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Betriebsanlagenänderung: Emissionen – Feststellungsinteresse der Nachbarn

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 81, § 358

Das Feststellungsverfahren nach § 358 Abs 1 GewO 1994 (Feststellung, ob die Errichtung und der Betrieb der Anlage einer Genehmigung bedürfen) ist auch für die Beurteilung der Frage anwendbar, ob die Änderung einer Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 genehmigungspflichtig ist. § 358 Abs 1 GewO 1994 sieht ein Tätigwerden der Behörde allerdings ausdrücklich nurauf Antrag des Inhabers der Anlage“ vor. Der VwGH hat dazu bereits festgehalten, dass die Einleitung eines derartigen Feststellungsverfahrens nicht von Amts wegen und nicht über Antrag eines Nachbarn erfolgen kann. Für eine analoge Anwendung des § 358 Abs 1 GewO 1994 für Nachbarn besteht daher kein Raum. Die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags ist vielmehr nach dieser lex specialis zu beurteilen, die eine abschließende Regelung über die insoweit antragslegitimierten Personen enthält. Den Kreis der Antragsberechtigten zu erweitern, würde der ausdrücklichen Anordnung dieser gesetzlichen Bestimmung widersprechen.

Auch wenn mit der GewO-Novelle 2017 (BGBl I 2017/96, Rechtsnews 23894) zwecks Vereinfachung und Beschleunigung der Betriebanlagengenehmigungsverfahren eingeführt wurde, dass der Behörde (ua) Änderungen nicht mehr vorab angezeigt werden müssen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen (§ 81 Abs 2 Z 9 iVm Abs 3 GewO 1994), besteht kein Feststellungsinteresse des Nachbarn bezüglich der Emissionsneutralität einer Betriebsanlagenänderung iSd § 81 Abs 2 Z 9 GewO 1994.

VwGH 15. 7. 2021, Ro 2019/04/0008

Entscheidung

Damit in Einklang steht auch die Rsp zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem MinroG.

Die revisionswerbenden Nachbarn stützen sich hier ua darauf, dass durch den Entfall der Anzeigepflicht des Anlageninhabers (ua bei emissionsneutralen Änderungen der Betriebsanlage) im Zuge der GewO-Novelle 2017 (BGBl I 2017/96, Rechtsnews 23894) nun den Nachbarn ein wirksames Instrument fehle, weshalb sie ein Feststellungsverfahren benötigten; es wäre untragbar, wenn sie als Folge der GewO-Novelle 2017 weder ein Feststellungsinteresse noch Parteistellung hätten und damit einer untätigen Behörde „schutzlos ausgeliefert“ wären.

Nach Ansicht des VwGH bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Wegfall von bestimmten Anzeigeverfahren den Nachbarn ein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Genehmigungspflicht eingeräumt werden sollte. Insbesondere wurde § 358 Abs 1 GewO 1994, der ein diesbezügliches Antragsrecht ausdrücklich nur dem Anlageninhaber einräumt, aus Anlass der Änderung des § 81 GewO 1994 durch die GewO-Novelle 2017 nicht novelliert.

Der VwGH hat auch bereits ausgesprochen, dass den Nachbarn als Folge der neuen Rechtslage nach der GewO-Novelle 2017 und des Entfalls der Anzeigeverpflichtung betr emissionsneutrale Änderungen in Ermangelung eines Verfahrensgegenstandes, der einem Anzeigeverfahren zu unterziehen ist, insoweit auch keine eingeschränkte Parteistellung mehr zukommt (siehe VwGH 8. 8. 2018, Ra 2017/04/0115). Aus dem Erk VwGH 23. 5. 2017, Ra 2015/05/0028 (= ZfV 2017/48), lässt sich diesbezüglich nichts Gegenteiliges ableiten, weil die dort anerkannte Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides über die Parteistellung in einem bestimmten Verwaltungsverfahren dann keine Rolle spielen kann, wenn es - wie im vorliegenden Fall - kein Verfahren gibt, in dem die Frage einer Parteistellung zu klären wäre.

Keine Anhaltspunkte gibt es auch dafür, dass die Neuregelung des § 81 GewO 1994 durch die GewO-Novelle 2017 nur für zukünftige Änderungen gelten solle, nicht hingegen für bereits erfolgte Änderungen wie hier. Maßgeblich ist – wie im Allgemeinen – die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt; die GewO-Novelle 2017 enthält keine abweichende Übergangsregelung. Auch dass die belangte Behörde nach Auffassung der revisionswerbenden Parteien früher reagieren und das Verfahren nach der alten Rechtslage abschließen hätte müssen, ist nicht maßgeblich.

Den verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionswerber schließt sich der VwGH ebenfalls nicht an:

Die Position der Revisionswerber ist insofern mit derjenigen eines Nachbarn vergleichbar, der eine - seiner Ansicht nach zu Unrecht erfolgte - Errichtung einer Betriebsanlage ohne Genehmigung moniert.

Der (von der GewO-Novelle 2017 verfolgte) Gesichtspunkt der Vereinfachung und Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungsverfahren kann nach der Rsp des VfGH Einschränkungen der Parteirechte rechtfertigen, wenn typischerweise schutzwürdige Nachbarinteressen gar nicht berührt werden (vgl VfGH 3. 3. 2001, G 87/00, ZfV 2001/1876). Diesen Anforderungen entspricht die Regelung des § 81 Abs 2 Z 9 GewO 1994, weil sie nur Änderungen erfasst, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht (und zwar in keiner Weise) nachteilig beeinflussen.

Dem Argument der revisionswerbenden Parteien, dass die gegenständlichen Änderungen ihrer Ansicht nach nicht emissionsneutral seien, hält der VwGH entgegen, dass das (potentielle) Ergebnis eines begehrten Feststellungsverfahrens nicht für die Begründung der Zulässigkeit eines darauf gerichteten Antrags herangezogen werden kann. Ausgehend davon kommt auch den behaupteten Verfahrensfehlern der mangelhaften Sachverhaltsermittlung und der unterbliebenen Beweisaufnahmen betreffend das Emissionsverhalten der Änderungen keine Relevanz zu, weil es darauf für die Frage der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht ankommt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31373 vom 26.08.2021