kommt der - weiterhin abgefragte - Empfängername als Kundenidentifikator nicht mehr in Betracht. Durch die Abfrage des Empfängernamens anlässlich der Überweisung wird nicht dessen Eigenschaft als Kundenidentifikator begründet.

OGH 23. 10. 2014, 2 Ob 224/13z

Sachverhalt:

Die kl P erteilte am 8. 7. 2010 per Telebanking den Zahlungsauftrag iHv 17.020,78 € an den Zahlungsdienstleister des Zahlers, wobei sie den Empfängernamen und eine existierende, jedoch tatsächlich nicht dem Empfänger zugeordnete Kontonummer samt Bankleitzahl der bekl P (Zahlungsdienstleister des Empfängers) angab. Die Identität des Kontoinhabers wird von der bekl P unter Berufung auf das Bankgeheimnis nicht preisgegeben.

Die kl P begehrte mit ihrer Klage von der bekl P - unter Anrechnung von einem Drittel Mitverschulden - Zahlung von 11.347,17 € sA.

Die Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos.

Entscheidung:

Alte Rechtslage

Vor Inkrafttreten des ZaDiG war nach oberstgerichtlicher Rsp die Empfängerbank zur Überprüfung der Übereinstimmung von Kontowortlaut (Empfängername) und Kontonummer auf ihre Übereinstimmung verpflichtet (Konkordanzprüfung). Unterließ die Empfängerbank die gebotene Überprüfung, begründete dies eine Sorgfaltswidrigkeit, die im Schadensfall zu ihrer Haftung führen konnte.

Neue Rechtslage

Nach der neuen Rechtslage (Inkrafttreten des die RL 2007/64/EG umsetzenden ZaDiG mit 1. 11. 2009) hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers einen Zahlungsauftrag ausschließlich auf Basis der Kundenidentifikatoren durchzuführen und darf weitergehende Angaben ignorieren.

Mit der VO (EU) 260/2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften (SEPA-VO) wurde mit dem Stichtag 1. 2. 2014 auch für nationale Überweisungen die Verwendung der IBAN als alleiniger Kundenidentifikator bestimmt. Am 9. 1. 2014 entschied die EU-Kommission, die Übergangsfrist bis 1. 8. 2014 zu verlängern (vgl SWK 3/2014, 82; Jacquelin/Fritsch, SEPA fängt jetzt richtig an, NetV 2014, 8). Damit wurde zwar der Stichtag nicht geändert; Banken und Zahlungsinstitute konnten aber mit ihren Kunden vereinbaren, dass nicht der SEPA-Norm entsprechende Zahlungen weiterhin bearbeitet werden können (vgl SWK 3/2014, 82). Seither ist die herkömmliche Kontonummer endgültig durch die IBAN abgelöst. Auch der - weiterhin abgefragte - Empfängername kommt als Kundenidentifikator nicht mehr in Betracht.

Kohärenzprüfung

Hinsichtlich der Kohärenzprüfung ist laut dem OGH Folgendes zu unterscheiden:

