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Betriebsanlageninhaber nach der GewO 1994

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994 § 79

Eine Auflage gem § 79 Abs 1 GewO 1994 hat sich gem stRsp des VwGH an den Inhaber der Betriebsanlage zu richten und darf nur gegen diesen normativ wirken. Nach der Rsp des VwGH ist „Inhaber“, wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht; solcherart ist ua auch der Bestandnehmer vom Inhaberbegriff eingeschlossen.

Innehabung ist jedoch nicht bloß räumlich-körperlich zu verstehen, sondern als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegenstand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung. Sie kann auch durch abhängige Gehilfen, sog „Besitzdiener“ (Familienangehörige, Hausgehilfen oder sonstige Dienstnehmer), ausgeübt und durch Partner aus solchen Rechtsverhältnissen vermittelt werden, die eine Anerkennung der Oberherrschaft bedeuten (sogenannte „Besitzmittler“; Verwahrer, Entlehner, Mieter, Kunden oder Gäste). Mit der Innehabung der Betriebsanlage wird daher die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens angesprochen.

Die - allenfalls iZm der Ausübung einer Gewerbeberechtigung stehende - Benutzung einzelner Anlagenteile aufgrund eines Vertragsverhältnisses räumt dem Verwendungsberechtigten nicht jedenfalls auch die Verfügungsmacht über die Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit ein. Dies insb auch vor dem Hintergrund, dass Grundlage der behördlichen Prüfung nach § 79 GewO 1994 die gewerbliche Betriebsanlage in ihrem durch bestehende Genehmigungsbescheide umschriebenen Bestand ist.

VwGH 15. 12. 2014, Ra 2014/04/0028 bis 0030

Sachverhalt

Nachdem bereits im Jahr 1979 dem damals antragstellenden Verein eine Betriebsanlagenbewilligung (betr Stallgebäude, Verwaltungs- und Werkstättengebäude) iZm der vom Verein an diesem Standort ausgeübten Konzession „Gast- und Schankgewerbe“ und seinem Vorhaben zur Ausübung des Gewerbes „Trainieren und Warten von (Trab-)Rennpferden“ erteilt worden war, liegt dem nunmehrigen Verfahren ein Bescheid aus dem Jahr 2013 zugrunde, mit dem für diese Betriebsanlage zusätzliche Auflagen - ua betr die Sanierung von Senkgruben - vorgeschrieben wurden. Dieser Bescheid erging an den Verein und an die drei namentlich angeführten Revisionswerber.

Das Verwaltungsgericht behob den bekämpften Bescheid nur hinsichtlich des Vereins und bestätigte ihn ansonsten: Die gegenständliche Liegenschaft sei vom Eigentümer auf Dauer an den Verein vermietet; dieser wiederum vermiete Stallungen und Betriebsgebäude an verschiedene Trainer und Rennställe. Der Verein selbst übe an dem Standort lediglich das Gastgewerbe aus. Die vorgeschriebenen Auflagen stünden nun aber nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des Gastgewerbes, sondern mit der Ausübung des Pferdetrainergewerbes. Die Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 könne sich nur an den Inhaber der Betriebsanlage richten und der Inhaber müsse die Betriebsanlage auch tatsächlich betreiben. Da die Revisionswerber auf der Liegenschaft das Pferdetrainergewerbe ausübten, würden ihnen die Auflagen zu Recht vorgeschrieben.

In der Revision brachten die Revisionswerber im Wesentlichen vor, sie hätten in der Betriebsanlage (Pferdestallungen) nur Pferdeboxen gemietet, die hauptsächlich nur an Renntagen genutzt würden und überdies insgesamt weniger als 10 % der insgesamt vorhandenen Boxen ausmachten. Im Innenverhältnis sei der Verein für die Instandhaltung der Boxen und Wartung der Stallungen zuständig.

Entscheidung

Der VwGH gab der Revision Folge und hob das angefochtene Erkenntnis, soweit es die drei Revisionswerber betrifft, wegen eines (sekundären) Feststellungsmangels auf:

Nach Ansicht des VwGH hat das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt, indem es hinsichtlich der Qualifikation der Revisionswerber als Inhaber der Betriebsanlage lediglich darauf abgestellt hat, dass diese auf der Betriebsliegenschaft jeweils das Gewerbe „Trabertrainer“ bzw „Trainer von Reit- und Rennpferden“ ausüben. Diese Feststellungen mögen ein Indiz für die jeweilige Inhaberschaft betreffend die Betriebsanlage darstellen, erlauben jedoch per se keine abschließende Beurteilung der Frage, ob den Revisionswerbern tatsächlich eine faktische Verfügungsmacht über die Betriebsanlage zukommt, so der VwGH. Die - allenfalls iZm der Ausübung einer Gewerbeberechtigung stehende - Benutzung einzelner Anlagenteile aufgrund eines Vertragsverhältnisses räume dem Verwendungsberechtigten nicht jedenfalls auch die Verfügungsmacht über die Betriebsanlage in ihrer Gesamtheit ein. Dies insb auch vor dem Hintergrund, dass Grundlage der behördlichen Prüfung nach § 79 GewO 1994 die gewerbliche Betriebsanlage in ihrem durch bestehende Genehmigungsbescheide umschriebenen Bestand ist (vgl VwGH 11. 11. 1998, 98/04/0137).

Abgesehen davon, dass die Feststellungen hier keinen Aufschluss darüber geben, in welcher Form und in welchem Ausmaß die Betriebsanlage von den Revisionswerbern genutzt wird, wies der VwGH darauf hin, dass die Möglichkeit zur Bestimmung des faktischen Geschehens betreffend die Betriebsanlage durch das Vertragsverhältnis der Revisionswerber zu dem Mieter der Liegenschaft - das ist unbestritten der Verein - bestimmt wird.

Für die Klärung der Rechtsfrage, ob die Revisionswerber als Inhaber der gegenständlichen Betriebsanlage anzusehen sind und damit als Adressaten der Auflagen in Frage kommen, erwiesen sich somit weitere Feststellungen als erforderlich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 19752 vom 29.06.2015