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BFA: Keine schuldhafte Verletzung der Entscheidungspflicht

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AVG § 73

VwGVG § 8

Ungeachtet der personellen Maßnahmen zur Verfahrensbewältigung, die der Bund bereits getroffen bzw weiterhin zu treffen hat, stellt die extrem hohe Zahl an Verfahren für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) unzweifelhaft eine extreme Belastungssituation dar, die sich in ihrer Exzeptionalität von sonst allenfalls bei (anderen) Behörden auftretenden, herkömmlichen Überlastungszuständen ihrem Wesen nach, und sohin grundlegend, unterscheidet.

Für den VwGH ist es notorisch, dass sich in einer derartigen Situation die Einhaltung von gesetzlichen Erledigungsfristen in bestimmten Fällen als schwierig erweisen kann; die Verpflichtung des BFA, durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung zu ermöglichen, muss in einer solchen Ausnahmesituation zwangsläufig an Grenzen stoßen.

Diese außergewöhnliche Belastungssituation kann daher bei der Beurteilung der Frage ins Kalkül gezogen werden, ob das BFA ein überwiegendes Verschulden an der Verletzung der sechsmonatigen Entscheidungsfrist trifft. Diese Frage unterliegt aber der Einzelfallbeurteilung durch das Verwaltungsgericht und der VwGH ist nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern (stRsp seit VwGH 23. 9. 2014, Ro 2014/01/0033).

VwGH 24. 5. 2016, Ro 2016/01/0001 bis 0004

Entscheidung

Im konkreten Fall hatte eine afghanische Familie im Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Nachdem das BFA in weiterer Folge nicht über die Anträge entschieden hatte, erhoben die Familienmitglieder im Oktober 2015 Säumnisbeschwerden an das Bundesverwaltungsgericht. Im Hinblick auf die erhebliche Mehrbelastung des BFA wies das BVwG die Beschwerden ab. Dies hält der VwGH für nicht rechtswidrig und wies die Revision als unbegründet ab.

In seiner Begründung weist der VwGH ua explizit darauf hin, dass nach den Gesetzesmaterialien zur Novelle BGBl I 2016/24 (AB 1097 BlgNR 25. GP, S 7 f) auch der Gesetzgeber davon ausgeht, dass infolge des starken Zustroms Schutzsuchender im Jahr 2015 „eine Entscheidung innerhalb von 6 Monaten nicht gewährleistet werden kann“, weshalb er ab 1. 6. 2016 (für zwei Jahre) die Verlängerung der Entscheidungsfrist (auf 15 Monate) für geboten erachtete; die Verpflichtung der Behörden, entsprechend ihren Möglichkeiten ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, werde dadurch aber nicht berührt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 21845 vom 22.06.2016