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Nach § 107a Abs 1 und 2 Z 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe zu bestrafen, wer eine Person widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er in einer Weise, die geeignet ist, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, eine längere Zeit hindurch fortgesetzt ihre räumliche Nähe aufsucht.
Da es sich bei den Tathandlungen auch um an sich sozialadäquate Verhaltensweisen handeln kann, stellt der Begriff „widerrechtlich“ - wie beim Tatbestand der Freiheitsentziehung nach § 99 StGB - einen Hinweis auf häufiger als sonst in Betracht zu ziehende Rechtfertigungsgründe dar, ohne ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal zu begründen (vgl ErläutRV 1316 BlgNR 22. GP 4).
Unter „Aufsuchen der räumlichen Nähe“ wiederum ist jede vom Willen des Täters getragene unmittelbare physische und für das Opfer wahrnehmbare Kontaktaufnahme mit diesem zu verstehen (insbesondere durch Auflauern, Vor-dem-Haus-Stehen und sonstige häufige Anwesenheit etwa in der Nähe seiner Wohn- oder Arbeitsstätte; vgl ErläutRV 1316 BlgNR 22. GP 5). Ob sich der Täter an der Tatörtlichkeit rechtens oder gesetzwidrig aufhält, ist für die Verwirklichung des Tatbestands nicht maßgeblich.
Demnach steht der Umstand, dass sich jemand bei der physischen Kontaktaufnahme auf seiner eigenen Liegenschaft befindet, dem Tatbildmerkmal des widerrechtlichen Aufsuchens der räumlichen Nähe einer Person a priori nicht entgegen, stellt er doch für sich betrachtet keinen Rechtfertigungsgrund dar.
OGH 20. 1. 2015, 14 Os 139/14v
Entscheidung
Dem Verfahren lag eine Sachverhaltsdarstellung der Familie P***** zugrunde, wonach S***** diese „seit Monaten bzw […] Jahren“ beharrlich verfolge, indem er, sobald er die Familienmitglieder (insbesondere die vier minderjährigen Kinder vorzugsweise beim Besteigen oder Verlassen des Schulbusses) wahrnimmt, „vor seinen Hof tritt und mit lauter Stimme die Vorwürfe in [deren] Richtung […] ruft“ [nämlich seine Ansicht, nicht der Ehegatte von Fr. P*****, sondern dessen Bruder sei der leibliche Vater der Kinder].
Das LG wies den von Fr. P***** gestellten Antrag auf Fortführung des - von der Staatsanwaltschaft gem § 190 Z 2 StPO eingestellten - Ermittlungsverfahrens (ua) mit der Begründung ab, dass der Beschuldigte - solange er sich auf seiner Liegenschaft bewege - sein Eigentumsrecht ausübe, „sodass seine Bewegungen nicht - wie von § 107a StGB verlangt - widerrechtlich“ seien. Das störende Verhalten liege „im Schreien des Beschuldigten (und nicht in dessen Bewegungen auf seinem Grundstück)“ und sei daher nicht tatbildlich iSd § 107a StGB.
Über Nichtigkeitsbeschwerde der Generalprokuratur stellte der OGH eine Verletzung des § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB durch die Rechtsansicht des LG fest, beließ es allerdings bei dieser Feststellung, weil die aufgezeigte Gesetzesverletzung dem (vormals) Beschuldigten nicht zum Nachteil gereichte.