-Ist - wie bei Inlandsüberweisungen nunmehr ausschließlich - die IBAN maßgeblicher Kundenidentifikator, erfolgt die Kohärenzprüfung anhand der darin enthaltenen zweistelligen Prüfziffer, womit der gesetzlich geforderten Plausibilitätskontrolle entsprochen wird (1 Ob 244/11f, LN Rechtsnews 13795 vom 26. 9. 2012 = RdW 2012/763).
-Wurde die herkömmliche Kontonummer allein (also ohne Kontowortlaut) als Kundenidentifikator vereinbart, wird in der Lehre die Möglichkeit einer solchen Plausibilitätskontrolle durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers zumindest in Frage gestellt, weil eine allenfalls vom kontoführenden Zahlungsdienstleister (Empfängerbank) eingerichtete Prüflogik beim Kontonummernaufbau anderen Zahlungsdienstleistern nicht bekannt ist (Koch in ÖBA 2013, 561; Harrich, ZaDiG - Zivilrechtliche Aspekte des Zahlungsdienstegesetzes [2011] 154; Haghofer in Weilinger, ZaDiG [2012] § 35 Rz 43; offen lassend 1 Ob 244/11m).
-Nur wenn Kontonummer und Kontowortlaut (Empfängername) als Kundenidentifikatoren vereinbart wurden, war bis zum 1. 8. 2014 weiterhin eine - gem § 35 Abs 4 Z 2 ZaDiG allerdings den Zahlungsdienstleister des Zahlers treffende - Pflicht zum Abgleich von Kontonummer und Kontowortlaut auf ihre Übereinstimmung zwar grundsätzlich denkbar (idS 1 Ob 244/11f; Harrich aaO 156 und 159). Eine solche Prüfung wäre dem Zahlungsdienstleister des Zahlers allerdings faktisch gar nicht möglich, weil er nicht über die erforderlichen Kontodaten verfügt (Harrich aaO 156 und 159).
-Wurde (und wird) hingegen der Empfängername vom Zahlungsdienstnutzer nur als „weitergehende Angabe“ (Art 74 Abs 3 ZaDi-RL) beigefügt, ohne auch als Kundenidentifikator vereinbart worden zu sein, traf den Zahlungsdienstleister des Zahlers keine Abgleichungspflicht (1 Ob 244/11f mwN; Harrich aaO 156 f).

Keine Vereinbarung des Empfängernamens als Identifikator

Die kl P stützte ihren Ersatzanspruch erkennbar nicht auf die Haftungsbestimmung des § 46 ZaDiG - der (so der OGH) auch keine taugliche Anspruchsgrundlage böte -, sondern auf allgemeines Schadenersatzrecht (diese Möglichkeit bejahend Haghofer aaO § 46 Rz 34).

Es stellte sich im vorliegenden Fall zunächst die Frage, welche Kundenidentifikatoren zwischen der kl P und „ihrer“ kontoführenden Bank, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers, im Rahmenvertrag vereinbart waren. Entgegen der Auffassung der kl P wird nämlich durch die Abfrage des Empfängernamens anlässlich der Überweisung dessen Eigenschaft als Kundenidentifikator nicht begründet, so der OGH.

Die bekl P verwies dazu auf die AGB des Zahlungsdienstleisters des Kl, Fassung 2009, wonach nur die (inländische) Kontonummer und Bankleitzahl maßgeblicher Kundenidentifikator sein sollten.

Diese Klauseln (Z 39 Abs 1 und 5) entsprechen wörtlich den Klauseln, die in einem Verbandsprozess als (im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern) gegen § 864a ABGB verstoßend beurteilt wurden (1 Ob 244/11f, LN Rechtsnews 13795 vom 26. 9. 2012 = RdW 2012/763).

Die kl P bestritt, dass diese AGB zwischen ihr und ihrer Bank Vertragsinhalt geworden wären, behauptete aber auch nicht, dass mit ihr im Rahmenvertrag der Kontowortlaut (Empfängername) als Kundenidentifikator vereinbart worden ist. Auch eine diesbezügliche Feststellung liegt nicht vor.

Ob nach dem Inkrafttreten des ZaDiG eine Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters des Empfängers zur Konkordanzprüfung iSd früheren Rsp im Wege eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter überhaupt noch begründet werden konnte, musste hier daher nicht weiter untersucht werden, weil die Vereinbarung des Empfängernamens als Kundenidentifikator weder behauptet noch festgestellt wurde.

