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Bargeldbehebung mit abgenötigter Bankomatkarte – Einbruchsdiebstahl

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

StGB: § 127, § 129

Unter dem Aspekt der Verwendung zur Geldbehebung bei Bankomaten sind Bankomatkarten Gegenstände, die bestimmungsgemäß zum Öffnen oder Schließen eines Schlosses durch Auslösen des Schließmechanismus dienen; sie sind somit „Schlüssel“ iSd § 129 Abs 1 Z 1 StGB. Eine – wie hier – abgenötigte Bankomatkarte ist daher im gegebenen Zusammenhang als „widerrechtlich erlangter Schlüssel“ nach § 129 Abs 1 Z 1 StGB zu beurteilen.

Eine „Sperrvorrichtung“ iSd § 129 Abs 1 Z 3 StGB dient der Sicherung von Sachen gegen Wegnahme und setzt solcherart das Vorhandensein eines (wirksamen) Sperrmechanismus voraus. Demzufolge ist auch der Ausgabemechanismus eines Bankomaten eine Sperrvorrichtung iSd § 129 Abs 1 Z 3 StGB. Eine solche Vorrichtung wird geöffnet, wenn die Sicherung durch Betätigung des Sperrmechanismus überwunden wird, soweit hier von Interesse also beispielsweise durch die Überwindung der elektronischen Sperre eines Bankomaten unter Einsatz der Bankomatkarte.

Daher erfüllen die (hier versuchten) Bankomatbehebungen von Bargeld unter Einsatz einer abgenötigten Bankomatkarte den Tatbestand des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 3 StGB.

OGH 29. 5. 2019, 13 Os 18/19z

Entscheidung

Die Qualifikationstatbestände des § 129 Abs 1 StGB beziehen sich – stark verkürzt und soweit hier relevant – auf das Aufbrechen oder Öffnen eines „Behältnisses“ (Z 2) oder einer „Sperrvorrichtung“ (Z 3) jeweils mit einem der in Z 1 genannten Mittel (hier also abgenötigte Bankomatkarte als „widerrechtlich erlangter Schlüssel“ iSd § 129 Abs 1 Z 1 StGB).

Zur Klarstellung hält der OGH fest, dass seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl I 2015/112, die Auffassung überholt ist, wonach zwischen den Qualifikationstatbeständen der Z 2 und der Z 3 des § 129 StGB aF Exklusivität besteht und Sperrvorrichtungen, die mit einem Behältnis verbunden sind (wie hier einem Bankomaten; vgl RIS-Justiz RS0094066), niemals unter § 129 Z 3 StGB aF zu subsumieren seien. Diese Ansicht wurde daraus abgeleitet, dass § 129 Z 3 StGB aF lautete „indem er sonst eine Sperrvorrichtung aufbricht“. Das Wort „sonst“ ist jedoch mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 entfallen.

Nicht von Bedeutung ist im gegebenen Zusammenhang die Rsp, wonach im Regelungsbereich des § 129 Abs 1 Z 2 StGB das Betätigen eines Ausgabemechanismus nicht als „Öffnen“ des durch diesen gesicherten Behältnisses zu beurteilen ist (11 Os 114/85, SSt 56/85; 15 Os 154/93, EvBl 1994/132). Diese Rsp stellt nämlich lediglich klar, dass diese Gesetzesstelle – anders als das Öffnen einer Sperrvorrichtung gem § 129 Abs 1 Z 3 StGB – ein „Zugänglichmachen des Inneren des Behältnisses“ verlangt (vgl RIS-Justiz RS0088977, RS0094022, RS0094030 [T6]; Stricker in WK2 StGB § 129 Rz 85 mwN).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 27587 vom 10.07.2019