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Bindung an elektronisch übermittelte einstweilige Verfügung ab Einlangen

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

EO: § 64, § 381

GOG: § 89d Abs 2

Eine einstweilige Verfügung ist zumindest ab jenem Zeitpunkt vollstreckbar und muss vom Gegner befolgt werden, in dem diesem eine schriftliche Ausfertigung zugestellt worden ist.

Zwar setzt § 89d Abs 2 GOG den Zustellzeitpunkt bei elektronisch übermittelten gerichtlichen Erledigungen nicht mit dem Einlangen im elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers, sondern erst mit dem folgenden Werktag (ohne Samstag) an. Eine elektronisch übermittelte einstweilige Verfügung ist vom Gegner jedoch bereits ab jenem Zeitpunkt zu befolgen, in dem sie in seinem elektronischen Verfügungsbereich eingelangt ist und er vom Inhalt Kenntnis erlangt hat.

OGH 29. 8. 2019, 3 Ob 135/19b

Anmerkung

Die einstweilige Verfügung mit einer Unterlassungspflicht wurde dem Rechtsanwalt des Gegners der gefährdeten Partei über den ERV zugestellt. Die Verfügung langte an einem Freitag im elektronischen Verfügungsbereich des Anwalts ein. Zustellzeitpunkt ist daher gem § 89d Abs 2 GOG erst der folgende Montag. Im vorliegenden Exekutionsverfahren war strittig, ob eine Handlung, die nach Einlangen und Abruf am Freitag gesetzt worden ist, als Verstoß gegen den Titel qualifiziert werden kann. Der OGH bejahte dies mit der Begründung, dass für die Vollstreckbarkeit in Hinblick auf den Zweck einer einstweiligen Verfügung nicht der für Fristen bedeutsame formale Zustellzeitpunkt, sondern Einlangen und Kenntnis maßgeblich sind (vgl auch 7 Ob 133/17k = Zak 2017/641, 374 zu einem anderen Fall, in dem es nicht auf den Zustellzeitpunkt iSd § 89d Abs 2 GOG ankommt). Der Exekutionsantrag der gefährdeten Partei hatte dennoch keinen Erfolg, weil das Unterlassungsgebot zu allgemein formuliert war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28354 vom 03.12.2019