War demnach die - wenngleich bei Erteilung des Zahlungsauftrags vom Kunden verlangte - Beifügung des Empfängernamens nur eine „weitergehende Angabe“, waren die beteiligten Zahlungsdienstleister zum Abgleich nicht verpflichtet, so der 2. Senat. Bereits in der Entscheidung 1 Ob 244/11f sei insoweit klargestellt worden, dass die bisherige Rsp nicht mehr aufrecht erhalten werden könne (idS auch Graf in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 879 Rz 243; Riedler in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV § 864a Rz 49 FN 316).

Unzulässige AGB

Aus dem Umstand, dass der OGH im Verbandsprozess 1 Ob 244/11f die auf die Vereinbarung nur der (inländischen) Kontonummer und der Bankleitzahl als maßgeblichen Kundenidentifikator abzielenden Klauseln in den Banken-AGB (Z 39 Abs 1 und 5) wegen Verstoßes gegen § 864a ABGB für unwirksam erklärt hat (LN Rechtsnews 13795 vom 26. 9. 2012 = RdW 2012/763), sei - so der OGH - eine Pflicht des Zahlungsdienstleisters des Empfängers zur Überprüfung von Empfängernamen und Kontonummer ebenfalls nicht ableitbar:

„Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen die auch für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern geltende (vgl RIS-Justiz RS0014612 [T2]) Vorschrift des § 864a ABGB, gilt der Vertrag ohne sie (RIS-Justiz RS0014659). Wäre daher im vorliegenden Fall [...] doch von einer Vereinbarung der AGB der E***** [= Zahlungsdienstleister der kl P] auszugehen, hätte dies in Ermangelung eines besonderen Hinweises (§ 864a letzter Halbsatz ABGB) oder zusätzlicher individueller Abreden - beides wurde nicht behauptet - zur Folge, dass überhaupt kein Kundenidentifikator vereinbart worden ist. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers hätte seine Pflicht nach § 35 Abs 4 Z 1 ZaDiG verletzt, wonach er dem Zahlungsdienstnutzer die für die ordnungsgemäße Ausführung eines Zahlungsauftrags erforderlichen Angaben unmissverständlich anzugeben hat. In diesem Fall würde der Zahlungsauftrag gem § 35 Abs 5 ZaDiG als nicht korrekt ausgeführt gelten, was zur Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers nach § 46 Abs 1 ZaDiG führen kann. Worauf sich (auch) eine Haftung des Zahlungsdienstleisters des Empfängers gegenüber der kl P stützen könnte, ist indes nicht ersichtlich und wird auch in der Revision nicht dargetan.

Zu denselben Rechtsfolgen käme es im Übrigen auch dann, wenn zwischen der kl P und „ihrem“ Zahlungsdienstleister mangels Einbeziehung der AGB in das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis oder einer individuellen Abrede von vornherein keine Kundenidentifikatoren vereinbart worden wären.“

Ergebnis im vorliegenden Fall

Der OGH kam hier zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:

Die bekl P (Zahlungsdienstleister des Empfängers) war bei den vom Prozessvorbringen der kl P gedeckten Sachverhaltsvarianten entgegen der früheren Rechtslage zum Abgleich des Empfängernamens und der Kontonummer nicht verpflichtet. Sie haftet daher auch nicht für den Schaden der kl P infolge der Gutschrift des überwiesenen Betrags auf dem angegebenen, tatsächlich existierenden, nicht aber dem Empfänger zugeordneten Konto. Das Risiko einer solchen „Fehlüberweisung“ trägt der Überweisende, sofern ihm nicht der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach § 46 ZaDiG haftet (was hier nicht zu prüfen war).

Ansonsten bleiben ihm nur Bereicherungsansprüche gegen den tatsächlichen Empfänger. Die Berechtigung (und Verpflichtung) der bekl P, die Auskunft über den Kontoinhaber unter Berufung auf das Bankgeheimnis zu verweigern, wurde von der kl P allerdings nicht in Frage gestellt (zu dieser Problematik vgl Einsele in FS Reuter [2010], Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung wegen falscher Kontoangabe, 67 ff).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 18596 vom 15.12.2014