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Betriebsanlagenverfahren – Vertretungsbefugnis von Unternehmensberatern

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

GewO 1994: § 136

Gemäß § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 sind Unternehmensberater (einschließlich Unternehmensorganisatoren) im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zur berufsmäßigen Vertretung des Auftraggebers gegenüber Dritten, wie insb Kunden und Lieferanten, sowie vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts berechtigt. Berufsmäßig vertretungsbefugt für ihre Auftraggeber sind sie allerdings nur betreffend die zweckentsprechende Erfüllung der Aufträge, die ihnen im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung erteilt wurden; eine berufsmäßige Vertretungsbefugnis außerhalb solcher Aufträge kommt ihnen nicht zu. Wesentlich für das Ausmaß der Vertretungsbefugnis ist daher der Umfang der Gewerbeberechtigung von Unternehmensberatern (einschließlich Unternehmensorganisatoren), der nach § 29 GewO 1994 zu bestimmen ist.

Der in § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 verwendete Begriff „Behörden“ umfasst - im Gegensatz zum Begriff „Verwaltungsbehörden“ - die Organe der Vollziehung (Verwaltung und Gerichtsbarkeit), somit auch Gerichte.

Insofern ein enger Zusammenhang zwischen einem Verwaltungsstrafverfahren und einer Beratungstätigkeit im Rahmen der Gewerbeberechtigung besteht, ist eine Vertretungsbefugnis im Verwaltungsstrafverfahren für eine zweckentsprechende Gewerbeausübung erforderlich und der Unternehmensberater daher berechtigt den Auftraggeber in diesem Verwaltungsstrafverfahren zu vertreten. Die Berechtigung zur berufsmäßigen Vertretungsbefugnis iSd § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 bezieht sich auch auf gerichtliche Verfahren, insb verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht.

Unternehmensberater sind gem § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1991 im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung auch zur berufsmäßigen Vertretung des Auftragsgebers in gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahren berechtigt. Umfasst der im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung erteilte Auftrag ua auch die Beratung bei der Errichtung bzw beim Betrieb einer gewerberechtlichen Betriebsanlage des Auftraggebers, ist er zu dessen berufsmäßigen Vertretung auch in einem Verwaltungsstrafverfahren iZm der Betriebsanlage berechtigt, weil sich die Berechtigung zur berufsmäßigen Vertretungsbefugnis iSd § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 eben auch auf gerichtliche Verfahren bezieht, insb verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht.

VwGH 20. 7. 2020, Ra 2020/04/0039

Entscheidung

Vertretungsbefugnis

Gemäß § 136 Abs 3 GewO 1994 in der hier maßgeblichen geltenden Fassung BGBl I 2017/94 sind Unternehmensberater (einschließlich Unternehmensorganisatoren) im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung insb auch berechtigt zur Beratung in Angelegenheiten der Unternehmensgründung, Unternehmensschließung und der Betriebsübergabe (Z 1); Sanierungs- und Insolvenzberatung (Z 2) sowie zur berufsmäßigen Vertretung des Auftraggebers gegenüber Dritten, wie insb Kunden und Lieferanten, sowie vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts (Z 3).

§ 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 idgF berechtigt Unternehmensberater nunmehr ausdrücklich zur „berufsmäßigen Vertretung“, weshalb entgegen der bisherigen Rsp zur alten Rechtslage nicht mehr von einer berufstypischen Beschränkung auf ein „Tätigwerden im Innenverhältnis“ auszugehen ist, sondern sich die Auftraggeber auch der Unternehmensberater als bevollmächtigte Vertreter zur Umsetzung der von ihnen erarbeiteten Konzepte und Problemlösungen bedienen können.

Das Vertretungsrecht von Unternehmensberatern besteht jedoch auch nach der nunmehrigen Rechtslage weiterhin nur „im Rahmen der Gewerbeberechtigung“, also soweit es für die Durchführung der Beratung erforderlich ist. § 136 Abs 3 GewO 1994 räumt den Unternehmensberatern nach wie vor keine allgemeine Vertretungsbefugnis ein (vgl Potacs, Zur Vertretungsbefugnis von Unternehmensberatern gem § 136 Abs 3 Z 3 GewO, ÖZW 2018, 77). Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung ist vielmehr gem § 8 Abs 1 und 2 RAO den Rechtsanwälten vorbehalten.

Nach dem AB zur nunmehrigen Rechtslage werden in § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 die „für eine zweckentsprechende Gewerbeausübung erforderlichen Vertretungsrechte der Unternehmensberater ... ausdrücklich normiert“. Die Vertretungsbefugnis von Unternehmensberatern reicht somit soweit, als dies für die Ausübung der ihnen eingeräumten Befugnisse „zweckentsprechend“ erscheint.

Vertretung vor (Verwaltungs-)Gerichten

Der im Leitsatz erwähnte enge Zusammenhang zwischen einem Verwaltungsstrafverfahren und einer Beratungstätigkeit im Rahmen der Gewerbeberechtigung besteht etwa hinsichtlich der Verwaltungsübertretung des Betriebs einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung und den Beratungstätigkeiten betreffend die Errichtung und den Betrieb dieser Betriebsanlage.

Nicht nur umfasst der weite Begriff „Behörden“ in § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 die Organe der Vollziehung (Verwaltung und Gerichtsbarkeit), somit auch Gerichte (vgl auch VwGH 23. 1. 2018, Ra 2017/05/0090, Rn 42, mwN, Rechtsnews 25109 = RdW 2018/164). Überdies berechtigt § 136 Abs 3 Z 2 GewO 1994 Unternehmensberater zur Sanierungs- und Insolvenzberatung, wozu ua die Beratung in Insolvenz-, Umschuldungs-, Schuldenregulierungs- und Unternehmensreorganisationsverfahren zählt (AB 1752 BlgNR 25. GP, S 7). Eine Einschränkung des Begriffs „Behörden“ auf Verwaltungsbehörden würde demgegenüber bedeuten, dass gerade bei der Ausübung von zulässigen Beratungstätigkeiten in diesen gerichtlichen Verfahren keine Vertretungsbefugnis bestünde, obwohl diese für die zweckentsprechende Gewerbeausübung hier erforderlich ist.

Eine Grenze dieser Vertretungsbefugnis bildet aufgrund teleologisch-systematischer Interpretation von § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 sowohl der absolute als auch der relative Anwaltszwang. Die Berechtigung zur berufsmäßigen Vertretungsbefugnis iSd § 136 Abs 3 Z 3 GewO 1994 bezieht sich daher auch auf gerichtliche Verfahren, insb verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29725 vom 30.09.2020