News

Bindung an elektronisch übermittelte einstweilige Verfügung ab Kenntnis

Bearbeiter: Wolfgang Kolmasch

EO: § 381

GOG: § 89d Abs 2

Eine einstweilige Verfügung, die über den ERV übermittelt worden ist, ist nicht erst ab dem Zustellzeitpunkt iSd § 89d Abs 2 GOG (auf Einlangen folgender Werktag ohne Samstag), sondern bereits ab jenem Zeitpunkt zu befolgen und vollstreckbar, in dem sie abgerufen wurde und der Gegner vom Inhalt Kenntnis erlangt hat. Maßgeblich ist der Kenntnisstand des Gegners selbst (nicht nur seines Rechtsvertreters), zumindest wenn ihm eine bloße Untätigkeit als Titelverstoß vorgeworfen wird (hier: Nichtentfernung eines Inhalts von einer Website).

Wenn die gefährdete Partei einen Exekutionsantrag mit einer Untätigkeit des Gegners begründet, die in den Zeitraum zwischen dem Einlangen der elektronisch übermittelten Verfügung bei seinem Rechtsvertreter und dem Zustellzeitpunkt iSd § 89d Abs 2 GOG fällt, muss sie im Antrag explizit behaupten, dass der Gegner vor Beginn des inkriminierten Verstoßes Kenntnis vom Inhalt des Titels hatte. Im Fall einer Impugnationsklage des Gegners muss diese Behauptung von der gefährdeten Partei bewiesen werden.

OGH 2. 11. 2020, 3 Ob 138/20w

Anmerkung

Auch in 3 Ob 135/19b = Zak 2019/779, 423 ist der OGH von der Vollstreckbarkeit einer elektronisch übermittelten einstweiligen Verfügung ab Kenntnis des Inhalts ausgegangen. In der vorliegenden Entscheidung präzisierte er, dass es auf den Kenntnisstand des Gegners persönlich und nicht nur seines Rechtsvertreters ankommt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30258 vom 18.01.2021